ke NEXT hat die mechatronischen Einheiten des Bargteheider Antriebsspezialisten genauer unter die Lupe genommen.

Dezentrale Antriebssysteme von Nord Drivesystems ebnen den Weg zu Industrie 4.0 – behauptet zumindest Nord selbst. ke NEXT möchte es genau wissen: Erste Indizien für dezentrale Intelligenz führen uns zum Frequenzumrichter der Serie SK 200E: einem Umrichter bis 22 Kilowatt, den Nord in seinen mechatronischen Systemen mit hauseigenen Getriebemotoren kombiniert. So ist der SK 200E modular aufgebaut und unterstützt zur Vernetzung viele wichtige Bussysteme. Zeit für uns bei einem nachzufragen, der mehr wissen muss – Dr. Omar Sadi, seines Zeichens Technischer Geschäftsführer bei Nord: „Mehrere Schnittstellen im Umrichter ermöglichen die Kommunikation über Feldbussysteme – wie Profinet, CANopen und Ethercat – oder bilden eine Ergänzung der Steuersignale. Wir haben auch die Möglichkeit,  mit zum Beispiel einem Frequenzumrichter als Master drei weitere Frequenzumrichter als Slave über CAN-Bus zu steuern, indem wir Gruppen bilden.“

 

Wie eine Baumstruktur also? – wollen wir wissen. „Richtig, wie eine Art Baumstruktur. In jedem dezentralen SK 200E ist eine Platine integriert, die quasi das Gehirn des Frequenzumrichters darstellt und die Schnittstelle zur SPS-Steuerung übernimmt.“ Das zeigt uns: Ganz ohne übergeordnete Steuerung geht es noch nicht. Dezentral operiert jeder SK 200E trotzdem – weil die Intelligenz in der Komponente steckt. Sadi bestätigt: „Wir haben mit dem SK 200E intelligente Prozessoren und einfache Programmiermöglichkeiten integriert. Auch bei bis zu 1500 Antrieben mit einer übergeordneten Steuerung kann jeder Frequenzumrichter über ein Bussystem gesteuert und mit Intelligenz versehen werden. Jeder SK 200E kann Drehzahlen steuern, positionieren sowie Rückmeldungen und den Status an die übergeordnete Steuerung ausgeben.“

TMCI Padovans Dynamos-Systeme

TMCI Padovans Dynamos-Systeme nutzen ein neues Verfahren, um Moste schonend zu filtrieren. Die diversen Antriebsaufgaben werden von dezentral gesteuerten Nord-Getriebemotoren ausgeführt. Bild: TMCI Padovan

Flexibilität ein Muss

Für unser Urteil „Industrie-4.0-fähig“ genügt das alleine jedoch noch nicht. Weitere Fragen drängen sich auf: Wie flexibel zum Beispiel sind die mechatronischen Antriebssysteme von Nord mit dem SK 200E? Hinweise hierzu liefert ein Blick auf den modularen Aufbau des Umrichters. Der nämlich ermöglicht es dem Anwender, die nötigen Funktionen für jeden noch so spezifischen Applikationsfall auszuwählen: Nord liefert seine Serie deshalb in vier Baugrößen und mit Leistungen zwischen 0,25 und 22 Kilowatt aus. Über Basic-Funktionalitäten hinweg stehen außerdem ein sicherer Halt für den Personenschutz, ein separates 24-Volt-Netzteil für eine Steuerspannungsversorgung auf Stand-Alone-Basis und mehrere analoge Eingänge zur Verfügung. „Je nach Anforderung benötigt der Kunde nicht alle Funktionen“, erklärt Sadi und fährt fort: „Braucht er zum Beispiel den sicheren Halt nicht, haben wir für ihn ein Gerät ohne diese Option, und dadurch können wir ihm dieses Gerät entsprechend günstiger anbieten.“

Noch flexibler wird der SK 200E laut Nord mit optionalen Technologieboxen, die Anwender direkt am Gerät oder als Wandmontage am Maschinengerüst oder Anlagenteil montieren können. Die Technologieboxen sind als Bussystem ausgeführt und Gateway-fähig, wodurch mehrere Geräte gleichzeitig angesprochen werden. Bis zu vier Frequenzumrichter lassen sich so über die Box miteinander verknüpfen. Ziemlich industrie-vier-nullig: Durch die Tunnelung der Parameterdaten kann auf die Datensätze aller in der Gruppe befindlichen Frequenzumrichter zugegriffen werden: sowohl an der Technologiebox als auch an jedem der angebundenen SK 200E.

Für dynamische Anwendungen

Soviel zur Theorie: In der Praxis kommen Nords Frequenzumrichter  vor allem in dynamischen Anwendungen zum Zug – „überall dort, wo Positionierung und Verfügbarkeit eine große Rolle spielen“, konkretisiert Sadi. Für unsere Recherche ein Volltreffer: Nicht umsonst gilt die Steigerung der Verfügbarkeit als einer der meist propagierten Vorteile der intelligenten Produktion von morgen. Darauf angesprochen erzählt uns Sadi von einem Einsatz des SK 200E in Filtriermaschinen des italienischen Getränke- und Nahrungsmittelindustrie-Zulieferers TMCI Padovan. Dessen rotationsdynamische Cross-Flow-Systeme sind Komplettanlagen, die eine pulsgesteuerte, kalibrierte Absaugtechnik und eine neue Filtrationsmethode einsetzen, um stromsparend, wartungsarm und kontinuierlich klare Säfte und Weine herzustellen. Jede der Anlagen enthält ein bis zwei Produktbehälter, an die jeweils vier Antriebe mit motormontierten SK 200Es angeschlossen sind. Letztere regeln die Geschwindigkeit hochpräzise und kommen dabei ohne Drehzahlrückführung aus. Die Antriebsgeschwindigkeit hingegen bestimmt die SPS der Maschine via Feldbuskommunikation.

Zusätzlich ist ein dezentraler Nord-Antrieb an der Zirkulationspumpe installiert. Sadi gibt uns das Fazit des Einkaufsleiters bei TMCI, Narciso Gatti, im Wortlaut wieder: „Die Technologie bedeutet für uns größere Energieersparnisse, eine höhere Verfügbarkeit, eine einfachere Anlagenkonstruktion und eine stark erhöhte Arbeitssicherheit.“ Dass Nord alle Antriebseinheiten seines dezentralen Systems aus einer Hand anbietet und energetisch aufeinander abstimmt, macht die Sache nur umso effizienter.

Antrieb der Filtriermaschinen

Jeder Antrieb der Filtriermaschinen ist mit einem motormontierten Frequenzumrichter der Baureihe SK 200E ausgestattet. Bild: Getriebebau Nord

Die Komponente übernimmt

Weil der SK 200E in der Lage ist, Lageregelungen eigenständig durchzuführen, schauen wir uns die Positionserfassung des Antriebssystems gesondert an. Jeder SK 200E ist mit einer serienmäßig integrierten Positioniersteuerung namens Posicon und mehreren digitalen Eingängen für Inkremental- und Absolutwertdrehgeber ausgestattet. Mit Posicon können Anwender nicht nur bis zu 63 absolute Positionen programmieren. Auch ein Anschluss von HTL-Inkrementalgebern zur Drehzahlregelung über zwei digitale Eingänge am Umrichter und Canopen-Absolutwertgebern für die Positionierung über Systembus ist möglich.

Redakteur für Web-TV und Print. Fachbereiche: Automatisierungstechnik, Maschinenelemente, Werkstoffe, Verbindungstechnik, Halbleiter und Elektrotechnik. Autor zahlreicher Industriefilme und Printbeiträge. Auf der Suche nach dem Bild der Bilder.

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