Kann man auch, wenn man zum Beispiel eine vorhandene Maschine neu konstruiert, aus den vorhandenen Vorläufern sozusagen Echtzeit-Daten einspeisen und das im Engineering-Prozess mitnehmen?
Vorhandene digitale Daten, auch von anderen CAE-Systemen, können in verschiedensten Formaten (dwg/dxf, xml, Excel, …) von EB intelligent aufgenommen und weiter verwendet werden. Die Aufnahme nicht dokumentierter Bestandsanlagen ist dagegen ein Thema der 3D-Welt mit Laserscan oder Handarbeit.

Wie Sie schon erwähnt haben, müssen Konstrukteure heute nicht nur Maschinen konstruieren, sondern auch Dienstleister sein. Wie schaffen das die Konstrukteure? Das ist ja ein ganz neuer Ansatz.
Die jungen Leute, die frisch aus dem Studium kommen, sind mit diesen Themen schon vertraut. Bei älteren Ingenieuren ist ein Umdenkprozess gefordert, der stark vom Management der jeweiligen Unternehmen abhängt. Um den erwähnten Mehrwert zu erhalten, muss man diese Kollegen oft erst überzeugen, um nicht zu sagen „zwingen“, bereit zu sein, eben das Stück mehr zu tun, weiter zu denken, sich mit abstrakteren Dingen auseinanderzusetzen als eigentlich für die reine Konstruktion nötig.

Wie ist da Ihre Erfahrung im Markt? Sind die bereit dazu oder ist es schwierig?
Es gibt große Unterschiede. Manche sehr innovative Unternehmen überdenken auch die eigenen Geschäftsmodelle. Nehmen wir zum Beispiel einen Lieferanten von Anlagen-Komponenten: In der Vergangenheit wurde die Komponente designt und angeboten und man hat sich darüber definiert, dass sie, etwa eine Kompressor-Station, entweder besonders günstig oder hochwertig ist. Innovative Unternehmen gehen heute dazu über, statt der puren Komponente ihren Betrieb, also das Endprodukt anzubieten, in diesem Fall die Druckluft. Man liefert also ein technisches Produkt, betreibt und wartet die Teilanlage und bietet dem Kunden quasi eine komplette Funktionalität mit definierter Verfügbarkeit. Unternehmen, die in dieser Dimension denken, schaffen es auch, ihr Engineering mit entscheidenden Veränderungen diesen Anforderungen anzupassen. Wer nicht so innovativ ist, tut sich deutlich schwerer.

Wie wird sich das Engineering in Zukunft noch verändern?
Es wird sich drastisch weiter verändern. Die reine Konstruktion gerät weiter in den Hintergrund, dafür rücken andere Geschäftsmodelle und Dienstleistungen in den Fokus des Engineerings. Damit ändert sich auch die Tool-Landschaft massiv, und die Arbeitsweise der Ingenieure wird sich dem noch weiter anpassen. Es geht mehr und mehr darum, zentral verfügbare Daten zu schaffen, strukturierte Daten zu hinterlassen, damit der Betrieb der Anlage besser gewährleistet werden kann.

In der Vergangenheit war auch Aucotec ein klassischer CAD/CAE-Anbieter. Etwa um 1999, also weit vor Industrie 4.0, haben wir mit Engineering Base eine neue Plattform aufgesetzt, in der alles zusammenläuft, was wir bis dahin in verschiedenen Produktlinien aufgebaut hatten. Das kommt uns heute, im Zeitalter von IoT, sehr zugute. Bei EB stehen die Daten und das Datenmodell im Zentrum, nicht die Dokumentation oder einzelne Funktionen. Alle Abteilungen arbeiten damit gemeinsam, gleichzeitig und weltweit auf einem zentralen Datenmodell. Hier entsteht der digitale Zwilling der Anlage. Das ist der entscheidende Unterschied! Dafür haben wir EB entwickelt und damit ist das System sehr erfolgreich. hei

Zur Person

Uwe Vogt ist Vorstandsmitglied der Aucotec AG und verantwortet seit acht Jahren alle technischen Bereiche, das heißt die Software-Entwicklung und im Wesentlichen den Kundensupport. Insgesamt ist Vogt seit über 17 Jahren bei Aucotec tätig, das Engineering-Software für den gesamten Lebenszyklus von Maschinen, Anlagen und mobilen Systemen anbietet. Seit seiner Jugend interessiert sich Vogth für Technik und ist fasziniert davon, wie die Digitalisierung auf Basis immer neuer Technologien zunehmend den technischen Fortschritt befeuert.

Sie möchten gerne weiterlesen?