Die Artemis-Rakete macht sich vom Vehicle Assembly Building auf den Weg zum Launch Pad 39B des Kennedy Space Center der NASA in Florida.

Die riesige Artemis-Rakete macht sich vom Vehicle Assembly Building auf den Weg zum Launch Pad 39B des Kennedy Space Center der NASA in Florida. (Bild: NASA)

Der erste Startversuch am 29. August musste wegen Triebwerksproblemen abgebrochen werden, der Ersatztermin am 3. September ebenso. Im Rahmen der Artemis-Mission der US-Raumfahrtbehörde NASA soll die stärkste jemals gebaute Rakete in Florida abheben und der Menschheit nach 50 Jahren eine Rückkehr zum Mond ermöglichen. Aber wann genau sie abheben wird, ist im Moment unklar.

Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu Artemis 1:

Worum geht es bei der Artemis-Mission?

Mit dem Artemis-Programm sollen bemannte Flüge zum Mond vorbereitet und durchgeführt werden. Beim ersten - unbemannten - Flug Artemis 1 wird das Orion-Raumschiff nach dem Start zunächst in einen Erdorbit gebracht und von dort zum Mond fliegen, wo ein Orbit um den Erdtrabanten geplant ist. Nach dem Rückflug zur Erde werden die Orion-Kapsel und das Servicemodul voneinander getrennt. Das zum großen Teil in Europa entwickelte und gebaute Servicemodul verglüht in der Atmosphäre, Orion wird an drei Fallschirmen im Pazifik landen. Die Mission soll etwa 4 bis 6 Wochen dauern

Wie groß und schwer ist Artemis?

Für die Artemis-Mission wird als Trägerrakete das Space Lauch System (SLS) in der sogenannten Block-1-Crew-Konfiguration verwendet. Es ist 98 Meter hoch und 2608 Tonnen schwer. Die Nutzlast beträgt 27 Tonnen. Die Maximalkonfiguration SLS Block 2 Cargo kann bis zu 46 Tonnen ins Weltall tragen - wichtig etwa für den später geplanten Transport von Elementen einer Raumstation.

Wie wird Artemis angetrieben?

Mit einem Schub von 8,8 Millionen Pounds hat das SLS beim Start etwa 13 % mehr Schubleistung als die legendäre Saturn-V-Rakete der Apollo-Missionen. Damit ist das SLS die stärkste jemals gebaute Rakete.

Das Antriebssstem der SLS besteht aus zwei Feststoff-Boostern von Northrop Grumman, die für eine Brenndauer von 126 Sekunden jeweils bis zu 3,6 Millionen Pounds Schub liefern. Dazu kommen vier RS-25 Triebwerke von Aerojet Rocketdyne. Sie liefern zwar jeweils “nur” 512.000 Pounds an maximalem Schub, haben dafür aber eine Brenndauer von etwa 8 Minuten.

Für künftige Missionen des SLS arbeitet Aerojet Rocketdyne an einer überarbeiteten Version des Triebswerks, bei dem auch additiv per Selective Laser Sintering gefertigte Teile zum Einsatz kommen sollen.

Wer ist alles an Bord?

Zwar ist der erste Artemis-Flug unbemannt, dennoch werden sich drei "Passagiere" an Bord befinden: Commander Moonikin Campos sowie Helga und Zohar. Alle drei sind Puppen. Der Commander wird einen Raumanzug tragen, sein Sitz ist mit Sensoren ausgestattet, um Beschleunigung und Vibration während der Mission aufzuzeichnen.

Helga und Zohar hingegen bestehen jeweils nur aus einem Torso mit Kopf und wurden aus Materialien gebaut, die menschlichen Knochen, Organen und Geweben ähneln. Die beiden enthalten mehr als 5600 Sensoren, um die Auswirkungen der Strahlung im All auf den menschlichen Organismus besser zu erforschen (siehe Bildergalerie oben).

Zohar darf eine Strahlenschutzweste tragen, die arme Helga muss ohne auskommen. Die Namen der beiden kommen von der Tatsache, dass bei der Entwicklung der Puppen sowohl deutsche als auch israelische Weltraumspezialisten beteiligt waren.

Wo werden sich künftige Astronauten an Bord aufhalten?

  • Für künftige, bis zu vierköpfige Crews wurde die Orion-Raumkapsel entwickelt. Orion besteht aus drei Komponenten:
    Dem Crewmodul, in dem sich die Astronautinnen und Astronauten aufhalten werden. Es ähnelt von der Form der klassischen Apollo-Kapsel früherer Mondmissionen, ist mit 5 Metern Durchmesser (Apollo: 3,80 m) und einem Volumen von etwa 20 Kubikmetern (6 m3) aber deutlich größer - muss aber auch einen Raumfahrer mehr als bei Apollo beherbergen.
  • Dem von der Nasa gemeinsam mit der ESA entwickelten Servicemodul. Es treibt das Orion-Raumfahrzeug während des sogenannten Orbitaltransfers im Weltraum an, übernimmt die Stromversorgung, Thermalkontrolle und Lageregelung und ist für den Startabbruch in großer Höhe zuständig. Während es am Crewmodul angedockt ist, sorgt das Servicemodul zudem für die Wasser- und Sauerstoffversorgung der Besatzung.
  • Einem Startabbruchsystem, das die Astronautenkapsel in Erdnähe per Raketenantrieb aus der Gefahrenzone bringen, ihre Flugbahn stabilisieren und sicher landen kann.

 

Welche Nutzlast wird bei der ersten Artemis-Mission mitfliegen?

In der zweiten Stufe der Rakete, der sogenannten Interim Cryogenic Propulsion Stage (ICPS) werden zehn kleine Cubesats mitgeführt, die in mehreren Schritten im All freigesetzt werden - zwischen 3:40 und 8:03 Stunden nach dem Start. Die Schuhkarton-großen und maximal 11 Kilogramm schweren Cubesats kommen von verschiedenen Universitäten und Forschungseinrichtungen.

Der Lunar IceCube etwa aus Kentucky soll mit einem Infrarot-Spektrometer auf dem Mond nach jeglicher Form von Wasser suchen. Der NEA Scout des Marshall Space Flight Center in  Huntsville, Alabama, soll mit Hilfe eines Sonnensegels zu einem erdnahen Asteroiden fliegen und Fotos von dessen Oberfläche machen.

Wird Artemis so erfolgreich wie das James Webb Space Telescope?

Das bleibt abzuwarten: Was die beiden Projekte eint, ist eine erhebliche Überschreitung von Budget und Zeitplan während der Entwicklung. Während das beim JWST aber zur Entwicklung ganz neuer Technologien und in der Folge zu faszinierenden Bildern vom Universum geführt hat, ist die Situation bei Artemis ganz anders. Die Mission steht stark in der Kritik, weil für das Space Launch System viele Komponenten der früheren Space Shuttles wiederverwendet wurden - nur zu mittlerweile deutlich erhöhten Preisen.

Ein Beispiel: Das RS-25 Triebwerk war auch das Haupttriebwerk der Space Shuttles, die von 1977 bis 2011 im Einsatz waren. Die 46 damals dafür gebauten Triebwerke hatten einen Durchschnittspreis von 40 Mio. US-Dollar - und konnten vielfach wiederverwendet werden. Das SLS braucht vier dieser Triebwerke, für die die NASA mittlerweile 146 Mio. US-Dollar pro Triebwerk zahlt - und die in diesem Kontext nur einmal verwendet werden. Viele Kritiker sehen in der Entwicklung des SLS vor allem ein gigantisches Konjunkturprogramm für die US-Raumfahrtindustrie.

Kostet ein Flug von Artemis wirklich Milliarden Dollar?

In einem Brief der US-Bundesregierung an einen Parlaments-Ausschuss von 2019 (PDF, Seite 7) wird tatsächlich die Summe von zwei Milliarden US-Dollar pro Start genannt - die Aussage ist bis heute unwidersprochen. Die NASA hat aber angekündigt, die Kosten bei künftigen Flügen deutlich senken zu wollen.

Was kommt nach Artemis 1?

Mit der unbemannten Mission Artemis 1 und der bemannten Mission Artemis 2 (voraussichtlich 2024) soll das Orion-Raumschiff erprobt werden. Im gleichen Jahr sollen mit einer Rakete des Typs Falcon Heavy des Privatunternehmens SpaceX die ersten beiden Module einer Raumstation in eine Mondumlaufbahn gebracht werden. Später soll eine Mondfähre für die Landung auf der Oberfläche folgen. Schließlich würden mit Artemis 3 erstmals seit 1972 wieder Astronauten auf dem Mond landen. Danach sollen jährliche Expeditionen zur Mondoberfläche erfolgen, um eine dauerhafte Präsenz auf dem Mond zu schaffen, die als Basis für bemannte Flüge zum Mars dienen soll.

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