Frau mit VR-Bedienung,

Die Maschinensteuerung wird sich in Zukunft stark verändern. Nicht nur Smart Devices kommen zum Einsatz, sondern auch VR-Brillen, Gesten- und Sprachsteuerungen. (Bild: © Sergey Nivens - Fotolia.com)

In der Industrie 4.0 sind flexible Komponenten wichtig. Wie flexibel ist man in der Maschinenbedienung?
Ich glaube, hier stellt sich nicht unbedingt die Frage nach Flexibilität. Bei der Maschinensteuerung geht es eher darum, die Bedienung komplexer Maschinen so einfach wie möglich zu gestalten. Die große Herausforderung ist es, die Komplexität für den Bediener zu reduzieren. Das bedeutet, man muss sich Gedanken machen, wie kritische Benutzereingriffe und die Userführung durch Software intelligent gemacht werden können.

Ulrich Huggenberger,
Ulrich Huggenberger, Geschäftsführer beim Software-Entwickler Xitaso. (Bild: Xitaso)

Ist die Smartphone-Bedienung beim Kunden auch ein Thema?
Im industriellen Umfeld muss zwischen Bedienung und Monitoring/Überwachung unterschieden werden. Beim Überwachen wird das Smartphone mittlerweile häufig eingesetzt. Das heißt, Bediener können von überall auf der Welt auf ihrem Smartphone den aktuellen Stand der Maschine abrufen, sehen, wie viele Teile produziert wurden und werden auch über Fehlermeldungen informiert.

Die Bedienung per Smartphone von zu Hause aus, ohne die entsprechende Sicherheitslage zu kennen, ist sehr komplex. Es muss sichergestellt sein, dass Maschinen nicht willkürlich gestoppt oder ungewollte Bewegungen ausgelöst werden. Da spielen Konzepte wie Single Point of Control eine Rolle. Das bedeutet, dass immer genau eine Person eine Maschine bedienen kann und das nur in Sichtweite zur Anlage. Mittlerweile gibt es Möglichkeiten, Tablets als Bedien-Clients einzusetzen. Diese sind fest in ein Gestell integriert, welches in Sichtweite zur Maschine montiert wird. Sicherheitsfunktionen wie ein Not-Aus können außen am Gestell angebracht werden. Dadurch ist die nötige Sicherheit gewähr­leistet.

Das heißt, Monitoring via Smartphone ist schon öfter im Feld, aber eine Maschinenbedienung per App ist eher noch Zukunftsmusik?
Das Monitoring ist schon öfter im Feld, aber die Bedienung findet wesentlich seltener statt. Hier muss immer überlegt werden, was genau bedient werden soll. Beispielsweise bei Optikern: Tablets dienen hier schon häufig als Bedienelement für Messgeräte.

Grund dafür ist vor allem, dass der Bediener sich zum einen in Reichweite zur Maschine befindet und so eine direkte Kommunikation mit dem Messgerät möglich ist. Zum anderen sind hier Sicherheitsfunktionen wie ein Not-Aus nicht notwendig, was die Komplexität erheblich reduziert.

Welche technischen Hindernisse gibt es für eine App-Bedienung von Maschinen?
Technologisch ist das kein Problem. Es müssen natürlich die nötigen Zugänge zum Netzwerk geöffnet werden. Dann kann über eine VPN-Verbindung mit der Anlage kommuniziert werden. Dabei muss die Sicherheit gewährleistet sein – sowohl für die Mitarbeiter als auch für das Netzwerk.

Sie müssen sich das so vorstellen: Von zu Hause aus kann nicht sichergestellt und ohne Weiteres überprüft werden, ob sich in der Fahrbahn des Roboters gerade ein Mitarbeiter befindet – dieser könnte ernsthaft in Gefahr geraten, wenn eine Bedienung über das Smartphone ohne Sichtweite zur Anlage möglich wäre.

Welche Chancen hat eine Überwachung von Maschinen?

Die Chancen für das Monitoring sind sehr groß. Immer Bescheid zu wissen, ob die Produktion funktioniert, ob es gerade Probleme auf gewissen Anlagen gibt oder nicht und diese Information nahezu in Echtzeit über das Smartphone abzurufen, bietet produzierenden Unternehmen natürlich große Vorteile. Deshalb steigt die Nachfrage nach solchen Lösungen stetig.

In Unternehmen werden viele Daten gesammelt. Daraus einen Nutzen zu ziehen ist nicht einfach. Wie viele Unternehmen können heute ihre Daten sinnvoll analysieren?

Zunächst müssen die Daten gesammelt und zentral, etwa in der Cloud, gespeichert werden. Das ist noch nicht allzu lange möglich. Entscheidend hierfür war die deutliche Verbesserung der Konnektivität mit dem Internet. Heute können, dank des Technologiesprungs, Daten von einer Anlage schnell und sicher in die Cloud geschoben werden. Hier wird es dann spannend. Man verfügt über einen riesigen Berg an gesammelten Daten, bekannt als Big Data, kann aber mit den darin enthaltenen Informationen erst einmal nichts anfangen.

Das bedeutet: Aus Big Data muss Smart Data werden. Also müssen die Daten bewertet, mit weiteren Informationen angereichert und in Relation zueinander gesetzt werden. Erst dann ist es möglich, Rückschlüsse zu ziehen. Da sind viele Firmen momentan wirklich noch am Anfang. Meistens sind es die ganz großen Unternehmen, die hier bereits investieren.

Im Mittelstand wird momentan fleißig gesammelt – und erst dann wird sich die Frage gestellt: Was machen wir eigentlich damit? Bei der Beantwortung dieser Frage können wir vor allem unsere mittelständischen Kunden unterstützen. Neue Errungenschaften wie die künstliche Intelligenz und lernende Systeme sorgen zunehmend dafür, dass weitere Potenziale ausgeschöpft werden können – damit aus Big Data endlich Smart Data wird.

Sie haben gerade die künstliche Intelligenz angesprochen. Wie wird sich diese in der Industrie entwickeln?

Bei der Künstlichen Intelligenz lernt die Maschine selbstständig wie ein Ausfall gewisser Komponenten oder Teile kompensiert werden kann. Ein weiteres Szenario wäre, dass die Maschine einen gelernten Prozess mit aktuellen Parametern und Variablen vergleicht. Bemerkt die Maschine dann beispielsweise einen besonders hohen Verschleiß werden aufgrund der gesammelten Daten die Prozessparameter dynamisch angepasst und so der Verschleiß verringert.

Wäre dann der Mensch irgendwann unnötig? Wenn die Maschine selber lernt und Prozesse einleitet…

Ich bin mir sicher, dass der Mensch andere, anspruchsvollere Aufgaben übernehmen muss. Das soll aber nicht heißen, dass der Mensch überflüssig wird. Aber seine Tätigkeiten werden sich verlagern.

Wie wird sich die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine weiterentwickeln?

Mensch und Maschine wachsen immer mehr zusammen zu einer Mensch-Roboter-Kollaboration. Das heißt, Mensch und Maschine arbeiten Hand in Hand und sind nicht mehr durch Schutzzäune oder ähnliches voneinander getrennt. Es ist wichtig zu analysieren welche Aufgaben eine Maschine ausführen sollte, um Menschen zu entlasten – also zu entscheiden: Wo bringt die Maschine einen echten Mehrwert? Und welche Tätigkeiten müssen oder sollen von Menschen bewältigt werden? Diese Mensch-Maschine-Interaktion wird in den nächsten Jahren sicherlich noch massiv forciert werden.

Wie könnte sich die Kommunikation mit dem Bediener entwickeln? Möglicherweise in Richtung Gestensteuerung oder Sprachsteuerung?

Sie sehen solche Bediensysteme bereits bei den großen Digitalanbietern wie Google, Apple oder Microsoft. Alle verfügen über eine eigene Sprachsteuerung, die immer besser wird und heute beispielsweise in Autos gut funktioniert. Auch Amazon hat mittlerweile ein smartes Device, bei dem die Bestellung über eine Sprachsteuerung funktioniert. Das sind Beispiele aus dem Consumer Bereich, die Sie meiner Meinung nach bald auch im industriellen Bereich wiederfinden werden.

Ein weiteres Beispiel ist Microsoft, die aktuell viel Zeit und Geld in die Entwicklung der HoloLens investieren. Die HoloLens ist eine Brille, die die reale und virtuelle Welt verbindet. Hier erfolgt die Bedienung mittels Gesten und Sprache.

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