In einem Bioreaktor, der – wie das Herz Blut – Wasser durch die Klappen pumpt, simulierte Hinderer die physiologischen Drücke des Herzens, denen das Material hervorragend standhält. Videos der Bioreaktorsimulation zeigen beeindruckend, wie das Material als Herzklappenersatz die Funktion des Öffnens und Schließens übernimmt.

Das Pumpen der synthetischen Herzklappe im Video (Quelle: Fraunhofer IGB)

Ein nächster Test erfolgte in einem von einer Ingenieursstudentin in ihrem Team entwickelten Bioreaktor, in dem sie das elektrogesponnene Material zusammen mit menschlichen Zellen kultivieren konnte. "Aufgrund der speziellen mechanischen Reize im Reaktor, die denen im Körper nachempfunden waren, begannen die Zellen nach bereits sechs Tagen, elastische Fasern zu bilden. Das im Bioreaktor gereifte Gewebe wies die gleichen Strukturen auf wie eine natürliche, sich entwickelnde Herzklappe", sagt Hinderer.

Die elastischen Fasern verleihen Geweben, wie Haut, Blutgefäßen oder eben Herzklappen ihre Widerstandsfähigkeit und Elastizität. Sind sie einmal zerstört, kann der Mensch die Fasern nicht wiederherstellen. Sie werden nur während der Embryonalentwicklung und in den ersten Jahren nach der Geburt gebildet.

Biokompatibel und sterilisierbar

Das stabile und zugleich elastische Trägersubstrat ist biokompatibel und sterilisierbar – und damit für medizinische Anwendungen hervorragend geeignet. Zukünftiges Ziel ist es, ein zellfreies Medizinprodukt zu entwickeln, das sich erst nach dem Einsetzen in den Patienten selbst besiedelt. Dazu erforscht Hinderer, die seit Juli 2015 die Gruppe "Biomaterialien, Bioreaktoren und Bioimaging" am Fraunhofer IGB leitet, wie die Trägersubstrate mit weiteren spezifischen Proteinen modifiziert werden können, um gezielt Stammzellen anzulocken. Während die Zellen das Material besiedeln und eine neue Herzklappe mit ihrer eigenen Matrix bilden, soll das polymere Grundgerüst später im Körper abgebaut werden. Dadurch hat es das Potenzial, im Kinderherzen mitzuwachsen. Doch bis es soweit ist, muss sich die künstliche Herzklappe zunächst im Tiermodell an Schweinen beweisen.

Hier das Projekt von Dr. Svenja Hinderer im Video (Quelle: Körber-Stiftung)

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