Sensorsystem für Luftschadstoffe,

Wie links im Bild, könnte das System schon bald in Gebäuden zum Einsatz kommen: Professor Andreas Schütze (r.) und Thorsten Conrad (3S GmbH) entwickeln ihr Sensorsystem für Luftschadstoffe zur Marktreife. (Bild: Oliver Dietze)

Wer einen neuen Schrank gekauft, einen Teppichboden verlegt oder die Türrahmen lackiert hat, kennt vielleicht dieses ungute Gefühl: Wie schädlich sind die Gerüche eigentlich, die von Möbeln, Klebern oder Lacken ausgehen, und die die Hausbewohner zwangsläufig mit der Atemluft inhalieren? Bei neuen Sachen fällt der Geruch auf, aber nicht nur die Stoffe, die unangenehm riechen, können schädlich sein. „Schlechte Luft“ kann sich für menschliche Nasen völlig unbemerkt ausbreiten, gerade bei geschlossenen Fenstern.

„Das ist der Fall bei flüchtigen organischen Verbindungen, kurz auch VOC genannt, wie Formaldehyd, Benzol oder Naphthalin. Sie dünsten aus Möbeln, Teppichböden, Wandfarben oder Lacken aus und reichern sich in Innenräumen an. Gesundheitsschädliche Konzentrationen dieser Stoffe sind für den Menschen geruchlos“, sagt Professor Andreas Schütze, Gassensor-Experte an der Universität des Saarlandes.

In mehreren Projekten entwickelt seine Arbeitsgruppe neuartige Gassensorsysteme, die die Luftqualität überwachen. Hierbei arbeiten die Forscher mit Universitäten, Forschungsinstituten und Unternehmen weltweit zusammen. Auf der Messe Sensor+Test geben die Saarbrücker Messtechniker Einblicke in ihre Forschung: „Wir demonstrieren unter anderem, wie unsere Sensoren Schadstoffe, also zum Beispiel Benzol, in der Raumluft erfassen“, erläutert Tilman Sauerwald, wissenschaftlicher Mitarbeiter von Professor Schütze.

Spürhund Sensor

Gassensorsystemen,
Professor Andreas Schütze von der Universität des Saarlandes forscht mit internationalen Wissenschaftlern (hier mit Donatella Puglisi von der Universität Linköping) an Gassensorsystemen. (Bild: Oliver Dietze)

Die Sensoren können viele Arten von Gasen, von Kohlenmonoxid bis hin zu krebserregenden organischen Verbindungen, aufspüren, und ihre jeweilige Konzentration bestimmen. Über einen bestimmten Zeitraum sammeln die Sensoren hierzu Moleküle und messen anschließend deren Menge. „Unter einer Milliarde Luftmoleküle können sie einzelne giftige Moleküle aufspüren“, sagt Tilman Sauerwald. „Wir entwickeln hierzu Gassensoren mit unseren Projektpartnern so weiter, dass wir immer niedrigere Konzentrationen selektiv messen können“, erläutert Sauerwald.

Ein System, das in Innenräumen kostengünstig und rund um die Uhr gleichbleibend für gute Luftqualität sorgt, entwickeln die Messtechniker der Saar-Uni zusammen mit der Firma 3S GmbH, die sich aus Professor Schützes Lehrstuhl heraus gegründet hat, und weiteren europäischen Partnern im Forschungsprojekt „SENSIndoor“. „Wenn die Sensoren Schadstoffkonzentrationen messen, die bestimmte Grenzwerte übersteigen, kann eine passende Lüftungstechnik über die Klimaanlage automatisch für Frischluft sorgen“, erläutert Professor Schütze.

Dadurch, dass das Sensorsystem gezieltes Lüften möglich macht, kann auch der Energieverbrauch von Gebäuden nach den Erkenntnissen der Forscher halbiert werden. „Wir arbeiten an verschiedenen Nutzungsszenarien etwa in Schulen, Büroräumen oder Privathaushalten“, sagt Schütze. „Ziel ist, das System so fortzuentwickeln, dass es sich genau an bestimmte Einsatzgebiete anpassen kann und die Lüftung auf die jeweilige Nutzung abstimmt. Zum Beispiel, indem es Büroräume automatisch vor Besprechungen, oder Schulräume vor Unterrichtsbeginn lüftet.“

Neben SENSIndoor sind auf der Sensor+Test 2016 auch die europäischen Forschungs-verbundprojekte MSP und IAQSense vertreten, die ebenfalls nanotechnologisch basierte Sensorsysteme für saubere Luft zeigen, sowie das Netzwerk EuNetAir, in dem sich rund 100 Institutionen und Wissenschaftler weltweit zusammengeschlossen haben, um für bessere Luftqualität zu forschen.

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