Möchten Sie es mal selbst probieren? Beim ersten Versuch wurde die Klebstoffspur zwar nicht

Möchten Sie es mal selbst probieren? Beim ersten Versuch wurde die Klebstoffspur zwar nicht perfekt, aber mit Unterstützung des Handling-Arms ist das Dosieren schon erheblich leichter als mit freier Hand. (Bild: Rüdiger J. Vogel/SCA)

Der Klebe- und Dosiertechnik-Anbieter SCA Schucker war lange vor allem in der Automobilindustrie unterwegs. Nun will das Unternehmen neue Märkte erschließen und setzt dazu verstärkt auf Produkte, die Anwendern den Einstieg in die Klebetechnik erleichtern.

Seit der Übernahme durch Atlas Copco vor etwa drei Jahren habe sich der Umsatz verdoppelt, berichtete Berthold Peters, Geschäftsführer des Klebe- und Dosiertechnikanbieters SCA Schucker Ende Juni 2014 bei einer Infoveranstaltung. Das Unternehmen will in den nächsten Jahren vor allem Märkte jenseits der Automobilindustrie erschließen. Bis 2016 solle die Belegschaft um 170 neue Mitarbeiter zulegen, kündigt der Geschäftsführer an. Momentan zählt sie rund 450 Mitarbeiter, davon etwa 300 in Bretten.

Mehr Lösungen für Klebe-Neulinge

„Früher kamen unsere Kunden vor allem aus der Automobilindustrie, an die wir im Wesentlichen automatisierte Systeme und ganze Anlagen für den Rohbau, Lackierstraßen oder die Endmontage geliefert haben. Nun entwickeln wir verstärkt auch Systeme für den manuellen Auftrag von Kleb- und Dichtstoffen und für kleinere Materialmengen“, sagte Peters. Daran arbeiten am badischen Standort mehr als 60 Entwickler. Viele der Entwicklungen sollen vor allem Betriebe ansprechen, die ganz neu in die Klebetechnik einsteigen wollen.

Klebstoffspur

Möchten Sie es mal selbst probieren? Beim ersten Versuch wurde die Klebstoffspur zwar nicht perfekt, aber mit Unterstützung des Handling-Arms ist das Dosieren schon erheblich leichter als mit freier Hand. Bild: Rüdiger J. Vogel/SCA

Zu den Gerätschaften aus diesem Bereich gehört beispielsweise eine kleine Kompaktzelle, die für die automatisierte Verklebung oder Abdichtung kleinerer Bauteile mit hohen Qualitätsansprüchen gedacht ist. Typische Anwendungen für das System sind auch strukturelle Verklebungen mit einer und zwei Komponenten, etwa bei Dachantennen, Motorblöcken oder Zylinderköpfen.

Auf den Infotagen im Juni zeigte der Anbieter eine solche Zelle mit typischer Ausstattung aus Einzelfasspumpe, elektrischem Dosierer vom Typ ADKE 6000, Sys-6000-Steuerung und einem Vision-System. „Wir stellen unseren Kunden in jedem Fall eine schlüsselfertige Komplettlösung hin“, versicherte Oskar Sörensson, Geschäftsbereichsleiter Allgemeine Industrie. „Er braucht sich also beim Klebeprozess weder um den Roboter noch um den Maschinenbau oder die Integration der Komponenten zu kümmern.“ Das optionale Vision-System mit drei Kameras überwacht den Auftrag der Kleberaupe und meldet Unregelmäßigkeiten und Abweichungen an den Bediener. Denn im Praxisbetrieb können etwa durch Lufteinschlüsse ungewollte Lücken in der Raupe entstehen.

Kompaktzelle für automatisierte Klebe- und Abdichtprozesse

Kompaktzelle für automatisierte Klebe- und Abdichtprozesse: Das System überwacht die Qualität des Materialauftrags und meldet Abweichungen. Bild: Rüdiger J. Vogel/SCA

Für die Demonstration entfernte einer der Mitarbeiter einen Teil des aufgetragenen Klebstoffes mit einem Spatel und ließ die Auftrage-Routine erneut laufen. Tatsächlich füllte die Einheit gezielt dort auf, wo der „Fehler“ passiert war.

Ob das System für eine Anwendung Sinn hat, hängt vom Qualitätsanspruch des Herstellers ab, beziehungsweise davon, wie kritisch oder sicherheitsrelevant die Verbindung ist.

Mischsystem für schnelle Schaltzeiten

Einen etwas anderen Fokus hat das neue Mischsystem, das auf der Veranstaltung gezeigt wurde. Es eignet sich für Klebeanwendungen mit zwei Komponenten, bei denen es auf präzise Mischung der beiden Materialien und kurze Schaltzeiten ankommt. Das System besteht aus einer Doppelfasspumpe für ein hochviskoses Material sowie einem Vorratsbehälter mit Zahnradpumpe für die zweite Komponente, ein niedrigviskoses Material. Beide sind mit elektrischen Dosiereinheiten (ADKE 5000), ASC-5000-Steuerung und statischem Mischer ausgestattet.

Die Ingenieure verwendeten in diesem System einen 2-K-Mischerverschluss, der schnelle Schaltzeiten der Ventile erlaubt. „Es gibt viele Anwendungen, bei denen der Kleb- oder Dichtstoff diskontinuierlich auf ein Bauteil aufgebracht werden muss“, erklärt Sörensson den Zweck der Vorrichtung.

System für Klebeprozesse

System für Klebeprozesse mit zwei Materialkomponenten: Interessenten können es im Oktober auf der Fachmesse Bond-Expo in Stuttgart sehen, auf der das Unternehmen erstmals ausstellt (Halle 7, Stand 7521). Bild: Rüdiger J. Vogel/SCA

„Beim Ziehen der Nähte muss man dann den Materialfluss sehr schnell stoppen und nach der auszusparenden Stelle wieder anfahren können.“ Eine normale speicherprogrammierbare Steuerung sei dafür manchmal zu langsam. „An den Dosierern auf dem Roboter sitzen daher zwei Steuerungseinheiten“, erklärt Sörensson. „Sie kommunizieren mit der übergeordneten ASC-5000-Steuerung und können so die kurzen Schaltzeiten umsetzen.“

Handarbeit unterstützen

Aber auch Beispiele für Systeme mit manuellem Klebstoffauftrag zeigte das Unternehmen auf der Veranstaltung. Ein typisches Einsteiger-Set besteht aus Einzelfasspumpe, einstellbarem Druckregler, Hand-Applikator und einem flexiblen Handling-Arm, der in drei Achsen beweglich ist. „Damit können unsere Kunden ihre Ergebnisse deutlich verbessern, ohne gleich ein robotergestütztes System einsetzen zu müssen“, erklärt Sörensson. Das ke NEXT-Fazit nach der eigenhändigen Erprobung: Selbst blutige Anfänger lernen innerhalb von kürzester Zeit, wie sie mit Unterstützung des Handling-Arms eine gerade, einigermaßen gleichmäßige Kleberaupe erzeugen.

Mit Technik des Anbieters werden im Automobilbau Motorhauben konstruktiv verstärkt, Unterbodenschutz und Dämmungsmassen aufgetragen und Scheiben eingesetzt. Anwendungsmöglichkeiten im Maschinen- und Anlagenbau finden sich im Bereich Haushaltsgeräte, wo beispielsweise Backofenscheiben eingeklebt werden müssen, im Trailer- und Wohnwagenbau, bei Erneuerbaren Energien und bei Landmaschinen und Geländefahrzeugen.

Von Dagmar Oberndorfer
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Dagmar OberndorferDagmar Oberndorfer
Redaktion, ke NEXT

Schreibt für ke NEXT und fluid über Hydraulik, Software, Schifffahrt, Bergbau und Schienenverkehr. Studierte Fachjournalismus mit Schwerpunkt Technik im schönen Würzburg. Ist meistens auf Achse und gern draußen.

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