Flagge EU und Great Britain,

Nach dem Brexit ist Großbritannien ein Drittland. Einigt man sich auf einen Status ähnlich wie bei Norwegen, ändert sich für die europäischen Handelspartner recht wenig. Wirklich haarig wird es erst, wenn das Land die EU ohne Abkommen verlässt. (Bild: Pixabay.com)

Nach dem Brexit ist Großbritannien ein Drittland. Einigt man sich auf einen Status ähnlich wie bei Norwegen, ändert sich für die europäischen Handelspartner recht wenig. Großbritannien würde dann zwar nicht der EU, aber dem erweiterten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) angehören. Wirklich haarig wird es erst, wenn das Land die EU ohne Abkommen verlässt, wie der Blick auf sechs Problemfelder zeigt:

1. Zölle & Steuern

Derzeit werden Waren zwischen der EU und Großbritannien zollfrei ein- und ausgeführt. Auch die Einfuhrumsatzsteuer bei Importen aus dem Vereinigten Königreich entfällt. Das könnte sich bei einem „harten Brexit“ ändern.

Lösung: Wird aus einem EU-Mitglied ein Drittland, muss sich dies im ERP-System widerspiegeln. Probleme sind bei den fälligen Änderungen allerdings nicht zu erwarten. Schließlich gibt es bereits Drittländer, auf deren Strukturen man aufsetzen kann. Wichtig ist, dass die Änderungen konsistent im gesamten Datenbestand durchgeführt werden. proALPHA veröffentlicht hierzu assistentengestützte Pflegeprogramme, die Anwender Schritt für Schritt durch die einzelnen Anpassungen führen.

Besonders einfach wird der Brexit mit proALPHA 7.1, das im Frühjahr 2018 auf den Markt kommt. Darin lassen sich den einzelnen Ländern Gebietszugehörigkeiten wie etwa „EU“,„EWR“ oder „Drittland“ zuweisen. Diese Merkmale umfassen Regelungen, die im Geschäftsverkehr innerhalb der EU oder zwischen der EU und anderen Ländern gelten. Auf diese Weise werden kleinteilige Eingriffe bei einzelnen Datensätzen vermieden.

2. Handel & E-Commerce

Großbritannien ist einer der wichtigsten Zielmärkte für den deutschen Mittelstand. Das könnte sich nach dem Brexit ändern, denn Zölle und Steuern verteuern den Warenaustausch. Hinzu kommen gegebenenfalls längere Lieferzeiten durch eine verzögerte Zollabfertigung.

Lösung: Verlässt Großbritannien den Binnenmarkt, sind die Lieferbedingungen zu prüfen und anzupassen, um längere Lieferzeiten zum Kunden zu berücksichtigen. Gleichzeitig sollten etwaige Umsatzeinbußen durch den verteuerten Warenaustausch einkalkuliert werden. Exportorientierte Unternehmen können Auslastungslücken vermeiden, indem sie bereits jetzt nach neuen Zielmärkten suchen.

3. Logistik & Vertikale Lieferketten

Vertikale Lieferketten sind besonders vom Brexit betroffen. Erfolgt ein Teil der Produktion in Großbritannien, erhöhen Zölle und Steuern die Produktionskosten. Dabei spielt es keine Rolle, ob die beteiligten Unternehmen verbunden oder lediglich Partner sind. Der Brexit kennt keine Privilegien für Konzerne. Ein weiteres Problem sind zeitliche Verzögerungen bei der Zollabfertigung. Dadurch können Lieferzeiten signifikant steigen.

Lösung: Unternehmen, die im Rahmen von Just-in-Time-Konzepten nur mit einer geringen Bevorratung arbeiten, sollten ihre Supply-Chain-Strategie überdenken. Mehr Puffer wäre ein probates Mittel, um das Risiko schwankender Lieferzeiten zu begrenzen. Grundsätzlich ist zu prüfen, ob angesichts steigender Kosten eine Produktionsverlagerung langfristig sinnvoll erscheint.

4. Neue Produktvarianten

Nach dem Brexit bestimmt Großbritannien die Zugangsregeln für den heimischen Markt selbst. Unternehmen könnten dadurch gezwungen sein, britische Produktvarianten zu entwickeln, um das regionale Zulassungsverfahren zu bestehen. Die Produktion würde sich dadurch weiter verteuern.

Lösung: Steuern, Zölle, Einfuhr- und Zulassungsverfahren sind externe Faktoren, die sich durch unternehmerische Entscheidungen nicht beeinflussen lassen. Gelingt es nicht, etwaige Kostensteigerungen auszugleichen, bleibt kaum etwas anderes übrig, als neue Zielmärkte zu suchen.

5. Vertragliche Vereinbarungen

Da sich mit dem Brexit britische Gerichte nicht mehr an europäisches Recht halten müssen, besteht die Gefahr, dass sich die Rechtslage der beiden Regionen auseinanderentwickelt. Für europäische Unternehmen wird es damit schwerer, eigene Rechtspositionen durchzusetzen, wenn der zugrundeliegende Vertrag ganz oder teilweise auf britischem Recht basiert.

Lösung: Es könnte sinnvoll sein, bestehende vertragliche Vereinbarungen mit britischen Firmen zu überprüfen – und gegebenenfalls deutsches Recht zu vereinbaren.

6. Datenschutz & Cloud

Nach dem Brexit gelten die einheitlichen Regeln für den Datentransfer innerhalb der EU für Großbritannien nicht mehr. Personenbezogene Daten dürfen laut Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) jedoch nur in ein Drittland übermittelt werden, wenn dort ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Daten innerhalb eines Konzerns geteilt oder anderen Unternehmen übermittelt werden. Die Datenschutzproblematik betrifft genauso auch Cloud-Dienste, die Daten in Großbritannien speichern. Hier kann es passieren, dass ein britisches Rechenzentrum die EU-Vorgaben zur Compliance künftig nicht mehr erfüllt.

Lösung: Für Unternehmen könnte dies bedeuten, keine personenbezogenen Daten mehr in Großbritannien speichern zu können. Daher ist es sinnvoll, frühzeitig nach Alternativen zu suchen. Dies gilt gleichermaßen für die Datenspeicherung auf Unternehmensrechnern wie auch in Rechenzentren von Cloud-Anbietern. Schließlich bedürfen Anbieter- und Systemwechsel auch in der Cloud einer gewissen Vorbereitungszeit.

Fazit – Entwicklungen beobachten

Der Brexit wird das Leben vieler exportorientierter Unternehmen erschweren. Es empfiehlt sich daher, die Verhandlungen aufmerksam zu verfolgen und – sobald konkrete Ergebnisse vorliegen – eine betriebliche Strategie zu entwickeln. hei

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