Könnten nicht auch übergeordnete Steuerungen die Controllerfunktion übernehmen?

Sehen Sie, übergeordnete Steuerungen haben meistens eine ganze Menge andere Aufgaben. Bei einer klassischen Maschine haben Sie jede Menge digitale Ein- und Ausgänge, Sensordaten, die erfasst und bearbeitet werden müssen, Aktoren, die angesteuert werden. Das kann eine übergeordnete SPS sehr gut handeln. Sie ist es auch, die Daten sammelt, auf einer Festplatte ablegt und über das Internet weiterleitet. Was sie aber nicht mehr so gut kann, auch weil ihr schlicht die Rechenleistung dafür fehlt, ist spezifisch auf die Antriebstechnik, auf einzelne Antriebe einzugehen. So übernimmt die übergeordnete SPS heute vielleicht noch die Positionsregelung – spätestens die Drehzahlregelung und die Stromregelung, die übernimmt der Controller, der direkt dem Motor zugeordnet ist. In einer solchen Systemlösung können wir unser Knowhow moderner Regelalgorithmen, dem Endstufen-Design und der Motortechnologie in der Anwendung optimal nutzbar machen.

Nun lässt sich ein Motorcontroller ja auch selbst bauen, und viele Firmen haben eigene Elektronikentwickler. Sehen Sie einen Trend zum Selbstbau?

Natürlich gibt es jede Menge Firmen, die einiges an Elektronik-Know-how mitbringen – wenngleich oft auch nicht für Leistungsendstufen. Es gibt den Spruch: Der schärfste Konkurrent ist der Kunde selbst. Vor allem im bürstenlosen Bereich gibt es eine breite Palette an Elektronikbausteinen zur Motoransteuerung, aber das ist letztlich nur die halbe Wahrheit. Die Entwicklung ist ja damit noch nicht abgeschlossen. Es benötigt zusätzliche Komponenten, wie zum Beispiel Motorfilter, die auf den Motor abgestimmt sind. Auch die Motorstromauswertung und Regelung ist nicht trivial und wirft dann häufig Fragen auf: Wie mache ich das am besten?

Zu welchem Zeitpunkt messe ich den Strom, sodass ich am Ende auch den richtigen Motorstromwert habe? Wie gestalte ich den Regler? Dazu benötigen Sie natürlich auch eine entsprechende Testumgebung. Zu guter Letzt ist Elektronik leider sehr kurzlebig, Elektronikbauteile gibt es oft schon nach zwei Jahren nicht mehr in identischer Form. Wenn Sie das Produkt über Jahre produzieren möchten, müssen Sie frühzeitig wissen, wann das Bauteil abgekündigt wird und den Ersatz testen. Das alles sind gewisse Overhead-Kosten, erfahrungsgemäß macht das schon noch einmal 30 Prozent aus. In kommerzieller Hinsicht ist es auf den ersten Blick verlockend, weil viele erst einmal nur die Komponentenpreise zusammenrechnen. Aber bei unseren Controllern steckt eben mehr dahinter. Für all die Kunden, die einen Zwischenweg wählen wollen, haben wir unsere Controller ja auch in Modulbauweise.

Epos4 50/5,
Epos4 50/5: Ein Strom-, Drehzahl- und Positionsregler mit USB, RS232, Can sowie optional Ethercat, (Bild: Maxon Motor)

Modulbauweise?

Genau. Unsere Controller gibt es als Komplettgerät im Gehäuse, aber auch als fertiges Modul mit Leistungselektronik zur Integration auf einem Elektronik-Board des Kunden. Für diese Controller bieten wir außerdem ein Connector-Board an, eine zusätzliche Platine, auf der alle Anschlüsse steckbar ausgeführt sind, sodass der Kunde eine schnelle Testmöglichkeit hat, bevor er das Modul in seine Elektronik integriert. Und dann bieten wir natürlich noch kundenindividuelle Lösungen, bei denen wir dem Controller beliebige Formen geben, gezackte Platinen mit Flex-Stücken, was auch immer. Kunden haben was die Kombination unserer Katalog-Controller mit unseren Motoren angeht nahezu freie Wahl.

Der Controller muss natürlich leistungsmäßig passen. Bei den kundenspezifischen Lösungen versuchen wir immer auf Basis eines Standardcontrollers zu entwickeln. Das hat für den Kunden den Vorteil, dass wir ihm häufig den Tipp geben können: Es gibt hier eventuell eine Produktreihe Escon oder Epos4, die deine benötigte Funktionalität abdeckt. Probiere es damit schon mal aus, schließlich ist für den ersten Test die Baugröße nicht entscheidend. Wenn Motor und Controller die Anwendungsanforderungen an Präzision, an Regelgenauigkeit erfüllen, können wir auf dieser Basis schließlich die Anforderungen in ein kundenspezifisches Produkt hinein designen. Diese Spezifikationserstellung ist übrigens kostenlos für den Kunden. Am Ende bekommt der Kunde ein Angebot, wo klar drin steht, das sind die Fixkosten für die Entwicklung – wir reden wirklich von Fixkosten – und das sind die Kosten für die Serie bei der definierten Stückzahl.

Dann schauen wir uns Ihre Controller doch einmal genauer an. Was haben Sie im Angebot?

Ich greife jetzt mal zwei Produktlinien heraus. Das eine ist die Escon-Produktreihe. Es gibt noch viele Anwendungen, in denen eine einfache analoge Ansteuerung des Antriebs gewünscht ist. Die Escon-Produktreihe zielt auf diesen Markt ab. Sie hat einen digitalen Kern und eine sehr schnelle Regelungstechnik. Die Konfiguration läuft über eine USB-Schnittstelle, womit Sie in der Lage sind, Tausende Controller identisch zu konfigurieren. Die Kommandierung jedoch, also die Vorgabe des Strom- oder Drehzahlwerts, kann über eine bewährte +/-10V Schnittstelle oder ein PWM-Signal erfolgen. Eine solche Sollwertvorgabe ist bereits mit einem Potentiometer oder von einer SPS oder einem Mikrocontroller-System ohne Bus-Schnittstelle möglich. Die Anforderungen an Testequipment sind ebenfalls reduziert: Auch ohne Bus-Analyzer lassen sich alle Steuersignale einfach messen und kontrollieren.

Die andere Baureihe, die ich erwähnen möchte, ist die sogenannte Epos4, die wir kürzlich neu am Markt platziert haben. Diese Reihe bietet außer der Strom- und Drehzahlregelung auch noch eine Positionsregelung und vor allem weitere Kommunikationsschnittstellen wie USB, RS232 und Can. Es stehen somit alle Möglichkeiten des Datenaustausch mit einem übergeordneten System offen.

Zum Jahresende folgt auch noch ein Anschlussmodul für Ethercat, sodass wir da im schnellen Ethernet-Bereich unterwegs sind. Unsere Antriebssysteme werden typischerweise mit Spannungen bis 70V DC betrieben. Wenn Sie an unsere kleinsten Motoren mit vier Millimeter Durchmesser denken, reden wir vielleicht über ein paar Milliwatt. Die Herausforderung ist es hier, sehr kleine Ströme exakt zu regeln. Wenn Sie unsere größeren Motoren betrachten, die bis 60 mm Durchmesser gehen, sind wir bei 500 Watt Dauerleistung, aber durchaus auch Spitzenleistungen, die in den Bereich bis zwei Kilowatt gehen. Zu guter Letzt möchte ich noch erwähnen, dass wir auf Wunsch auch integrierte Systeme bieten, sprich Motor und Controller in einem Gehäuse.

Technik im Detail

Escon Module 50/8 HE,
Die Escon Module 50/8 HE für raue Umgebungs- beding­ungen von -40°C bis + 92°C und bis maximal 50V und 15A Spitzenstrom. (Bild: Maxon Motor)

Messeneuheiten in Hannover 2017

Auf der Hannover Messe 2017 stellte Maxon Motor einige Neuheiten vor. Neben einer Motorreihe, die bis zu 1000 mal sterilisierbar ist, gab es auch zwei Neuheiten rund um das Thema Motor-Controller: Zum einen wurde ein Escon-Modul für raue Umgebungsbedingungen präsentiert. Die Escon Module 50/8 HE (Harsh Environment) ist ein kompaktes, leistungsstarkes 4-Quadranten-PWM-Servokontroller-Modul zur Ansteuerung von bürstenbehafteten DC-Motoren und bürstenlosen EC-Motoren bis 400 Watt Nenn- und 750 Watt Spitzenleistung. Es hat einen erweiterten Temperaturbereich von -40 bis 92°C. Die Platine hat eine Beschichtung, die höhere Resistenz gegen Staub und Kondenswasser verspricht, zudem wurde das Modul nach Militärstandard auch für starke Vibrationen spezifiziert.

Als weitere Messeneuheit zeigte Maxon die kompakte Epos4 50/5, eine dynamische, anschlussfertige Positioniersteuerung im robusten Gehäuse. Abgestimmt auf bürstenbehaftete DC-Motoren mit Encoder und bürstenlose EC-Motoren (BLDC) mit Hallsensoren und Encoder bis 250 Watt / 750 Watt. Der Controller bietet einen Steckplatz für Bus-Erweiterungen. Bis zum Jahresende soll ein Modul für Ethercat verfügbar sein.

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