Fahrer im autonomen Bus,

Entspannt hinter dem Lenkrad: Der Sicherheitsfahrer musste während der Premiere zu keinem Zeitpunkt eingreifen. (Bild: Daimler AG)

Tunnelfahrten mit wechselnden Lichtverhältnissen, Ampelkreuzungen, eintönige Strecken und schwer zu unterscheidende Markierungen, aber auch Geschwindigkeiten bis 70 km/h, querender Verkehr oder das Fahren auf Deichen: Was den menschlichen Fahrer höchstens anstrengt, ist für ein selbstfahrendes Fahrzeug eine echte Herausforderung.

Wissenschaftler des FZI Forschungszentrum Informatik haben Daimler unterstützt, dass eine solche Fahrt automatisiert ohne Eingriff des Sicherheitsfahrers gelingt – und das mit einem zwölf Meter langen Bus. Das neue Konzept für den Stadtbus der Zukunft wurde im September bei der IAA Nutzfahrzeuge Messe in Hannover dem Fachpublikum und der Öffentlichkeit vorgestellt.

Mit dem CityPilot autonom auf 20 Kilometern

Die Weltpremiere vor rund 200 Journalisten feierte der Bus bereits im Juli. Hier zeigte der Mercedes-Benz Future Bus prototypisch, wie der zukünftige Stadtbus im Nahverkehr aussehen könnte: Das Fahrzeug auf Basis eines Mercedes-Benz Citaro hatte mit dem sogenannten CityPilot im Shuttlebetrieb ein 20-Kilometer-Teilstück der längsten Bus-Rapid-Transit-Linie Europas gemeistert.

Auf dieser Busschnellspur zwischen dem Flughafen Amsterdam Schiphol und der Stadt Haarlem konnte der Mercedes-Benz Future Bus drei Tage lang unter Beweis stellen, dass er die herausfordernde Strecke so zuverlässig und souverän meistert wie ein erfahrener Busfahrer, allerdings völlig selbstständig und ohne ein Eingreifen des Sicherheitsfahrers.

Mögliche Hürden beim fahrerlosen Fahren sowie Herausforderungen liegen in schlecht zu unterscheidenden Umgebungsmerkmalen, schwachen Markierungen, wechselnde Licht- und Wetterverhältnisse und Tunnelfahrten. Mit Unterstützung aus der Wissenschaft konnte der Mercedes-Benz Future Bus dank neuartiger Sensorkonzepte und robuster Lokalisierung überzeugen.

Das Fahrzeug muss genau wissen, wo es ist

Robuste Lokalisierung bedeutet für die Wissenschaftler, dass ein Fahrzeug jederzeit absolut zuverlässig weiß, wo genau es sich befindet; eine Grundvoraussetzung, um eine autonome Fahrt zu ermöglichen. Wo der menschliche Fahrer das Verkehrsgeschehen sieht und auf seine Erfahrung zurückgreifen kann, muss ein selbstfahrendes Fahrzeug dieses Wissen durch Sensoren und Algorithmen ersetzen. Gerade ein Bus von zwölf Metern Länge, der auslädt und pendelt, ist viel schwieriger automatisiert auf der Spur zu halten.

Sensorfusion heißt das Schlagwort, was das automatisierte Fahren durch die intelligente Verbindung verschiedenster Informationsquellen sicherer und zuverlässiger macht. Ein typisches Beispiel bei der Future-Bus-Premiere in Amsterdam waren die Fahrten durch die Tunnel.

Das GPS-Signal wird beim Einfahren schwächer und verschwindet. Dennoch muss der Bus genau wissen, wo er sich befindet. Wechselnde Lichtverhältnisse in den Tunneln waren auf der Bus-Rapid-Transit-Strecke eine zusätzliche Herausforderung: Blaues Licht, gelbes Licht, gar kein Licht und dann die Ausfahrt in grelles Sonnenlicht – auch die kamerabasierten Systeme können in dieser Situation dem Bus bei der Orientierung nur eingeschränkt helfen.

Sicherheit dank vieler Sensordaten

Damit der Future Bus dennoch robust und zuverlässig automatisiert fahren kann, setzten die Wissenschaftler daher nicht nur auf eine Art von Sensorik wie beispielsweise Spurkameras, sondern auf die Fusion mehrerer Sensordaten.

Durch das intelligente Zusammenführen aller Information von Kameras, Sensoren und Signalen sowie durch eingelerntes Wissens des Fahrsystems wird die Lokalisierung so präzise, dass der Future Bus zentimetergenau fahren kann; eine Eigenschaft, die besonders bei den Zustiegsrampen der Haltestellen und bei Gegenverkehr verpflichtend ist.

Das von den FZI-Wissenschaftlern entwickelte System zur Lokalisierung des Busses ist hochkomplex und wurde vor der Weltpremiere auf der Bus-Rapid-Transit-Strecke sowohl am Rechner, als auch mit einem Standardbus ohne spezielle Umbauten als Versuchsträger und mit dem tatsächlichen Show Car erprobt.

"Der Nahverkehr der Zukunft wird nicht nur emissionsfrei, sondern auch autonom sein“, ist sich Gustav Tuschen, Leiter Entwicklung Daimler Buses, sicher.

„Die Technik des CityPilot im Mercedes-Benz Future Bus basiert auf dem vor zwei Jahren vorgestellten autonom fahrenden Lkw Mercedes-Benz Actros mit Highway Pilot. Sie wurde jedoch für den spezifischen Einsatz in einem Stadtomnibus entscheidend weiterentwickelt und mit zahlreichen Funktionen ergänzt. Das FZI hat uns bei dieser technologischen Herausforderung mit seiner wissenschaftlichen Kompetenz für Systeme und Technologien unterstützt, mit dem Mercedes-Future Bus mit City Pilot eine Vision für den Nahverkehr der Zukunft auf den Weg zu bringen." hei

Der Mercedes-Benz Future Bus (Quelle: Daimler AG)

Sie möchten gerne weiterlesen?