Basis für die neue Spritzgießmaschine war die vollelektrische  E-Motion (Bild Engel Austria).

Basis für die neue Spritzgießmaschine war die vollelektrische E-Motion (Bild Engel Austria).

Engel hat eine Spritzgießmaschine gebaut, die geschmolzene Zirkonium-Legierungen verarbeitet, sogenanntes Liquidmetal. Ein Kolben drückt das verflüssigte Material in ein temperiertes Werkzeug, wo es abkühlt und eine amorphe Gefügestruktur bildet. Der Hersteller sieht in dem Verfahren eine Alternative zum Metal Injection Moulding und zur CNC-Bearbeitung.

Als einziger Maschinenbaupartner des Kalifornischen Unternehmens Liquidmetal Technologies hat Engel eine Systemlösung entwickelt, mit denen Anwender Liquidmetal-Materialien im Spritzguss verarbeiten können. Auf einem Symposium vom 16. bis 18. Juni in Österreich stellte der Maschinenbauer die Technologie der Öffentlichkeit vor.

Liquidmetal sei für eine Materialklasse mit neuen Eigenschaften, erklärt der Maschinenbauer. Die Zirkonium-Legierungen weisen eine amorphe, das heißt nicht-kristalline Struktur auf, weshalb sie auch metallische Gläser genannt werden. Bauteile aus diesen Materialien sind sehr hart, aber gleichzeitig hochelastisch, was zu einem guten Rückstellverhalten führt. Während Stahl beispielsweise eine Elastizität von 0,2 Prozent und Titan von ein Prozent aufweist, liegt der Kennwert für Bauteile aus Liquidmetal-Legierungen bei zwei Prozent. Außerdem haben die die Materialien ein geringes spezifisches Gewicht und sind korrosionsbeständig. Dadurch eigenen sich die Legierungen für den Einsatz in mechanisch hochbeanspruchten Präzisionsbauteilen.

Für die Verarbeitung dieser Materialien im Spritzguss hat das Unternehmen auf Basis seiner vollelektrischen Maschinenreihe E-Motion eine neue Spritzgießmaschine entwickelt. Die Liquidmetal-Maschine unterscheidet sich vor allem auf der Einspritzseite von einer Spritzgießmaschine für die Kunststoffverarbeitung.

Die Liquidmetal-Legierungen sind in Form von abgelängten Rundstäben erhältlich. Diese Rohlinge werden automatisiert in die Schmelzekammer transportiert, wo das Material im Hochvakuum mittels Induktion schmilzt. Statt einer Schnecke besitzt die Maschine einen Kolben, mit dessen Hilfe die aufgeschmolzene Metalllegierung in ein temperiertes Werkzeug eingespritzt wird.

Durch das sehr schnelle Abkühlen unter Sauerstoffabschluss bildet sich die amorphe Gefügestruktur, die für die herausragenden Eigenschaften verantwortlich ist. Den Anguss entfernen Anwender Beispielsweise mit Hilfe einer Wasserstrahlschneidmaschine oder einer mechanischen Schere.

In einem Schritt einsatzfertige Teile spritzgießen

Engel sieht in Liquidmetal eine Alternative zum Metal Injection Moulding (MIM) und der CNC-Bearbeitung, die in einem Arbeitsschritt und in kurzen Zyklen einsatzfertige Bauteile in einer sehr hohen Oberflächenqualität liefert.
Bei der CNC-Bearbeitung werden Metallkomponenten einzeln aus einem Metallblock unter anderem durch Fräsen, Bohren, Schleifen und Drehen herausgearbeitet. Auf diese Weise können dreidimensional anspruchsvolle Präzisionsteile mit einer sehr hochwertigen Oberfläche hergestellt werden. Im Vergleich zum Spritzguss dauert dieses Fertigungsverfahren jedoch länger und ist relativ teuer.

Während des Symposiums produzierte der Maschinenbauer Teile für medizinische Zangen im Liquidmetal-Prozess (Bild: Engel).

Während des Symposiums produzierte der Maschinenbauer Teile für medizinische Zangen im Liquidmetal-Prozess (Bild: Engel).

Beim MIM-Prozess handelt es sich ebenfalls um ein Spritzgießverfahren, allerdings werden keine Metalllegierungen, sondern Metall/Kunststoff-Pulver verarbeitet. Der Kunststoff wird nach dem Spritzgießen thermisch entfernt. Das Fertigteil erhält der Anwender durch Sintern. Zudem müssen die Unternehmen häufig die durch das Sintern raue Oberfläche nachbearbeiten. Diese Prozessschritte nehmen je nach Wanddicke einige Zeit in Anspruch.

Die Liquidmetal-Technologie liefert nach Angaben der Firma einbaufertige Präzisionsteile mit einer hohen Oberflächenqualität. Die Zykluszeiten bewegen sich zwischen zwei und drei Minuten und liegen damit deutlich unter den Bearbeitungszeiten von CNC-Zentren. Die Angüsse können recycelt werden.

Potential für seine Technik sieht der Hersteller in der Medizintechnik. Zur Demonstration stellte das Unternehmen während des Symposiums Teile für medizinische Zangen aus einer Liquidmetal-Legierung her. Denkbar wären auch Endoprothesen wie Hüftgelenke oder Stents.

Auch für die Elektronik, Luft- und Raumfahrt sowie für die Sportgeräteindustrie könnte die Technik interessant sein. Erste Anwendungen realisierte der Anbieter in der Unterhaltungselektronik- und der Uhrenindustrie. do

Susanne Zinckgraf, Engel Austria

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