Jens Knölke, Weiss, Rundschalttische

„Unsere Kunden wussten zu schätzen, dass wir darauf verzichtet haben, das Rad neu zu erfinden und stattdessen ganz pragmatisch ihren Nutzen im Fokus behalten haben.“ Jens Knölke, Weiss. - (Bild: Weiss)

Herr Knölke, Sie haben auf der Motek einen neuen Rundschalttisch vorgestellt. Was genau haben Sie verbessert?

Unsere elektromechanischen Rundschalttische sind in ganz unterschiedlichen Applikationsumgebungen zu finden. Ihr Einsatz ist also sehr vielfältig – genauso wie die Anforderungen, die an die Tische gestellt werden. Doch im Grunde spielen sich diese Anforderungen immer zwischen zwei Polen ab: Der Taktzeit auf der einen Seite und auf der anderen die Frage, welche Massen ich bewegen kann. In beide Richtungen haben wir gezielt geforscht. Mit Erfolg! Die jetzt vorgestellte vierte Generation der TC-Baureihe hat eine höhere Performance hinsichtlich ihrer Taktzeit und ermöglicht gleichzeitig deutlich höhere Massenträgheitsmomente.

Heißt das, weitere Optimierungen in diesen beiden Bereichen sind nach dem jetzigen Stand nicht mehr möglich?

Das will ich so nicht sagen. Wenn wir ein komplett neues Produkt entwickelt hätten, dann wäre sicherlich noch das ein oder andere Quäntchen Performance mehr möglich gewesen. Wir sind allerdings einen anderen Weg gegangen: Der neue TC ist eine bewusste Weiterentwicklung der bestehenden Baureihe. Das heißt zum Beispiel auch, dass wir wesentliche Anschluss- und Funktionsmaße des Tisches beibehalten haben. Die neue Generation ist also 100 Prozent einbaukompatibel. Ein Anwender, der vom Vorgängermodell auf den neuen Tisch umsteigen will, kann dies ohne Aufwand und profitiert im Retrofit vom beschriebenen Produktivitätspotenzial. Selbst bei bestehenden Anlagen.

Der neue TC bietet jetzt um 20 Prozent schnellere Taktraten als vorher?

Je nach Applikationsparametern ermöglicht die neue TC-Baureihe um bis zu 20 Prozent kürzere Taktzeiten. Dies bezieht sich insbesondere auf Anwendungen, bei denen in kurzer Zeit viele Stationen bedient werden – so ab zehn, zwölf aufwärts. In der Regel sind das klassische, automatisierte Montagestationen, bei denen eher geringere Lasten transportiert werden. Der Fokus liegt auf der Geschwindigkeit, weniger auf dem Massenträgheitsmoment. In diesem Anlagenkontext können wir die Performance in vier Bereichen optimieren: bei Reibung, Verlustminimierung, Auslegungsqualität und bei der Übersetzung.  

Sie sprechen auch von einem nahezu doppelten Massenträgheitsmoment. Wie sieht es damit aus?

Wir haben uns überlegt: Welche Anwendungen sind das, bei denen die Belastungsdaten im Vordergrund stehen? Fast ausschließlich handelt es sich hier um Anlagen, wo lediglich zwei oder vier unterschiedliche Stationen angefahren werden und bei denen die Taktzeit eine untergeordnete Rolle spielt. Beispielsweise beim Karosserie-Rohbau. Da reden wir von einer Taktzeit von vier Sekunden und nicht von Zehntelsekunden. Diesen Puffer haben wir genutzt, um das zulässige Massenträgheitsmoment für die Tische gravierend zu steigern.

Wie haben Sie das denn mit dem doppelten Massenträgheitsmoment hinbekommen?

Im Wesentlichen dadurch, dass wir Verluste minimiert haben. Das ganze Thema Tribologie – also Reibung, Schmierung, Verlustleistung – stand bei uns ganz oben auf der Agenda.

Rundschalttisch, Weiss
Wichtigste Anwenderbranchen: Sondermaschinen- und Betriebsmittelbau, Automotive, Medizintechnik, Nahrungsmittel- und Verpackungs- und Werkzeugmaschinen. - (Bild: Weiss)

Heißt das, Sie verwenden andere Schmier- oder Werkstoffe?

Zuviel will ich hier natürlich nicht verraten. Aber wir arbeiten daran, andere, neue Schmierstoffe zum Einsatz zu bringen. Auch was die Oberflächenbeschaffenheit angeht, sind wir dabei, Neues zu testen und in den Praxiseinsatz zu bringen.

Was war denn die wesentlichste Herausforderung?

Wie gesagt, der TC-Rundtisch kommt nahezu überall, in jeder Branche und für jede Applikation zum Einsatz. Natürlich primär für die Montage und Handhabung – also sprich die Montageautomation, Montage kleiner Ventile oder kleiner elektronischer Bauteile, bis hin zum Schwenken von Vorrichtungen im Karosserie-Rohbau. Dieses breite Anwendungsspektrum bringt die Herausforderung mit sich, Baureihen und die Produkte so aufzuziehen, dass man möglichst viele passende Varianten bilden kann, ohne endlos viele Optionen vorhalten zu müssen.

Wer vom Vorgängermodell auf den neuen TC umsteigen will, kann dies ohne großen Aufwand. Inwiefern?

Das ist eigentlich ganz einfach: Rein äußerlich sind die alten und neuen TCs völlig identisch. Alle Anschlussmaße, alle Störkonturen sind die gleichen. Natürlich ist es ein gewisser Aufwand, einen Rundtisch auszutauschen, der tief in der Maschine verbaut ist und sozusagen das Herz der Anlage darstellt. Aber es ist nicht so, dass irgendwas umkonstruiert werden muss.

Glauben Sie, dass der Service in Zukunft immer wichtiger wird?

Absolut. Ich denke, der deutsche Maschinen- und Anlagenbau kommt ohne eine echte Service-Offensive nicht mehr weiter. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Module, Einzelprodukte, Einzelmaschinen werden immer vergleichbarer. Natürlich kann man sich noch ein Stück weit durch Premium-Angebote differenzieren. Aber was der Kunde letzten Endes braucht, ist kein Produkt, sondern eine Lösung, die ihm weiterhilft. Wir wollen diese kundenindividuellen Lösungen entwickeln. Unser umfassendes Know-how in Branchen, Prozessen und den damit verbundenen Anwendungen ist die Basis dafür. Mit unseren Global Engineering Solutions geben wir diesem Dienstleistungsgedanken Namen und Gestalt.

Hintergrundwissen

Der neue TC-Rundschalttisch

  • TC-Rundschalttisch der vierten Generation
  • verbesserte Zykluszeiten
  • 20 Prozent kürzere Taktzeiten
  • Taktraten bis über 220 Takte/Minute
  • Massenträgheitsmoment um bis zu 90 Prozent erhöht
  • identische Schnittstellen, 100 Prozent einbaukompatibel
  • kann deutlich höhere Massen bewegen
  • Anwender kann Tisch kleinerer Baugröße einsetzen und spart so Bauraum ein.

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