Fahrzeuginnenraum,

Individuelle Lösung gefragt: Weil das Cockpit des Notarzteinsatzfahrzeugs so beengt war und die Konstruktionsdaten fehlten, ließen sich die Monitor- und Bedienpanelhalterungen nicht per Standardlösung konstruieren. (Bild: Murtfeldt)

Wenn Rettungskräfte auf dem Weg zum nächsten Einsatzort sind, muss die Kommunikation mit der Leitstelle und anderen Einsatzkräften reibungslos funktionieren, sodass jederzeit alle Seiten über aktuelle Entwicklungen informiert sind. Genau diesen Wunsch nach Reibungslosigkeit trägt im Sommer 2017 ein Landkreis an den Dortmunder Spezialisten für Kommunikationstechnik Comtec heran. Jan Schlüter, Prokurist und Projektleiter, erhält die Aufgabe, einen Pkw als Notarzteinsatzfahrzeug mit Funk- und Kommunikationstechnik auszurüsten. „Die hierfür notwendige Technik konnten wir dabei nicht über das vorhandene Bordsystem einbinden, da weder die Funktionalität noch die notwendige Sicherheit gewährleistet werden konnte“, berichtet Jan Schlüter über die damalige Situation.

Kaum Platz und fehlende Daten

Individuelle Lösung im Fahrzeug,
Individuelle Lösung für die Kommunikationstechnologie im Fahzeuginnenraum, (Bild: Murtfeldt)

Erfahrungswerte mit dem aktuell auszustattenden Notarzteinsatzfahrzeug liegen dem Unternehmen trotz jahrzehntelanger Erfahrung, hierzu zählt auch der komplette Einbau der Systeme in Krankentransportwagen und Rettungswagen, nicht vor. Denn der hochwertige Mittelklassewagen stellt wegen der geringen Platzreserven eine Besonderheit dar. Außerdem fehlen die Konstruktionsdaten für die Befestigung der notwendigen Technik, welche einen Touch-Screen-Monitor, Bedienpanel für die Blaulichtanlage sowie eine Funkein- und ausschaltung beinhaltet.

Der Spezialist macht sich deshalb auf die Suche nach einem Partner, der trotz mangelnder Konstruktionsdaten eine Vorrichtung herstellen kann, mit der der Monitor sowie das Bedienpanel einfach, schnell und sicher im Notarzteinsatzfahrzeug befestigt werden sollen. Zielvorgabe ist ein fester und guter Halt, kombiniert mit einer sehr guten Bedienbarkeit, die auch in hektischen Momenten gegeben sein muss. Nach einiger Recherche entsteht der Kontakt zu Murtfeldt Kunststoffe. Das Dortmunder Unternehmen wird schnell als Lösungsanbieter in Betracht gezogen, da es nicht nur als Kunststoffhersteller und –verarbeiter agiert, sondern Hand in Hand mit dem Kunden Lösungen sucht und verwirklicht, die im industriellen Umfeld keineswegs Standard darstellen.

3D-Druck: alles aus einer Hand

Ein weiterer großer Vorteil, der für das Unternehmen spricht: Der Kunststoff-Zerspaner hat schon vor einigen Jahren seine Konstruktion um den 3D-Druck erweitert. Und kann alles aus einer Hand anbieten: das Reserve-Engineering mittels 3D-Scan, die Konstruktion, die Auswahl der Materialien, die Herstellung und so weiter. Diese Vorteile werden in der Zusammenarbeit schnell deutlich. Mangels Konstruktionsdaten setzt Murtfeldt EVA ein, einen 3D-Hand-Scanner aus dem Hause Artec, mit dem sowohl der Monitor, das Bedienpanel wie auch das Cockpit des Pkw nacheinander gescannt werden. Bei diesem sogenannten Reverse-Engineering werden die zur Fertigung notwendigen Eckdaten über den Scan der Umgebung ermittelt. Der Scan-Vorgang liefert ein 3D-Gerüst, vergleichbar mit einem dreidimensionalen Foto, mit dessen Hilfe die Geometrien der einzelnen Objekte im CAD-System nachkonstruiert werden können. Und das in einer Maßgenauigkeit, die keine manuellen (Nach-)Messungen mehr erforderlich macht. Anhand dieser Daten werden dann im nächsten Schritt die vereinzelt betrachteten Elemente Monitorhalter, Bedienpanel Rahmen und Befestigungsflansch zum Pkw-Cockpit konstruiert.

Mit den hochauflösenden Daten und genauen Maßen lassen sich die Passgenauigkeiten der zu verbauenden Elemente exakt bestimmen und vorgeben, sodass ein sicherer Halt der Bedienelemente sowie auch eine robuste Einbringung in das Pkw-Cockpit auch bei ruppigem Einsatz des Notarztwagens gewährleistet bleibt. Nun folgt die eigentliche Herstellung des Halters im 3D-Druck-Verfahren. Ein Verfahren, mit dem sich anspruchsvolle Geometrien des Bauteils schnell, mit geringem Aufwand und in den benötigten Toleranzen herstellen lassen. Erst wird der Halter für den Monitor konstruiert und gebaut, im nächsten Schritt der für das Bedienpanel. Zwischendurch wird der jeweilige Entwicklungsstand in Teilschritten ausgedruckt. „Wir entwickeln, verifizieren und verbessern auf diesem Wege Schritt für Schritt das Bauteil“, erläutert Marco Bianconi, Murtfeldt Business Development Manager, die durchaus aufwendige Vorgehensweise. Auch der Halter für das Bedienpanel wird auf diese Weise hergestellt. Schlussendlich wird die Halterung an die Form des Cockpits angepasst.

Am Ende des Entwicklungszyklus werden alle ermittelten Daten und Kennwerte zusammengefügt und das Bauteil in einem Stück hergestellt. Dabei können auch mechanische Funktionen wie Gelenke und Schnapphaken in das Bauteil direkt integriert werden, die zusätzliche Montage und Komponenten innerhalb der Halterung überflüssig machen, was in anderen Fertigungsverfahren bei Losgröße Eins nicht ohne Weiteres möglich gewesen wäre. Die Resonanz des Endkunden fällt jedenfalls sehr positiv aus. aru

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