Die OVP-Module sind flexibel, biegbar und viel leichter als silizium-basierte Solarzellen – und sie produzieren selbst im Schatten oder am späten Abend Strom. Könnte man eine Haarbürste mit organischen Photovoltaikmodulen bestücken, damit man die Bürste, ganz ohne Steckdose, auch als Fön benutzen kann? „Nun, das ist doch ein ziemlich skurriles Beispiel, aber nicht unmöglich“, lautet die Antwort von Hermann Issa, Director Business Development & Sales beim Unternehmen Belectric OPV in Nürnberg. „Es gibt aber viele andere Alltagsprodukte, wo man schon heute die Technologie der Organischen Photovoltaik (OPV) sehr sinnvoll nutzen könnte.“

Zum Beispiel Handys mit Solarzelle, damit man kein Ladegerät mehr braucht; OPV auf Autoflächen, um den Wirkungsgrad von Elektromobilen zu erhöhen; im Schiffsbau, um den schädlichen Schwerölverbauch zu reduzieren; für Zelte, um damit die Stromversorgung beim Campen zu sichern, auf Ohrmarkern für Rinder, um die Tiere auf großen Weideflächen, wie beispielsweise in Australien mit Funksignal schneller zu orten; und natürlich für die Beleuchtung von Schulranzen und Fahrrädern zur Erhöhung der Sicherheit.

OVP für Gebäude und Anlagen

Vorteile sieht Hermann Issa in der Nutzung der OPV-Technologie für Gebäude und Anlagen. Wie das funktioniert wird zurzeit sehr eindrucksvoll im Deutschen Pavillon auf der Weltausstellung 2015 in Mailand gezeigt. Dort heißt das Motto „Feeding the Planet, Energy for Life“. Deshalb sind als ein wichtiges Gestaltungselement im Pavillon stilisierte Solarbäume zu sehen, die ein großes Blätterdach aus organischen Photovoltaikmodulen entfalten. Das Blätterdach aus flexiblen, folienintegrierten OPV-Modulen stammt vom Unternehmen Belectric OPV aus Nürnberg, die Verbindungstechnik dafür hat die Stuttgarter Lapp Gruppe entwickelt.

Die energieerzeugenden Solarbäume verbinden Innen- und Außenraum, Architektur und Ausstellung miteinander und spenden gleichzeitig Schatten. Die Herausforderung für Belectric und Lapp bestand darin, die flexiblen folienintegrierten OPV-Module mitsamt der Anschlusstechnik in den architektonischen Entwurf zu integrieren und eine geeignete Anschlusslösung für das filigrane Design zu finden.

OPV steckt noch in den Kinderschuhen

Rund fünf Prozent des in Deutschland erzeugten Bruttostroms werden heute aus Photovoltaik gewonnen. Dabei dominieren die silizium-basierten Solarzellen die Landschaft. Die OPV ist eine noch relativ junge Technologie und steckt noch in den Kinderschuhen. Dies obwohl sich schon heute ökologische und ökonomische Vorteile ergeben:

  • Die OPV-Module aus Kohlenstoff-Verbindungen (Kunststoffen) können farbig oder transparent sein. Sie sind flexibel, biegbar, rollbar und extrem leicht. Eine OPV-Folie wiegt nur etwa 500 Gramm pro Quadratmeter. 
  • Die Module sind leicht integrierbar. Man kann sie einlaminieren, einkleben, eingießen und sie auf allen möglichen Flächen wie auf Glas, Metall oder an Fassaden platzieren.
  • Obwohl die Effizienz der OPV-Module nur bei einem Viertel bis einem Drittel der kristallinen Module liegt, ist der Ertragsfaktor der OPV-Module deutlich höher.
  • OPV-Module zeichnen sich durch ein hervorragendes Schwachlichtverhalten aus – sie produzieren über längere Zeiträume hinweg Strom, auch am frühen Morgen und späten Abend, wenn kristalline Zellen keine Energie liefern. Selbst im Schatten läuft die Zelle weiter.
  • OPV-Module sind zwar nicht so leistungsstark (rund 60 Watt pro m² vgl. mit 150 Watt pro m² bei kristallinen Zellen), können aber durch ihre flexible Nutzung auch dort eingesetzt werden, wo ein klassisches Solarmodul unmöglich zu platzieren wäre. 

Hermann Issa sagt: „Verglichen mit den kristallinen Modulen sind die Produktionskosten für solche Pilotprojekte wie auf der Expo aktuell noch relativ hoch. Sobald man aber beispielsweise mit einer Glasintegration in Großproduktion ginge, würden die Kosten automatisch sinken.“ Issa sieht aber noch einen weiteren großen Vorteil in der OPV-Technologie. Angesichts des viel diskutierten Energy Footprint schneidet OPV ganz hervorragend ab. Bei OPV werden keine seltenen Rohstoffe verbraucht. Die Herstellung ist ein rein chemikalischer Prozess unter Nutzung der Synthese von Kohlenstoffen. OPV ist also ressourcenschonend.

Kleinere Anschlusskomponenten

Die sechseckigen OPV-Module gibt es auf der Expo in vier Varianten mit entweder 340 oder 880 Millimeter Durchmesser und unterschiedlichen aktiven Bereichen, die sich optisch unauffällig in das aus Folie und Drahtgeflecht bestehende Architekturelement einfügen. Bei dem von Lapp entwickelten Verfahren wird der Anschlusspunkt direkt auf das Modul aufgegossen. Der flüssige Kunststoff verbindet sich bei diesem Prozess mit dem Trägermaterial des organischen Photovoltaikmoduls. Eine Spaltenbildung und damit das Eindringen von Feuchtigkeit ist ausgeschlossen.

Denn Korrosion durch eingedrungene Feuchtigkeit ist die häufigste Ursache für Modulausfälle. Dieser Kapillareffekt wird mit dieser Herstellungsmethode aus einem Guss vermieden. Weiterer Vorteil: Durch den Verguss des Materials für den Anschluss auf beiden Seiten der Folie wird auch eine Kabelzugentlastung gewährleistet. Die Anschlusskomponenten von Lapp sind gegenüber herkömmlichen Systemen viel kleiner. Während handelsübliche Photovoltaik-Kabel einen Durchmesser von rund sechs Millimeter haben, sind die Kabel für den Anschluss der Belectric-Module nur zwei Millimeter dick.

Für die Verbindung der OPV-Trägerfolie mit der Anschlusslösung stimmte Lapp die Zusammensetzung des Materials genau auf die kundenspezifischen Anforderungen ab. OPV ist für Lapp eine hochinteressante Technologie. Denn das Unternehmen entwickelt bereits seit über 10 Jahren erfolgreich Anschlusssysteme für Photovoltaikmodule wie das Steckverbindungssystem Epic Solar oder die Kabelserie Ölflex Solar.

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