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(Bild: Fotolia, Pavel)

Verlaufen Ladung und Entladung einer Lithium (Li)-Ionenzelle nicht unter optimalen Bedingungen, kann das Einfluss auf die Lebensdauer und Kapazität der Zellen sowie deren Betriebssicherheit haben. Zu hohe Stromflüsse führen zu unzulässig hohen inneren Temperaturen, die Oxidationsprozesse auslösen. Beim Überladen dagegen setzt die Kathode Sauerstoff frei, wodurch die Zelle in Brand geraten kann. Diese Gefahr besteht auch, wenn sich der Elektrolyt bei Tiefentladung zersetzt. Die Steuerung einzelner Zellen oder Module aus mehreren Zellen erfolgt durch elektronische Management-Systeme. Entscheidende Zustandsgrößen sind dabei der Ladezustand, Innenwiderstand, die Klemmenspannung und die Innentemperatur. Diese sind aber nicht direkt messbar. In den Ladecontrollerchips der Managementsysteme sind dafür digitale Schaltkreise für mathematische Modelle der Zellen untergebracht, welche diese Größen mit fließender Lade- und Entladeströme und der äußeren Temperatur ermitteln.

Unterschiedlich komplex sind diese Konstrukte. Ein ganz spezieller Typ ermöglicht es sogar, bei der Konstruktion neuer Zellen die Kosten zu senken und die Entwicklungsprozesse zu beschleunigen. Vollständig auf reale Zellen verzichten kann man bei der Erforschung neuer Zelltechniken und Phänomene allerdings nicht.

Mathematische Zuordnung von Werten

Schwammiges Li,
Nach dem ersten Lade-/Entladezyklus lagert sich schwammiges Li an der Anode ab, das diese zerstören kann. (Bild: Granwehr)

Für den am einfachsten erscheinenden Modelltyp ist keinerlei Verständnis für den Aufbau einer Zelle und die darin ablaufenden chemischen und physikalischen Prozesse notwendig. Erforderlich ist es dagegen, an einer realen Zelle für eine sehr große Zahl von Stromstärken und Umgebungstemperaturen die entsprechenden Zustandsgrößen zu ermitteln. Das Zuordnen der Werte erfolgt dann mathematisch, zum Beispiel über neuronale Netze. Ähnlich dem Geflecht von Nervenzellen im Gehirn sind hierbei viele Gleichungen miteinander verknüpft. Während einer Lernphase werden diese und die Verbindungen zwischen ihnen über einen automatisierten Prozess so verändert, dass die richtigen Zuordnungen entstehen. Auf Grund der notwendigen umfangreichen Messungen wird der Ansatz jedoch relativ selten in der Industrie angewendet.

„Als bisheriger Standardansatz für die Simulation von Zellen gelten dagegen Modelle, die auf einem elektrischen Ersatzschaltbild beruhen“, sagt Matthias Puchta, Abteilungsleiter Energiespeicher vom Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES). Die Darstellungen bestehen aus dem Symbol für eine Spannungsquelle, entsprechend der Anode und Kathode der Zelle und dem Zeichen für einen Widerstand, in Analogie zum Innenwiderstand. Diesem sind Parallelschaltungen aus einem Kondensator (C) und einem Widerstand (R), sogenannte RC-Glieder in Serie nachgeschaltet, die mit Diffusionsvorgängen in den Elek-troden und im Elektroltyen korrelieren. Durch unterschiedliche Anzahl der RC-Glieder lässt sich die Genauigkeit der Simulation verbessern.

„Modelle vom Typ Ersatzschaltbild erfordern, wie die neuronalen Netze, keine großen Rechenleistungen und sind kostengünstig zu realisieren. Das auf Symbolen basierende Modell hat allerdings einen entscheidenden Nachteil“, sagt Puchta. Es gilt streng genommen nur für die spezifizierten Betriebspunkte und kann nicht mit hoher Genauigkeit den gesamten Betriebsbereich der Batterie abdecken. Wird es jedoch an solch einem Punkt betrieben, ist diese Art der Nachbildung präzise genug.

Konstruktiver Aufbau

EPR-Spektrum,
Die schwammigen Li-Ablagerungen sind als negatives Signal im EPR-Spektrum (schwarze Linie) zu sehen. (Bild: Granwehr)

Wesentlich genauer ist ein Modelltyp, der auch den konstruktiven Aufbau der Zelle berücksichtigt und neben der Schichtdicke und Porosität der Elektroden, die Beschaffenheit des Elektrolyten und des Separators mit einbezieht. Aber auch physikalische Faktoren wie die temperaturabhängigen Änderungen des Elektrodenvolumens und die Wanderungsgeschwindigkeit der Ladungsträger werden beachtet; ebenso wie chemische Vorgänge im Elektrolyten sowie das reversible Einlagern von Li-Atomen beziehungsweise Li-Ionen und Elektronen in die Elektroden.

„Diese Gegebenheiten und Vorgänge können wir an Hand entsprechender Differentialgleichungen in einer Simulation darstellen, die den vom Batteriehersteller angegebenen Betriebsbereich umfasst“, sagt Puchta. Da es die nicht-linearen Zusammenhänge von Lade- und Entladeströmen, Wärmeentwicklung und Klemmenspannung hinreichend genau wiedergibt, ist es auch für die industrielle Entwicklung von Zellen anwendbar.

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