Aluminiumschmelzofen,

Aluminiumschmelzofen bei ZPF: Eine 3D-Kamera soll künftig den Zustand des Ofeninnenraums überwachen. Darin herrschen bis zu 1.000 Grad Celsius. (Bild: ZPF)

Um Aluminiumgussteile wie beispielsweise Alufelgen, Zylinderköpfe oder Ventilkörper herzustellen, wird flüssiges Aluminium in Dauerformen gegossen. Geschmolzen wird das Metall vorher in einem Aluminiumschmelzofen. In einem aktuellen Forschungsprojekt sollen Versuche an einem Schmelzofen durchgeführt werden, dessen Schmelzbad bis zu fünf Tonnen flüssiges Aluminium aufnehmen kann. Ein Brennersystem schmilzt das auf der Schmelzbrücke stehende Masselpaket langsam auf und das flüssige Metall fließt über die Brücke ins Bad ab. Bis der komplette Block geschmolzen ist, kann es bis zu einer Dreiviertelstunde dauern.

Um neues Material einzusetzen, wird die Chargiertür geöffnet – dies führt zu Energieverlust und Sauerstoffeintrag. Bis dato kann der optimale Zeitpunkt nicht bestimmt werden. Man müsste in den Ofen schauen können, ohne die Chargiertür zu öffnen, um den Energieverlust und Sauerstoffeintrag so gering wie möglich zu halten – beispielsweise mit einer Kamera oder Sensoren. Daran arbeiten Wissenschaftler aus Hannover, Bremen und Freiberg gemeinsam mit ZPF als Anlagenhersteller und Borbet Thüringen als Anlagenbetreiber. Die Herausforderung: Aluminium schmilzt bei etwa 660°C, im Ofen herrschen Temperaturen zwischen 700 und 1000°C. „Bei dieser Hitze würde auch jede Kamera und jeder Sensor schmelzen“, sagt Sara Mohammadifard, Maschinenbauingenieurin und Mitarbeiterin am Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH).

Mohammadifard ist es bereits gelungen, ein 3D-Kamerasystem zu entwickeln, das von oben in den Schmelzschacht schauen kann. Damit die Elektronik nicht schmilzt, hat sie die 3D-Kamera außerhalb des Ofens angebracht. Eine kleine Klappe öffnet sich für einen sehr kurzen Zeitraum und die Kamera nimmt ein dreidimensionales Bild des Masselpakets auf. Prinzipiell ist durch dieses Messverfahren der Energieverlust wesentlich geringer als durch das Öffnen der großen Tür. „Durch diese Maßnahme und die Verwertung der Messdaten in der Anlagensteuerung kann die Energieeffizienz um bis zu 15 Prozent gesteigert und die Schmelzzeit reduziert werden“ sagt Sven-Olaf Sauke von ZPF, der im Forschungsprojekt eng mit dem IPH zusammenarbeitet.

Um diesen Wert noch zu verbessern, entwickelt Mohammadifard die Überwachungstechnik im neuen Forschungsprojekt „Effizienzsteigerung eines Aluminiumschmelzofens (ALSO 4.0)“ weiter. An dem Kooperationsprojekt beteiligen sich neben dem IPH und dem Schmelzofen-Hersteller ZPF auch Forscher der TU Bergakademie Freiberg und des BIBA der Universität Bremen sowie von Borbet Thüringen. Gemeinsam verfolgen sie zwei Ziele: Zum einen soll sich die Klappe an der Oberseite des Ofens nahezu gar nicht mehr öffnen – weil künstliche Intelligenz den Schmelzvorgang prognostiziert und somit weniger Messungen benötigt werden. Zum anderen wollen sie eine Technologie entwickeln, um den Automatisierungsgrad am Schmelzofen zu erhöhen.

Die Universität Bremen ist verantwortlich für die Entwicklung der künstlichen Intelligenz. Sie soll das Schmelzverhalten des Aluminiumblocks in Zukunft zuverlässig vorhersagen. Das bereits entwickelte 3D-Kamerasystem wird damit irgendwann überflüssig – für die Praxistests ist es zunächst jedoch unerlässlich. Schließlich müssen die Wissenschaftler überprüfen, ob ihre Vorhersage mit dem Kamerabild übereinstimmt. Sobald die künstliche Intelligenz zuverlässige Ergebnisse liefert, muss sich die Klappe am Ofen nicht mehr öffnen. Somit geht noch weniger Energie verloren.

Das IPH entwickelt im Forschungsprojekt eine neue Technologie, mit der sich überprüfen lässt, in welchem Zustand sich der Ofeninnenraum befindet. Das aktuelle Kamerasystem hat nur das Masselpaket auf der Schmelzbrücke im Blick, nicht aber den gesamten Ofeninnenraum. Dieser ist noch schwieriger zu überwachen, da sich das Kamerasystem nicht in die Ofenwand integrieren lässt. „Deshalb müssen wir die Kamera wahrscheinlich im Inneren des Ofens installieren und vor der extremen Hitze schützen“, sagt Mohammadifard.

Um die Herausforderung zu meistern, haben die Wissenschaftler mehr als zwei Jahre Zeit: Das Forschungsprojekt läuft bis Ende November 2019. Gefördert wird es vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unter dem Förderkennzeichen 03ET1486E. jl

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