Radlader L150G von Volvo

Entspricht der Stufe III B: der 220 kW (299 PS) starke und 24 Tonnen schwere Radlader L150G von Volvo.

Viel Geld und Entwicklungskapazitäten sind nötig. Für die Abnehmer bedeutet das höhere Preise und teilweise mehr Effizienz auf der Baustelle. Der VDMA hält eine weitere Verschärfung für „nicht sachdienlich.“Bei der Wirtgen-Group, dem größten Straßenbaumaschinenhersteller der Welt, wird zur Zeit kräftig umstrukturiert. Dort wo früher eine neue Walze oder Fräse von der Bandstraße lief, sind es jetzt meistens zwei. „Wir haben“, sagt Dr. Günter Hähn, „praktisch eine Verdoppelung des Produktionsprogramms“. Die Stückzahlen hätten sich halbiert und der Aufwand nahezu verdoppelt. „Wir müssen alle Maschinen anpassen. Und das kostet viel Geld.“ Wovon der für den Bereich Technik zuständige Geschäftsführer der Wirtgen GmbH spricht, sind die Auswirkungen der seit Anfang dieses Jahres in Europa und den USA geltenden Abgasnormen. Etwa ein Drittel bis die Hälfte aller Entwicklungskapazitäten innerhalb der Gruppe, schätzt Hähn, seien über viele Monate – und bis auf weiteres – mit diesem Thema befasst. Aufwand und Kosten seien enorm.

Ähnlich wie Wirtgen geht es praktisch allen Herstellern von Bau- und Baustoffmaschinen nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa und auch den USA. Seit Beginn dieses Jahres müssen mobile Neumaschinen mit mehr als 130 und weniger als 560 KW, die in den USA oder Europa verkauft werden, der Abgasstufe III B beziehungsweise der US-Norm Tier 4 Interim entsprechen. Ab dem 1. Januar 2012 gilt das dann auch für die Leistungsklassen zwischen 57 und 130 KW und ein Jahr später sind die kleineren Maschinen mit 37 bis 56 KW betroffen. Für die Hersteller bedeutet das erheblichen Aufwand. Daran können auch die Ausnahmeregelungen nur wenig ändern.

Maschinendesign komplett geändert

Thomas Weber
Thomas Weber, Geschäftsführer der Volvo Construction Equipment GmbH,

„Wir mussten“, sagt Thomas Weber, Geschäftsführer der Volvo Construction Equipment Germany GmbH, „das Design unserer großen Radlader komplett ändern“. Volvo arbeitet, um die Grenzwerte für die Partikel- und Stickoxidemissionen einzuhalten, wie viele andere Anbieter auch mit einer Kombination aus gekühlter Abgasrückführung und Partikelfilter. Um diese Systeme im Motorraum unterzubringen, muss, wie auch bei Verwendung von SCR-Techniken zur Verminderung der Stickoxidemissionen, zusätzlicher Platz geschaffen werden. Und das geht nur, indem große Teile des Maschinendesigns verändert werden. Die Entwicklungskosten, so Weber, seien sehr hoch.

Was sich der Volvo-Manager, ähnlich wie Wirtgen-Geschäftsführer Hähn wünscht, ist eine „realistische Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen und daraus resultierende praxisgerechte Lösungen“. Die Relation müsse stimmen. Weber verweist darauf, dass von den Produkten, die auch Volvo anbiete, jährlich insgesamt nur etwa 30.000 neu auf den deutschen Markt kämen. Im Vergleich mit den Zulassungen neuer Autos und LKWs sei das eine verschwindend geringe Zahl. Entsprechend niedrig liege auch der Anteil von Baumaschinen an der gesamten Schadstoffbelastung.

Als 1998 europaweit mit der Einführung der Abgasstufe I begonnen wurde, reichten in den meisten Fällen verhältnismäßig geringfügige Veränderungen, überwiegend am Motor, aus, um die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten. Ähnlich, wenn auch mit zunehmenden Anforderungen vor allem an die Motorenhersteller, war es bei den Stufen II und III A. „Bisher haben sich die Maschinen bei der Einführung neuer Abgasstufen nicht verändert“, erläutert Udo Heukrodt, der bei der zu Volvo Construction Equipment gehörenden ABG Allgemeine Baumaschinen-Gesellschaft mbH für das weltweite Geschäft mit Straßenbaumaschinen zuständig ist.

Völlig anders sei die Situation jedoch bei der Stufe III B. „Wir brauchen einen ganz anderen und größeren Bauraum.“ Die Maschinen würden länger und hätten einen anderen Rahmen. „Im Prinzip“, so Heukrodt, „sind das komplett neue Maschinen“. Und deren Entwicklung koste viel Geld. Die Auswirkungen auf die Abnehmer versuche man so gering wie möglich zu halten. Preiserhöhungen seien jedoch unvermeidbar. Heukrodt: „Die Kunden wissen, was auf sie zukommt.“

Global-Player besonders betroffen

Udo Heukrodt
Udo Heukrodt

Von der neuen Abgasnorm besonders betroffen sind vor allem Produzenten wie Wirtgen, die ihre Produkte nicht nur in Europa und den USA, sondern auch in anderen Ländern verkaufen. Da dort die Regelungen nicht gelten, es den zum Betrieb der Maschinen nötigen schwefelarmen Dieselkraftstoff nicht gibt, und sicher auch niemand bereit ist, die höheren Preise zu zahlen, müssen sie in ihren Werken jetzt zwei Varianten ein und derselben Maschinen bauen. Eine für den europäischen und US-amerikanischen Markt und die andere für den Rest der Welt.

Dass das mit weiteren erheblichen Mehrkosten verbunden sei, sagt Joachim Schmid, der im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) als Geschäftsführer die Interessen der deutschen Bau- und Baustoffmaschinenhersteller vertritt, liege auf der Hand. Die Industrie habe erhebliche Lasten auf sich genommen und damit ihren Beitrag zum Erhalt der Umwelt geleistet.

Allerdings machten Emissionen vor den Grenzen nicht halt. Es gelte deshalb verstärkt, auch andere Nationen in die Gesetzgebung einzubeziehen. Außerdem gibt Schmid zu bedenken, dass ein beträchtlicher Teil der Maschinen in extrem kleinen Stückzahlen auf den Markt komme. Ob sich der Aufwand, gemessen am Nutzen in diesen Fällen immer lohne, daran habe er schon seine Zweifel.

Viele unterschiedliche Motorenvarianten

Was viele Unternehmen auch belastet, ist die Situation bei den Motorenherstellern. Zwar müssten die eigentlich schon seit Anfang dieses Jahres mit angepassten Aggregaten auf dem Markt sein. Das sei jedoch, wie Wirtgen-Geschäftsführer Hähn versichert, „bei fast allen Produzenten nicht der Fall“. Hintergrund ist die Vielzahl der unterschiedlichen Motorenvarianten, die es bei Bau- und Baustoffmaschinen gibt. Um in den vorgesehenen Bauraum zu passen, müssen sie auf praktisch jedes Modell speziell abgestimmt sein.

Und genau hier liegt das Dilemma. „Die meisten Hersteller“, sagt Hähn, „können uns die erforderlichen Aggregate in den jeweiligen Einbauvarianten noch nicht liefern“. In derartigen Fällen bleibt den betroffenen Unternehmen nichts anderes übrig, als von der Flexibilitätsregelung Gebrauch zu machen. Danach dürfen sie eine begrenzte Anzahl von Maschinen, die der bisherigen Abgasstufe entspricht, bis zur Einführung einer neuen Stufe auf dem Markt bringen. Für Hähn sind damit die Probleme allerdings noch nicht gelöst. Er fordert „eine bessere Zusammenarbeit mit den Motorenherstellen, damit derartige Verzögerungen in Zukunft vermieden werden“.

Stufe IV gilt ab 2014

Benedict Dunkelberg
Benedict Dunkelberg, Geschäftsführer der zur Mecalac-Gruppe gehörenden Ahlmann Baumaschinen GmbH

Mit der Einführung der Stufe III B ist das Thema Abgasgesetzgebung für die Bau- und Baustoffmaschinenindustrie jedoch noch lange nicht beendet. Schon ab 2014 soll, wieder zeitlich gestaffelt nach Motorleistung, die Stufe IV gelten. Die Veränderungen, die dafür nötig seien, so Benedict Dunkelberg, Geschäftsführer der zur Mecalac-Gruppe gehörenden Ahlmann Baumaschinen GmbH, seien jedoch weniger gravierend und teuer als bei der Stufe III B. Der Manager hält es für durchaus möglich, dass einige Unternehmen die Flexibilitätsregelung voll ausschöpfen und anschließend sofort Maschinen auf den Markt bringen, die den Anforderungen der Stufe IV entsprechen. Dunkelberg: „Wir werden die Herausforderungen meistern und unseren Kunden ein vernünftiges Produkt anbieten.“ Wie praktisch alle anderen Baumaschinenhersteller plädiert der Geschäftsführer für möglichst viel Flexibilität bei der Umsetzung der neuen Normen. Den Firmen müsse ausreichend Zeit für die Einführung der Maschinen zur Verfügung stehen.

Während die Hersteller noch alle Hände voll damit zu tun haben ihre Maschinen auf die Stufe III B umzurüsten, wird in Brüssel bereits über eine Stufe V diskutiert. Wann und ob sie kommen wird und wie lange die Stufe IV damit letztlich in Kraft bleibt, können jedoch weder die verantwortlichen Beamten noch Politiker sagen. Die Motorenhersteller, so Frank Diedrich, der in Brüssel die Interessen der Bau- und der ebenfalls von der Regelung betroffenen Landmaschinenhersteller im VDMA vertritt, fordern einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren. Wie lange es jedoch wirklich sein werde, wisse heute noch niemand. Diedrich: „Das war bei den bisherigen Stufen auch so.“ Die europäischen Bau- und Landmaschinenhersteller jedenfalls erteilen der Einführung weiterer Abgasstufen eine klare Absage. VDMA-Geschäftsführer Schmid: „Eine weitere Verschärfung der Gesetzgebung hält die Industrie weder aus umweltpolitischen noch aus volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten für sachdienlich.“

Sie möchten gerne weiterlesen?