Hybridtriebwerk,

Paraffin kann zusammen mit flüssigem Sauerstoff als Treibstoff für Raketen dienen. Hier das Hybridtriebwerk im Test. (Bild: ZARM)

Studierende am Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) der Universität Bremen haben vier Jahre am Öko-Antrieb getüftelt. Ihre selbstgebaute und nahezu umweltfreundliche Rakete mit Hybridantrieb wird ihre Reise nach Nordschweden antreten, um dort voraussichtlich knapp drei Wochen später vom europäischen Weltraumbahnhof Esrange in Kiruna zu starten.

Rakete ZEpHyR

ZEpHyR-Team,
Projektleiter Peter Rickmers mit den Studierenden Patrycia Kotarski, Maximilian Ruhe, Kai-Frederik Schilling, Julian Lungmuß, Lennart Will, Feriz Gürkan, Thomas Ganser und Tim Schwenteck (v.l.) (Bild: ZARM)

Passend zum Forschungsthema und zur Jahreszeit trägt die Rakete den Namen „ZEpHyR“, was in der griechischen Mythologie so viel wie Frühlingsbote und Windgottheit bedeutet, im Rahmen des Projektes allerdings für „ZARM Experimental Hybrid Rocket“ steht. Die Flugpremiere von ZEpHyR ist für die Bremer Studierenden im Fachbereich Produktionstechnik das große Finale des Stern-Programms, das vom DLR gefördert wird und deutschen Universitätsteams die Chance bietet, abseits des Hörsaals mit selbstgebauten Raketen Raumfahrtforschung praxisnah zu erleben.

Das Bremer Team hat sich die konkrete Aufgabenstellung selbst gesucht. Ziel ist es, eine neuartige Rakete zu entwickeln, die den Ansprüchen einer Raumfahrt 4.0 gerecht wird: dazu zählen Faktoren wie Kostenreduzierung, einfache Handhabung und Risikominimierung für Mensch und Umwelt durch einen Verzicht auf die üblicherweise in der Raumfahrt eingesetzten hochgiftigen und explosiven Treibstoffe wie Hydrazin.

Brennkammer,
Die mit Paraffin gefüllte Brennkammer. (Bild: ZARM)

Was sich so simpel anhört, erforderte eine kreative Herangehensweise, einen Wissenstransfer aus den Bereichen der Verbrennungsforschung, Maschinenbau, Elektrotechnik und Chemie sowie handwerkliches Geschick. „Wir sind innerhalb des Stern-Programms die einzigen, die eine Kombination aus Paraffin und Sauerstoff als Antriebsmittel verwenden. Andere europäische Forschungsteams gehen bereits ähnliche Wege, was deutlich zeigt, dass in diesem Antriebskonzept großes Potential für zukünftige Raumfahrtprojekte steckt. Mit unserer Expertise sind wir am Puls der Zeit“, erklärt Peter Rickmers, der das ZEpHyR-Projekt am ZARM leitet und betreut.

Hybridantrieb im Fokus

Im Fokus der Forschungs- und Tüftelarbeit in Bremen stand der Hybridantrieb, der von Grund auf neu konzipiert und an die Treibstoffkomponenten angepasst werden musste. 30 Triebwerkstests waren nötig, um das richtige Mischungsverhältnis von Wachs und Sauerstoff für eine gute Leistungskraft bei gleichzeitig geringer Systemkomplexität zu erreichen. Um die Kosten für Bauteile so gering wie möglich zu halten, griff das Team pragmatisch zum 3D-Drucker, fertigte die Schubdüsen aus einer Mischung aus Baumwolle und Harz und stellte teure Ventile zur Regulierung der Zufuhr des Sauerstoffs selbst her.

Verladung der Rakete,
Vorbereitung der Verladung der Rakete für den Transport nach Nordschweden. Bild. ZARM (Bild: ZARM)

Die Elektronik zur Steuerung der Rakete wurde im Elektrohandel eingekauft und der Fallschirm, der die Rakete nach ihrem Flug wieder sicher zur Erde bringen soll, stammt aus dem Outdoor-Freizeitbereich. Kurzum, die Bezugsquellen aller Raketenkomponenten stehen im Prinzip jedem offen und so soll auch ZEpHyR einen Beitrag dazu leisten, die Raumfahrt privatwirtschaftlich leichter zugänglich zu machen und so innovative, kreative Ideen für die Erkundung des Weltalls von morgen voranzubringen.

Unabhängig vom Ausgang des Raketen-Programms haben die Studierenden des Bremer Teams schon jetzt gewonnen. Über 35 Bachelor- und Masterarbeiten sind im Rahmen des ZEpHyR-Projektes entstanden, was aus Sicht der universitären Lehre ein Erfolgsmodell darstellt.

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