Richard Persson, Manager Global Produktmarketing bei Beijer Electronics,
„In Zukunft werden Human Machine Interfaces im Fokus der Maschinenbedienung stehen. Tablets übernehmen dabei eine Überwachungsfunktion.“ Richard Persson, Beijer Electronics. (Bild: Beijer Electronics)

Eine wichtige Rolle beim Bedienen von Maschinen ist auch das Thema Sicherheit. Eine Taste auf dem Smartphone ist schnell gedrückt, eine Taste auf dem Touchfeld einer Maschine auch – mit weitaus verheerenderen Folgen. „Ein Lösungsansatz ist hier die Zweihandbedienung. Wichtige Werte können nur dann per Schiebe- oder Drehregler verändert werden, wenn gleichzeitig eine Freigabetaste betätigt ist“, erklärt Bauer. Die beste Lösung wäre es jedoch, wenn es eine fein abgestimmte Userverwaltung gäbe. Hier wären die Bedienrechte an den User angepasst. „In dieser Userverwaltung ist auch hinterlegt, welche Bedienelemente für welchen User sichtbar sind. Auf diese Weise wird die Bedienung viel übersichtlicher und einfacher zu benutzen“, erklärt Bauer weiter.

Neben der alltäglichen Bedienung von Smartphone, Tablet und Maschine mit Touchoberflächen gibt es in der Consumer-Elektronik auch den Trend der Gestensteuerung. Eine Möglichkeit für die Maschinenbedienung? „Die Maschinenbediener sind längst durch den Umgang mit Smartphones und Tablets an den Nutzen von Gesten gewohnt“, so Fabio Innocenti von Beckhoff.

Richard Persson, Manager Global Produktmarketing bei Beijer Electronics, schätzt die Vorteile der Gestensteuerung: So sei einfachere Navigation und das Zoomen auf kleineren Panels möglich. Auch Martin Bauer von Omron kennt die Vorteile: „Gesten bieten die Option, wiederkehrende Befehle zu benutzen, ohne die Oberfläche mit Bedienelementen zu belegen. Andererseits müssen die Gesten aber erlernt und mehr oder weniger präzise ausgeführt werden.“ Auch bei der Frage der Sicherheit sieht Beijer-Mann Persson Schwierigkeiten. Deshalb wird nach seiner Einschätzung die Gestensteuerung noch mindestens zwei bis vier Jahre auf sich warten lassen.

Sprachensteuerung möglich

Auch eine Sprachensteuerung sieht Innocenti in der Maschinenfabrik der Zukunft. „In einer Technologiestudie konnte neben der Bedienung über ein Touchpad die Sprachsteuerung einer Datenbrille genutzt werden, um Zusatzinformationen bei Bedarf direkt über ein Head-up-Display einzublenden.“ So könne die Sprachsteuerung über eine Datenbrille die klassische Mensch-Maschine-Kommunikation erweitern. Für die meisten Anwendungen sei die Sprachensteuerungen aufgrund der Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel zu großer Lärm, aber schwer umzusetzen.

In Zukunft kommt es jedoch nicht nur auf die Vielfalt der Hardware und Steuerungsmöglichkeiten an, sondern auch die Software wird hier eine bedeutendere Rolle spielen. Denn das Integrieren von Multitouch und Gestensteuerung in vorhandene HMIs ist für viele mittelständische Unternehmen sehr aufwendig. „Hilfreich sind hier Third-party-HMI-Softwareprogramme“, sagt Innocenti.

Da jeder Kunde andere Wünsche und Vorlieben hat, wird es künftig wohl alle Varianten der Maschinenbedienung geben. Steuerungen mit integriertem Display genauso wie abgesetzte Monitore oder klassische Lösungen mit zwei getrennten intelligenten Geräten für Steuerung und HMI. „Das hängt aber von der jeweiligen Performance, der benötigten Skalierbarkeit der Geräte, aber auch von den Vorlieben der Maschinenentwickler ab“, erklärt Bauer.

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André Zeidler, Leiter Produktmarketing bei Gett Gerätetechnik,
„Dort, wo zum Beispiel größere Mengen an Text eingegeben werden müssen, kommt die Dateneingabe per Bildschirm an ihre Grenzen.“ André Zeidler, Gett Gerätetechnik. (Bild: Gett)

Vier Fragen an André Zeidler, Gett Gerätetechnik

Wie hat sich die Maschinenbedienung in den vergangenen Jahren entwickelt?

Wir können unter anderem als Systemlieferant von Siemens die entsprechenden Entwicklungen für uns gut einschätzen. Grundsätzlich hat sich vor sechs bis sieben Jahren ein Trend etabliert, der die Touchscreen-Technologie auf kapazitiver Basis in den Mittelpunkt stellt. Die Bedienelemente werden dabei in der Regel Software gestützt am Monitor dargestellt. Wir sehen das relativiert. Denn nach wie vor ist es so, dass HMI-Bedienpanels sowohl mit einem Touchscreen – also Dateneingabe und Ausgabe über den Monitor – als auch mit einem Dateneingabegerät klassischer Art versehen sind; also eine abgesetzte Tastatur oder auch eine ergänzende Tastenleiste. Das Ganze wird unter anderem vom Fraunhofer Institut gestützt, das herausgefunden hat, dass je ein separiertes Beobachtungs- und Bedienungselement nach wie vor der Bedienerpräferenz entspricht. Neben reinen Touchpanels bieten wir daher immer auch die Option, ein in sich eigenständiges oder kapazitatives Bediengerät in Form einer Tastatur oder Tastenleisten einzubinden.

In der Produktion sind Handschuhe allgegenwärtig. Allerdings sind Touch-Panels nicht mit Handschuhen bedienbar. Bieten Sie hier schon eine Lösung an?

Wir bieten hier wie andere auch keine Master-Lösungen an. Es gibt im Moment den Ansatzpunkt, dass die meisten ausgelieferten Touchpanels von uns mengenmäßig noch auf resistiver Basis laufen. Das ist nach wie vor der Standard in der Industrie, weil eben dort die Bedienung mit Handschuhen nahezu uneingeschränkt möglich ist. Letztendlich ist ein resistiver Touchscreen nichts anderes als eine Tastatur, die auf Druck reagiert. Projiziert kapazitative Touchscreens werden immer mehr angefragt, aber die Conversion-Rate, die tatsächliche Bereitschaft, das dann wirklich in die Maschine zu intergieren, ist noch immer in der Frühphase. Wir gehen davon aus, dass der Ansatzpunkt folgender sein wird: Wenn in fünf bis zehn Jahren die Leute an der Maschine stehen, die ganz natürlich mit der Touchbedienung aufwachsen, dann wird es auch entsprechende Handschuhe geben. Die Annäherung an die Technologie wird eher über das Medium Handschuhe, die eventuell vereinheitlicht und standardisiert werden, kommen. Das liegt ganz einfach in der Technologie begründet, dass eben die Kapazitivität auf ein bestimmtes Medium speziell eingestellt werden muss. Insofern glauben wir, dass ein bestimmter Handschuh mit Eigenschaften kommen wird, um dieses System bedienen zu können.

Ein anderer Entwicklungstrend ist die Möglichkeit resistive Touches multitouchfähig zu machen und mit den entsprechenden Gesten-Vorräten auszustatten. Insofern sind wir auf beiden Ebenen vertreten; dass heißt, wir beobachten aus einer gewissen Distanz, wie weit sich die ganze Handschuh-Thematik entwickelt. Im Bereich resistive Touchscreens mit Multifunktionalität sind wir bereits dabei.

Wird sich die Bedienung auch in Richtung der Gestensteuerung entwickeln?

Ich denke, das bleibt nicht aus. Die Gestensteuerung kommt von der Consumer-Elektronik. Dadurch muss sich auch die Usability im Bereich der Maschinenbedienung diesen neuen Trends angleichen. Insofern denke ich, dass im Bereich der Gestenbedienung sowohl auf der Hardware- als auch der Softwareebene in den nächsten Jahren sehr viel passieren wird. Dabei kommen sicher auch resistive und nicht nur projiziert-kapazitative Techniken zum Einsatz.

Wann kommt die Gestensteuerung in die Maschinen?

Die technischen Möglichkeiten sind derzeit weit stärker präsent als die reale Bereitschaft, diese im Maschinen- und Gerätebau einzusetzen. Deswegen glauben wir, dass die nutzergesteuerte Software sich auf diese Möglichkeiten erst einrichten muss. Denn hier wird auf der Anforderungsseite oftmals noch gar nicht so stark auf Gestenbedienung à la Smartphone abgestellt. Das wird sich aber in den nächsten fünf Jahren ändern.

Multitouchbedienung von morgen: Zenon von Copa-Data im VerVieVas-Erklärvideo

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