Dr. C. Thomas Simmons,

Dr. C. Thomas Simmons ist Geschäftsführer des AMA Verbands für Sensorik und Messtechnik. (Bild: AMA Verband)

Herr Dr. Simmons, der AMA-Verband vertritt die Interessen der Sensoriker und Messtechniker. Durch die Digitalisierung werden Sensoren immer intelligenter. Müssen Sie sich also umbenennen in den Verband für intelligente Sensoren?

Nun, die Grenzen zwischen Sensorik und Messtechnik verschwimmen in der Tat. Früher war ein Sensor das eingepackte Sensorelement mit einer analogen Verstärkung, zum Beispiel mit vier bis 20 mA. Alles andere an Signalverarbeitung fand dann außerhalb in einem Gehäuse statt. Mittlerweile erobert aber der Mikroprozessor die Sensoren. Deshalb finden wir sehr viele Sensoren, die diese Signalverarbeitung schon in sich integrieren. Es gibt aber weiterhin noch beides. Übrigens haben wir da bei unseren Mitgliedern einen Trend beobachten können. Anfangs meinten viele, sie bieten Sensorik oder Messtechnik an. Der Anteil der Anbieter, die beides machen, steigt jedoch kontinuierlich. Das kann man auch an der Messe Sensor und Test beobachten. Bis vor einem Jahr waren Sensorik und Messtechnik in verschiedenen Bereichen der Messe angesiedelt. Das ist jetzt völlig gemischt. Laut unseren Umfragen sind damit sowohl die Aussteller als auch die Besucher sehr zufrieden.

Autonome Autos, intelligente Fabriken und humanoide Roboter: Science-Fiction ist auf dem Weg zur Realität und die Sensoren darin sind überall. Wie geben diese Technologien denn Impulse für Innovationen in der Sensor- und Messtechnik?

Es ist so, die Sensoren sind überall. Wir sehen, dass die Verwendung der Sensorik und Messtechnik immer weiter um sich greift. Daraus entsteht noch viel mehr Innovation bei den Anwendungen, was wiederum die Fantasie der Entwickler und der Anwender weckt. Das Neue ist, dass die Sensoren, die ursprünglich nur eine Größe gemessen haben, nun indirekt andere Größen messen. Ein Beispiel aus der Landwirtschaft: Vor einigen Jahren gab es beim AMA-Innovationspreis einen Preisträger, der Drucksensoren verwendet. Diese Sensoren nutzte er, um den Bewässerungsgrad einer Pflanze zu messen. Dafür wird Kraft auf das Blatt ausgeübt. Der Sensor misst die Reaktion der Blätter, während die Pflanze das Wasser aufnimmt und kann so sagen, wann die Pflanze genug Wasser bekommen hat. Die Innovation kommt hier aus der Anwendung. Der Witz dabei: Was ursprünglich ein Drucksensor war, wurde plötzlich ein System zur Bewässerungssteuerung.

Mit dem Anschluss des Sensors ist es für Maschinen- und Anlagenbauer nicht getan. Worauf kommt es an, damit der Maschinenbau intelligenter wird? Wo stehen Ihre Mitglieder hier aktuell?

Das beobachten wir schon lange. Wichtig ist, dass der Anwender zunächst versteht, wie der Sensor funktioniert und was er überwachen soll. Zugleich gilt es die Anlagen zu verstehen, in denen der Sensor eingesetzt wird. Dafür ist eine enge Absprache zwischen dem Ingenieur auf der Sensorseite und dem auf der Anwenderseite notwendig. Sonst versteht der Anwender den Sensor nicht und der Sensoranbieter nicht die Anwendung. Außerdem braucht es Algorithmen, um Systemwissen in die Signale und in die Information zu bringen. Deshalb geht es hier darum, ein umfassendes Verständnis zu entwickeln. Vom Verständnis des Sensorprinzips über die Signalverarbeitung, die genaue Anwendung bis hin zum richtigen Algorithmus, damit am Schluss eine intelligente Lösung entsteht. Dafür kommt es auf eine starke Kooperation an, und auf immer mehr Programmierung.

„Wir sehen, dass die Verwendung von Sensorik und Messtechnik um sich greift. Neu ist, dass die Sensoren, die bisher eine Größe gemessen haben, nun indirekt andere Größen messen.“

Dr. Simmons, AMA-Verband

Mehr Programmierung und Vernetzung wirft die Frage nach neuen Geschäftsmodellen auf. Was tut sich da in der Sensor- und Messtechnik? Gibt es heute schon Vorreiter?

Um die Geschäftsmodelle ringen wir alle noch. Da herrscht ganz große Unsicherheit. Die Technologie ist auch noch nicht ganz so weit. Wenn man zum Beispiel Datenströme mit Geldströmen verbinden will, fehlt es noch. Beim Thema Blockchain-Technologien beispielsweise wird derzeit überlegt, was möglich wäre. Umsetzbare Prozesse sind da aber in weiten Teilen noch nicht erreicht. Aber es gibt natürlich schon Geschäftsmodelle, die beispielsweise das Thema Sensor-as-a-Service aufgreifen. Eines unserer Mitglieder betreibt beispielsweise als Messwertanbieter die eigenen Sensoren und verkauft nur noch die zuvor definierten und vereinbarten Messdaten. Außerdem hat die Dienstleistung des Maintenance und der Maschinenüberwachung sicher Zukunft. Beispielweise in der Wartung bei Windkraftanlagen. Will man die Wartung der Windkraftanlagen optimieren, muss man dafür die Maschinen überwachen. Solche Konzepte sehen wir heute schon auf den Messen. Wird beispielsweise das Schmiermittel auf Schmutzpartikel kontinuierlich beobachtet, kann der Betreiber bei Erreichen eines Grenzwerts das Mittel austauschen. Instandhaltung näher am Bedarf ist so möglich. Man rückt weg von irgendwelchen pauschalen Wartungsintervallen nach Kalender.

Viele Ingenieure träumen von einfachen Plug&Play-Schnittstellen, wie man sie im Officebereich mit der USB-Schnittstelle längst hat. Welche Entwicklungen sehen Sie hier?
Das wäre natürlich was. Wobei Plug&Play im Maschinenbau nicht so weit gehen wird, wie man sich das vielleicht so vorstellt. Die technische Einbindung des Sensors sollte natürlich möglichst einfach sein. Dass der jeweilige Feldbus sofort verstanden wird beispielsweise. Aber der Sensor, also das Verständnis des Sensors und das Verständnis der Anwendung, die müssen beide in das Gerät rein. Das kann man durch ein automatisches Plug&Play von alleine und mit Sensoren von der Stange nur in ganz wenigen Standardfällen machen. Sobald das eine Spezialmaschine ist, wird es das nicht geben.

Wenn die Sensoren nun immer mehr Daten schöpfen, verarbeiten und weiterleiten wird Datensicherheit zu einem neuralgischen Punkt. Wie sicher ist die drahtlose Übertragung von Daten aus den Geräten?
Die drahtlose Übertragung der Daten ist so eine Sache. Da ist die Zuverlässigkeit oder die Echtzeitfähigkeit nicht so sicher. Daher wird die Technik eher für die Überwachung von Anlagen eingesetzt als für die Steuerung, weil diese weniger zeitkritisch ist. Es gibt ein paar Fälle, bei denen die Steuerung dabei ist. Dann geht es aber um sehr kurze Distanzen. Zum Beispiel bei einer drehenden Welle. Dort wird dann nur über Millimeter oder Zentimeter zur nächsten Station übertragen. Wenn ein Sensor dann autonom arbeiten soll, hat er oft einen sehr leistungsarmen Mikroprozessor, um Energie zu sparen. Dadurch ist die Verschlüsselung nur rudimentär gegeben. Ein Problem, das es zu lösen gilt. Denn wir müssen sicherstellen, dass hier keine Daten ausgelesen oder verändert werden können. Da sind wir noch nicht da, wo wir gerne wären. hei

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