3D-Fingerdesigner,

In dieser Montageanlage für Führungshülsen von Kopfstützen hat Ros erstmals den 3D-Fingerdesigner eGrip eingesetzt. Innerhalb einer halben Stunde waren die Greiferfinger konstruiert und bestellt. (Bild: Schunk)

Wenige Klicks genügen, schon sind die Step- oder STL-Daten hochgeladen, der Finger konstruiert und die Bestellung für die additiv gefertigten Komponenten ausgelöst. Was in der Theorie simpel klingt, ist es auch in der Praxis. Zu diesem Ergebnis kommt Christopher Lamprecht, Fertigungsplaner beim Automobilzulieferer Ros in Coburg. „Wenn man ein bisschen Ahnung von CAD hat, fällt der Umgang mit dem Programm leicht. Es ist im Endeffekt wie ein Lego-Baukasten. Man lädt das Step-Modell hoch, richtet es in X-, Y- und Z-Richtung aus, dreht das Teil so, wie man es greifen möchte und lässt dann automatisch die Finger anpassen“, berichtet Lamprecht.

Polyamidfinger,
Die Polyamidfinger erweisen sich bei Ros als verschleißfest. (Bild: Schunk)

Vergleichbar mit einem Online-Fotodienst, konfiguriert der Bediener die gewünschten Greiferfinger anhand weniger Angaben zu Material, Greifertype, Einbaulage und Fingerlänge. Sind die Eckdaten erfasst, zeigt das Tool Lieferzeit und Preis an. Ändert man den Werkstoff, wird der Preis automatisch aktualisiert, sodass die zur Verfügung stehenden Materialien sehr einfach verglichen werden können. Über ein volumenbasiertes Preismodell gibt Schunk den Kostenvorteil der additiven Fertigung unmittelbar an seine Kunden weiter: Je kleiner das Volumen, desto günstiger die Finger.

Erhebliche Zeitersparnis

Alu-Finger,
Alternativ könnten mit dem Online-Tool auch Alu-Finger geordert werden. (Bild: Schunk)

Ros entwickelt und fertigt in den Werken Coburg und Ummerstadt mit rund 300 Beschäftigten hochpräzise Werkzeuge und Anlagen für die Produktion von Funktions- und Sichtteilen aus Duroplast und Thermoplast. In zwei Montageanlagen für einen bayerischen Automobilhersteller hat das Unternehmen nun erstmals die Potenziale des 3D-Designtools eGrip ausgeschöpft. Innerhalb von zwei Wochen lagen die additiv gefertigten Greiferfinger bei Christopher Lamprecht auf dem Tisch – additiv gefertigt, exakt mit der von ihm vorgegebenen Kontur.

Fast zwanzig verschiedene Baugruppenvarianten werden auf den beiden Vollautomaten produziert. Jeder erzielt einen Output von mehreren Hundert Teilen pro Stunde. Da zahlt es sich aus, wenn die Greiferfinger so universell konstruiert sind, dass keinerlei Umbau erforderlich ist. „Indem wir die Finger additiv fertigen konnten, haben wir immer den gleichen Greifer, mit dem wir alle Varianten abdecken. Ich muss keine Aufnahme wechseln und habe weder Wartungs- noch Umrüstarbeiten. Das ist ein großer Vorteil“, erläutert Lamprecht. Mit minimalem Aufwand habe er den Greiferfinger an die Kontur angepasst. „Unterm Strich hat das Onlinetool viel Arbeit im Vorrichtungsbau gespart.“ Von der Ideenentwicklung über erste Versuche, Fräsarbeiten und Abstimmungen wären ansonsten sicher zwei Tage fällig gewesen, schätzt er. „Mit eGrip hingegen lag der Aufwand bei maximal einer halben Stunde.“ Als die Finger geliefert waren, haben sie auf Anhieb funktioniert: „Man montiert die Backen, teacht seinen Punkt, fährt zu und fertig. Genial.“ Nach Angaben des Anbieters sinkt durch das Online-Tool die Konstruktionszeit um bis zu 97 Prozent. Die Fertigungs- beziehungsweise Lieferzeit verkürzt sich um bis zu 88 Prozent. Zusätzlich verringert sich der Fingerpreis um bis zu 50 Prozent.

Viele Varianten

Bestellvorgang,
CAD-Programm, Online-Shop, additive Fertigung: Das intelligente Webtool eGrip von Schunk enthält drei Funktionen in einer einzigen Anwendung. Innerhalb weniger Minuten hat Christopher Lamprecht die Greiferbacken konstruiert und bestellt. Geliefert wird innerhalb von zwei Wochen. (Bild: Schunk)

Jeweils acht bis zehn unterschiedliche Hülsenvarianten lassen sich heute pro Automat produzieren: Hierfür werden die Führungshülsen auf einer Lineareinheit vereinzelt und hängend angeliefert. Eine Kamera erfasst die Drehlage, übergibt die Werte an den Roboter und dieser greift und platziert die Hülse mithilfe eines vielzahngeführten Schunk-PGN-plus-64-Universalgreifers präzise ausgerichtet auf dem Drehtisch. An den einzelnen Stationen werden anschließend Federn, Tasten und Kappen montiert. Ein zweiter Roboter, der ebenfalls mit einem PGN-plus-Greifer ausgestattet ist, dient dazu, NIO-Teile auszuschleusen. Dabei muss ein sicherer Zugriff gewährleistet sein, unabhängig davon, welche Komponenten zuvor montiert wurden oder eben nicht. Dementsprechend unterscheiden sich die Greiferbacken der beiden eingesetzten Yaskawa-Roboter.

Damit der Werkstoff der Greiferfinger individuell auf die Anwendung abgestimmt werden kann, stehen drei Materialien zur Wahl: Edelstahlfinger mit einer Materialdichte von 8 g/cm3, einer Zugfestigkeit von 700 N/mm2, einem E-Modul von 190 kN/mm2, einer Bruchdehnung von 34 Prozent und einer Toleranz von +/- 0,1 mm (Schichtdicke 30 µm) und +/- 0,2 mm (Schichtdicke 50 µm) eignen sich für anspruchsvolle Anwendungen im Maschinenbau. Finger aus Aluminium (AlSi10Mg) oder aus Polyamid 12 zeigen ihre Stärken vor allem in dynamischen Montageanwendungen. Letztere sind mit einer Dichte von gerade einmal 0,9 g/cm3 extrem leicht, chemisch beständig, lebensmitteltauglich und können auch in Verbindung mit Kühlschmierstoffen und aggressiven Medien zuverlässig eingesetzt werden. Speziell für den Einsatz im pharmazeutischen und medizinischen Bereich bietet Schunk auch Aufsatzbacken aus FDA-zugelassenem Polyamid 12 (PA 2201) an.

Komfortable Bestellung

Der Bestellprozess ist mit allerhand Optionen ausgestattet: Wer die Greiferfinger nicht sofort ordern will, kann das automatisch gespeicherte Angebot anhand der Konfigurationsnummer später wieder aufrufen, weiterbearbeiten oder per E-Mail anfordern. Zudem lässt sich die Außenkontur der generierten Baugruppen, bestehend aus Greifer, Aufsatzbacken und Werkstück, kostenlos als STL-Datei herunterladen. Das Webtool gibt es für die Universalgreifer PGN-plus 40 bis 125 (Polyamid) beziehungsweise PGN-plus 40 bis 80 (Alu und Edelstahl), für die pneumatisch gesteuerten Kleinteilegreifer MPG-plus 20 bis 64 sowie für die elektrisch gesteuerten 24V-Kleinteilegreifer EGP 20 bis 50. jl

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