Roboter auf der Hannover Messe 2015: Die Neuen 1

Industrieroboter. Sie fristen ein recht einsames Dasein neben ihren menschlichen Kollegen. Keiner darf ihnen zu nah kommen, solange sie sich bewegen. Zu diesem Zweck wurden sie bisher eingezäunt und mit Lichtschranken gesichert. Menschliche Kollegen sind so umfassend vor dem Roboter geschützt. Der Nachteil: die Produktion ist nicht sehr flexibel. Und gerade das steht den Grundsätzen der Fabrik der Zukunft entgegen. Kleine Losgrößen sollen seriell hergestellt werden, Produktionslinien schnell und einfach umgebaut werden können.

Die Roboter der Hannover Messe 2015 im ke-NEXT-Messecheck

Keine leichte Aufgabe, wenn Roboter feststehende Aufbauten bewohnen. Eine erste – und recht simple Maßnahme – um die psychologische Grenze zwischen Mensch und Roboter zumindest zum Bröckeln zu bringen, sind Farbänderungen. ABB produziert seine vormals orangen Roboter nun in Weiß. Sollte das Orange bei früheren Entwicklungen den Menschen tatsächlich daran erinnern, dass er es hier mit einem starken Gerät zu tun hat, das ihm Schaden zufügen kann, benutzt das Unternehmen nun eine Farbe namens Graphite White. Die Menschen sollen sich nicht mehr vor den Robotern in Acht nehmen, sondern mit ihnen zusammenarbeiten. Die Ausstattung mit neuer Soft- und Hardware, mehr Sensoren und die Leichtbauweise bei vielen Modellen machen es möglich.

Bei Fanuc ist es der Farbwechsel von Gelb zu Grün, mit dem sich der Roboterhersteller auf den Weg in die neue Ära der kollaborativen Robotik macht. Es solle keine Dark Factories, sondern viel mehr Smart Factories geben, betont Stefan Lampa, der neue CEO bei Kuka Robotics. Damit spielt er auf das Szenario an, bei denen in Fabrikhallen das Licht ausbleibt, da Roboter hier alleine arbeiten – ohne Menschen, ohne Licht, ohne Klimatisierung. Bei Fanuc in Japan produzieren Roboter bereits seit 2001 Roboter. Sie machen das vollkommen autonom: 50 Stück alle 24 Stunden, 30 Tage durchgehend ohne Wartung.

Die Zukunft soll anders aussehen: Der Roboter soll zum Kollegen des Menschen werden. Jeder soll in Zukunft die Aufgaben ausführen, die er am besten beherrscht. Im Idealfall entlastet der Roboter beim Heben schwerer Teile und monotonen Aufgaben.

Die Top 3 der Robotervorstellungen auf der Hannover Messe 2015

Yumi von ABBYumi von ABB
Der Zweiarmroboter besteht aus einem festen und zugleich leichten Magnesiumkorpus mit einem Kunststoffgehäuse und einer weichen Trägerpolsterung, um Stöße zu absorbieren. Auf die Waage bringt er 38 Kilogramm Gewicht, handeln kann er Traglasten bis 500 Gramm und eignet sich somit für die Kleinteilmontage. Registriert der Roboter einen unerwarteten Kontakt, beispielsweise einen Zusammenstoß mit dem menschlichen Kollegen, ist er in der Lage, innerhalb von Millisekunden seine Bewegung zu stoppen. Der Zweiarm-Roboter ist mit einem Visionsystem, Greifhänden, Force Control-Sensorik, einer leistungsstarken Robotersteuerung sowie der Lead-Through-Programming-Technologie, die Programmierzeiten verkürzt, ausgestattet.

LBR iiwa von KukaLBR iiwa von Kuka
LBR steht für Leichtbauroboter, iiwa für intelligent industrial work assistant. Nach Angaben des Unternehmens ist er der erste Roboter mit sicherer Momentensensorik in jeder seiner sieben Achsen. Die Leichtbauroboter gibt es in einer Sieben-Kilogramm- und einer Vierzehn-Kilogramm-Traglast-Ausführung. Ersterer wiegt 23,9 Kilogramm und hat eine maximale Reichweite von 800 Millimetern (Arbeitsraumvolumen 1,7 Kubikmeter). Das Modell für höhere Traglasten bringt es auf 29,9 Kilogramm und eine Reichweite von 820 Millimetern (Arbeitsraumvolumen 1,8 Kubikmeter). Bei der Steuerung handelt es sich um die Java-basierte Steuerung Sunrise.

CR-35iA von FanucCR-35iA von Fanuc
Wo allgemein bei fünf bis zehn Kilogramm Schluss ist, geht der japanische Roboterhersteller einige Schritte weiter. Bei einer Traglast von 35 Kilogramm kann der kollaborative CR-35iA für Aufgaben wie die Ersatzreifen-Montage und das Be- und Entladen von Maschinen genutzt werden. Der Sechs-Achs-Roboter wiegt 990 Kilogramm und hat eine Reichweite von 1813 Millimetern. Angetrieben wird er von einem elektrischen Servoantrieb mit Wechselstrom-Servomotor.

Serviceroboter: Helfer der demographischen Entwicklung

Mehr als ein halbes Jahrhundert kommen Roboter nun schon in der Industrie zum Einsatz. Vieles spricht dafür, dass nun die Zeit reif ist für das halbe Jahrhundert der Servicerobotik – Roboter die als Helfer langsam auch Teil unseres Alltags werden. Kuka spricht bereits von einer heranwachsenden „Generation R“, einer Generation, die mit Robotern als alltägliche Begleiter aufwächst. Sie sollen als Robotic Natives auf die Digital Natives von heute folgen. Diesen Trend befördert – und das vor allem in Deutschland – der demographische Wandel. Eine alternde Gesellschaft braucht in immer mehr Lebensbereichen Unterstützung.
Noch ist der Markt der Service- und Assistenzrobotik recht klein: 2012 lag der Umsatz bei gerade einmal 2,9 Milliarden Euro weltweit. Er wächst jedoch beachtlich schnell. Seit 2003 sind die Einsatzzahlen von Servicerobotern im Schnitt um mehr als 20 Prozent jährlich gestiegen.
Ein Faktor, der den Markt beflügelt, ist, dass aus Forschungsprojekten nach und nach einsatzfähige und kommerziell vermarktbare Roboter werden. Das Fraunhofer IPA beispielsweise entwickelt seit einigen Jahren Serviceroboter für Haushalte, Hotels, Pflegeheime oder Krankenhäuser.

Seit 1998 gehört hierzu auch der sogenannte Care-O-bot, ein Gemeinschaftsprojekt mit Schunk. Standen bisher die Entwicklungen technologischer Grundlagen im Vordergrund, ist nun mit der vierten Generation des Serviceroboters ein Schritt in Richtung Kommerzialisierung gelungen. „Die vierte Care-O-bot-Generation ist nicht nur agiler, vielseitiger und charmanter als die Vorgänger, sondern zeichnet sich auch durch den Einsatz kostendämpfender Konstruktionsprinzipien aus“, erklärt Projektleiter Ulrich Reiser, Gruppenleiter am Fraunhofer IPA. So besteht ein Großteil des inneren Aufbaus aus Blechfaltkonstruktionen, die bereits bei geringen Stückzahlen kostengünstig zu fertigen sind.

Mit seiner schlanken Gestalt, den beiden seitlich angebrachten Armen und einer Art Kopf erinnert der Roboter an einen Menschen. Ein zu menschliches Aussehen war allerdings nicht erwünscht, weil das beim Nutzer „falsche Erwartungen wecken würde“, so Ulrich Reiser. Menschlich sind nur seine inneren Werte: So hält er stets dezent Abstand, macht deutlich, was er verstanden hat und was er vorhat, beherrscht einfache Gesten und kann sogar Gefühle zeigen. Soziale Umgangsformen, das haben Untersuchungen gezeigt, sind unabdingbar für die Akzeptanz zukünftiger Nutzer.

Care-o-bot 4 von Schunk

Konstruktionsmerkmale des Roboters

Die Arme: Ein modulares Konzept erlaubt diverse Konfigurationen. Beispielsweise kann man einen oder gar beide Arme weglassen. Als Armgelenke werden standardisierte Powerball-ERB-Module eingesetzt, die sich aufgrund ihrer kompakten Kugelform leicht integrieren lassen. Die komplette Steuer- und Regelelektronik ist bei diesen Komponenten bereits in die Gelenkantriebe integriert. Position, Geschwindigkeit und Drehmoment sind flexibel regelbar. Dank integrierter Intelligenz, universellen Kommunikationsschnittstellen und Kabeltechnik für Datenübertragung und Spannungsversorgung können sie als einzelne Module oder komplett vorkonfiguriert als Powerball-Lightweight-Arm schnell in den Care-O-bot 4, eingebunden werden. Mit der 24-Volt-DC-Versorgung ist es möglich, die Module auch unabhängig vom Stromnetz ortsveränderlich oder sogar komplett mobil per Akku zu betreiben. Konsequenter Leichtbau und Torquemotoren gewährleisten einen geringen Energieverbrauch.

Interaktionsmöglichkeiten: Nutzer sind nur dann bereit, sich von einem Roboter helfen zu lassen, wenn sie damit problemlos umgehen können. Über eine leicht zugängliche Interaktionsfläche am Kopf kann der Roboter sowohl im Sitzen als auch im Stehen intuitiv bedient werden. In Kontakt treten kann man mit ihm auch durch Worte oder Gesten – Kameras sowie Mikrofone dienen zur Sprach-, Personen- und Gestenerkennung. Dabei gibt er durch Gesten wie Nicken oder Kopfschütteln klar zu verstehen, ob er die Botschaft verstanden hat. Auch Lichteffekte und ein Laserpointer in seiner Hand dienen dem Informationsaustausch.

 

Roboter in der Industrie – Die ersten ihrer Art

Unimate: Wenn es um den Einsatz neuer Technologien in der Produktion geht, gehört die Automobilindustrie häufig zu den Early Adoptern. So auch 1961, als der Unimate-Industrieroboter als erster seiner Art seine Arbeit bei General Motors aufgenommen hat. Zu seinen Aufgaben gehörte das Entnehmen und Schweißen von Druckgussteilen für Kfz-Karosserien – Aufgaben, die wegen möglicherweise austretenden Gasen ein Gesundheitsrisiko für Menschen darstellen. Der Roboter verfügte bereits über eine numerische Steuerung, technische Weiterentwicklungen über die folgenden Jahrzehnte haben ihn zu einem programmierbaren Hochgeschwindigkeitsroboter werden lassen.

Famulus: Die ersten Industrieroboter wurden hydraulisch angetrieben. Das sollte sich 1973 mit der Markteinführung des Famulus von Kuka ändern. Er war der weltweit erste Industrieroboter mit sechs elektromechanisch angetriebenen Achsen.

IRB 6: 1974 zog das Unternehmen Asea, das heutige ABB, bereits mit seinem ersten Industrieroboter nach. Der IBR 6 ist zu diesem Zeitpunkt der weltweit erste Mikroprozessor-gesteuerte und vollständig elektrisch angetriebene Industrieroboter.

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