Anlauf Igus,

(Bild: Igus)

Die Additive Fertigung kommt wie gerufen für das Industrie-4.0-Zeitalter, in dem die individuelle Massenfertigung immer wichtiger wird. 3D-Druck ist im Grund ein alter Hut. Schon vor gut einem Vierteljahrhundert hat der Autobauer BMW die additive Fertigung genutzt, um Sonderbauteile für Rennwagen herzustellen. Abseits dieser Pionieranwendungen, die oftmals Millionen Euro teuer waren, hat die Technologie allerdings ein stiefmütterliches Dasein gefristet, für den Mittelstand außerhalb der Reichweite. Doch das hat sich seit dem 3D-Druck-Hype der 2010er-Jahre geändert. Plötzlich haben erste Privatpersonen 3D-Drucker gekauft und damit kleine Gegenstände hergestellt, beispielsweise Schlüsselanhänger bunte Trillerpfeifen für den Nachwuchs.

Unternehmen, Universitäten und Hochschulen haben sich gefragt: Lässt sich die Technik nicht auch so modifizieren, dass der Mittelstand damit Kleinserien und Prototypen schnell und kostengünstig fertigen kann? Die Antwort lautet ja, nach einiger Zeit der Forschungsarbeit. 2018 ist der 3D-Druck in fast allen Branchen angekommen. Schuhmacher fertigen individuelle Einlegesohlen, Caterer drucken ein Abbild des Brautpaars als Dekoration für die Hochzeitstorte, Zahnärzte Gebisskorrekturschienen. Als Druckmaterial kommen Kunststoffe, Titan, Gold, Messing, Kupfer und viele weitere Materialien zum Einsatz.

Die Hälfte der deutschen Maschinenbauer nutzt 3D-Drucker

3D-Druckservice,
Der 3D-Druckservice von Igus lässt sich online konfigurieren, inklusive Materialauswahl und Lebensdauerberechnung. (Bild: Igus)

Der 3D-Druck gewinnt auch im Maschinenbau an Bedeutung. Knapp 50 Prozent der deutschen Firmen nutzen mittlerweile 3D-gedruckte Bauteile, zeigt eine Umfrage des VDMA. Rund die Hälfte der Betriebe verwenden dabei Kunststoff als Druckmaterial, 25 Prozent Metall, weitere 25 Prozent beide Rohstoffe parallel. Und was lassen die Unternehmen mit dem 3D-Druck herstellen? Jeder zweite Befragte hat angegeben, die additive Fertigung für das sogenannte Rapid Prototyping zu nutzen. Das schnelle Herstellen von Prototypen verkürzt die Dauer bis zur Produktreife. Die andere Hälfte druckt Kleinserien, Werkzeuge und Ersatzteile. Der 3D-Druck scheint sich also zu einer ernstzunehmenden Fertigungstechnologie zu entwickeln. Denn klassische Fertigungstechnologien wie der Spritzguss drohen an ihre Grenzen zu stoßen: Die Herstellung von Spritzgusswerkzeugen ist mit Kosten und Zeitaufwand verbunden ist, der sich für Kleinserien kaum rentiert.

3D-Drucker stellen Unikate oder Kleinserien von Sonderbauteilen – etwa Zahnräder, Verschleißteile und Greifer – in wenigen Stunden her, ganz ohne Werkzeuge. Die Geräte brauchen dafür lediglich eine CAD-Datei mit dem digitalen Bauplan des Produkts. Werkzeug-, Rüst- und Lagerungskosten entfallen. Ein Beweis für die Einsparungsmöglichkeiten liefern 3D-gedruckte Zahnräder des Kölner Motion-Plastics-Spezialisten Igus. Das Unternehmen ist seit 1964 auf die Herstellung von Kunststoffteilen für die Industrie spezialisiert, nutzt dafür seit jeher das Spritzgussverfahren. Seit 2014 stehen in den Kölner Werkhallen allerdings auch 3D-Drucker. Kunden können die reibungs- und verschleißfreien Hochleistungskunststoffe in der additiven Fertigung nutzen und so schmier- und wartungsfreie Unikate und Kleinserien schnell und kostengünstig drucken lassen. Dabei hat der Konstrukteur ein hohes Maß an Freiheit im Design und spart auch noch Kosten und Zeit.

Die Verfahren: SLS vs. FDM

Druckerpark,
Aus dem Druckerpark von Igus kommen mittlerweile eine ganze Reihe unterschiedlicher Komponenten. Allen gemein: Die Werkstoffe sind reibungs- und verschleißoptimierte Tribopolymere. (Bild: Igus)

Auf dem Markt existieren verschiedene 3D-Drucktechnologien. Zu den bekanntesten zählen das selektive Lasersintern (SLS) und das Fused Deposition Modelling (FDM), auch bekannt als Schmelzschichtverfahren. Beim FDM schmilzt der 3D-Drucker Filament, einen thermoplastischen Kunststoff, der auf einer Spule aufgewickelt ist. Die Schmelze fließt anschließend durch die Düse eines beweglichen Druckkopfes, des sogenannten Hotend. Sobald der Kunststoff diesen verlässt erstarrt er. Schicht für Schicht entsteht das gewünschte Objekt. Professionelle FDM-Drucker kosten wenige tausend Euro, sodass sie bei immer mehr Unternehmen zum Anlagenbestand zählen. Wesentlich teurer sind hingegen SLS-Drucker, deren Kosten im unteren sechsstelligen Bereich liegen. SLS-Drucker funktionieren wie folgt: Ein Beschichter breitet eine 0,1 mm dünne Kunststoffpulverschicht auf einer Bauplattform aus. Statt eines Extruders kommt ein Laser zum Einsatz, der das Pulver verschmilzt – überall dort, wo laut CAD-Datei das Bauteil entstehen soll. Die Plattform senkt sich anschließend ab und der Prozess beginnt erneut, solange, bis das Element fertig ist. Drucken lassen sich selbst filigranste Geometrien. Mit dem SLS-Druck lassen sich parallel deutlich mehr Bauteile im Bauraum fertigen, zusätzliche Stützstrukturen sind nicht notwendig. Am Ende besitzen die SLS-gefertigten Teile eine höhere Festigkeit und lassen sich auch bei höheren Lasten einsetzen. Aufgrund dieser Vorteile hat Igus jetzt auch seine Kapazitäten im SLS-Druck verdreifacht, um dem Kunden schnell und kostengünstig das gewünschte Bauteil zu liefern. Doch unabhängig davon für welches Verfahren sich der Kunde am Ende entscheidet, Igus bietet mit dem 3D-Druckservice auf der Seite www.igus.de/3DDruckservice die Möglichkeit seine CAD-Daten hochzuladen, den Werkstoff auszuwählen und das gewünschte Verschleißteil drucken zu lassen.

Industrietauglichkeit steht und fällt mit Qualität des Filaments

Verschleißtest,
Im Verschleißtest zeigte sich, dass das gedruckte Material Vorteile gegenüber anderen Werkstoffen aufweist. (Bild: Igus)

Bauteile aus dem 3D-Drucker sind aber nur dann industrietauglich, wenn ein hochwertiger Kunststoff zum Einsatz kommt. Klassiker wie Polyactide (PLA) und Arcylnitril-Butadien-Styrol (ABS) weisen hohe Reibwerte auf und verschleißen schnell. Igus hat deswegen in den vergangenen Jahren ein Portfolio aus sieben Tribo-Filamenten sowie zwei SLS-Pulvern entwickelt. Sie sind qualitativ so hochwertig wie die Kunststoffe, die das Unternehmen seit Jahrzehnten für den Spritzguss einsetzt. Es gibt unterschiedlichste Ausführungen – etwa für Hochtemperaturanwendungen oder den direkten Lebensmittelkontakt. Die Industrietauglichkeit haben die Ingenieure im Testlabor bewiesen, wo sie Verschleiß und Reibwerte der Kunststoffe testen, mit jährlich 135 Billionen linearen, schwenkenden und rotierenden Bewegungen. Bei einem der Tests zeigte ein 3D-gedrucktes Zahnrad aus ABS, belastet mit 1,2 Nm, nach 75 Stunden einen hohen Verschleiß. Die Zähne waren abgeschliffen, nahe am vollständigen Verschleiß. Anders der Werkstoff Iglidur i180-PF. Das Filament hielt einer Belastung von 2,9 Nm 140 Stunden lang stand. Das Profil der Zähne war fast unverändert, es zeigte sich lediglich bei starker Vergrößerung eine kaum sichtbare Abnutzung der Kunststoffoberfläche.

3D-Druck bei Igus - Quelle: ke NEXT TV

Auch beim SLS-Druck steht und fällt die Industrietauglichkeit mit der Qualität des Kunststoffpulvers. Und auch hier investiert Igus Forschungsarbeit. Das Unternehmen hat unter anderem Iglidur I6 geschaffen, ein Lasersintermaterial, speziell entwickelt für den 3D-Druck von Zahnrädern. Auch für dieses Material beweisen Labortests die hohe Abriebfestigkeit und lange Lebensdauer insbesondere bei Schneckenrädern. Der Gegner im 2.750 m2 großen Testlabor war dieses Mal das Standard-Lasersintermaterial PA12. Die Experten haben aus diesem Material ein Schneckenrad gedruckt und mit 5 Nm Drehmoment und 12 U/min. getestet. Das Ergebnis: Das Rad aus PA12 blieb bereits nach 521 Zyklen stehen, da der Reibwert zu hoch wurde. Das 3D-gedruckte Zahnrad aus Iglidur i6 zeigte hingegen auch einer Million Zyklen lediglich einen geringen Verschleiß und volle Funktionsfähigkeit. Weitere Ergebnisse: Gefräste Zahnräder aus Polyoxymethylen (POM) waren nach 621.000 Zyklen vollständig verschlissen, gefräste Zahnräder aus Polybutylenterephthalat (PBT) brachen nach 155.000 Zyklen.

Klassische Fertigungstechnologien sind zum jetzigen Zeitpunkt die erste Wahl, wenn es darum geht, Bauteile in großen Stückzahlen zu fertigen. Beispielsweise amortisieren sich die Anschaffungskosten für ein verhältnismäßig teures Spritzgusswerkzeug bei Großserien relativ schnell. Anders sieht es beim Rapid Prototyping oder Kleinserien aus. Hier etabliert sich der 3D-Druck als ernstzunehmende Fertigungsmethode, die bei Kleinteilen auch noch bei Stückzahlen von bis zu 10.000 interessant sein kann. Zukünftig könnte sich das Gewicht sogar in Richtung größerer Stückzahlen verschieben. Denn 3D-Drucker werden nicht nur immer schneller. Die Geräte werden in absehbarer Zeit auch mit mehreren Lasern oder Druckköpfen gleichzeitig arbeiten. wk

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