Schlepper,

Alle drei Minuten rollt ein fertiger Schlepper bei John Deere in Mannheim vom Montageband. (Bild: SEW-Eurodrive)

Im John-Deere-Werk Mannheim wurde ein neues Kabinenfördersystem für die Traktorenmontage installiert. Es transportiert die Kabinen sicher vom Aufgabepunkt zu den Montageorten, ermöglicht dabei das gefahrlose Arbeiten unter der schwebenden Kabine und setzt sie anschließend ab.

Nun wurde das bisherige, nach heutigen Maßstäben relativ einfach konstruierte Fördersystem komplett umgebaut. „Ein maßgeblicher Grund für die komplette Erneuerung der Elektronik waren die heutigen Erfordernisse der Sicherheitstechnik“, erläutert Projektleiter Hans Ziegler. „Natürlich musste auch die Produktivität erhalten bleiben, schließlich arbeiten wir hier im Drei-Minuten-Takt“, betont er. Das Kabinenfördersystem wurde 1996 auf 25.000 Traktoren ausgelegt. Mittlerweile können bei starker Nachfrage sogar bis 45.000 Fahrzeuge gefertigt werden.

Aus dem Lager kommen die Fahrerkabinen zunächst auf das Vormontageband. Anschließend gelangen die Kabinen auf einen Drehtisch, der sie mit dem Heck Richtung Aufnahme dreht. Dann fahren zur Fixierung Bolzen unter die Kabine, ähnlich wie die Gabeln bei einem Gabelstapler. Das neue Kabinenfördersystem unterstützt das derzeit angewandte Konzept der Eigenklemmung.

Sicheres Heben und Senken

Kabinenförderer,
Die Arbeiten unter der schwebenden Last werden durch den neuen Kabinenförderer abgesichert. Eine große Hilfe: Die Sicherheitssteuerung Movisafe. (Bild: SEW-Eurodrive)

Die Kabinen werden querverschoben und dann mit dem Kabinenfördersystem eine Etage höher, auf die Transportebene, angehoben. Hier befördert die Elektrohängebahn (EHB) aus dem Maxolution-Systemlösungsprogramm die Kabinen zu einer Weiche, die sie abwechselnd auf zwei parallele Linien weiterleitet. Dadurch können parallel zwei Kabinen gefügt werden. Von der Transportebene wird die Kabine zunächst automatisch auf eine Vorhöhe abgesenkt. Sie ist so gewählt, dass niemand zu Schaden kommen kann.

Jetzt übernimmt der Werker mit einem Handbediengerät das Kommando. Er fährt die Kabine in die Fügeposition und senkt sie dabei weiter ab. In Abhängigkeit von der Höhe verringert sich dabei die Senkgeschwindigkeit. Auf der Fügeebene stehen die Triebsätze mit Motor, Achsen und Hydraulik bereit, auf die die Fahrerkabinen montiert werden. Dabei müssen die Werker in und unter die schwebende Kabine greifen. Dann wird der Traktor für den anschließenden Probebelauf mit Betriebsmitteln wie Diesel und Öl befüllt. An einer steilen Prüframpe erfolgt nach Beendigung aller Montageschritte final der Bremsentest des neuen Schleppers.

Doppelte Sicherheiten

Elektrohängebahnen,
In Elektrohängebahnen werden spezielle Getriebemotoren mit integrierter Kupplung eingesetzt (ganz rechts), die auf den Anwendungsfall, die Fördergeschwindigkeit und Traglast des Transportguts abgestimmt sind. Durch eine Kupplung in der Getriebeendstufe lassen sie sich sicher schalten. (Bild: SEW-Eurodrive)

Für alle Projektbeteiligten hatte es oberste Priorität, dass die Sicherheit der Werker beim Arbeiten unter der schwebenden Kabine gewährleistet ist. Von der Maxolution-Elektrohängebahn hängt der Hubrahmen mit der Fahrerkabine an zwei hochstabilen Gurtpaaren. Je ein Paar ist in der Mitte der EHB auf einer zentralen Welle zweilagig aufgewickelt. Dadurch wird eine symmetrische Senkbewegung erzeugt. Durch den Einbau von zwei Motoren wurde Redundanz geschaffen, weil beide das Gewicht der Kabine auch allein heben und bremsen können. Zwei Seilzuggeber überwachen die sichere Hubhöhe und -geschwindigkeit, wodurch es zusätzlich möglich ist, eine Schiefstellung des Hubrahmens zu erkennen.

Die Systemlösung Maxolution

Die Antriebstechnik und die Komponenten des Sicherheitssystems einschließlich der wichtigsten Sensorik lieferte SEW-Eurodrive, individuell repräsentiert durch die Maxolution-Systemlösung EHB. In dem Projekt wurde fast das komplette Programm eingesetzt. Feldnahe Antriebslösungen, die wenig Platz benötigen und rüttelfest sind, versorgen die Getriebemotoren. Die beiden Hubantriebe mit jeweils 5,5 kW werden als Gruppenantrieb durch ein Movipro-PHC mit 11 kW Nennleistung angetrieben. Ein Controller Movifit-MC versorgt den 0,55-kW-Fahrmotor. Dank der modularen und frei parametrierbaren Softwarelösung Movivision gestaltete sich das Engineering sehr einfach.

Ebenso unterstützt die Movivision-Umgebung eine simulierte, virtuelle Inbetriebnahme, welche typischerweise schon lange vor dem eigentlichen Umbau der Anlagen erfolgt. Aus diesem Grund lassen sich die realen Inbetriebnahmezeiten beim Kunden deutlich reduzieren. Diese wichtige Eigenschaft der Systemlösung war auch beim Umbau der John-Deere-Anlage ein wesentlicher Aspekt. Die Software ermöglicht die permanente Überwachung und Diagnose einschließlich des Condition Monitorings während der laufenden Produktion. Dank ihrer Flexibilität lässt sich die Anlage nach- oder umrüsten.

Sämtliche Sicherheitsfunktionen laufen auf der Sicherheitssteuerung Movisafe des Typs PFF-HM31. Dazu gehören die sichere Position der Fahrzeuge, sichere Hubposition und -geschwindigkeit. Sie steuert die Sicherheitsfunktionen SBC (Safe Break Control) und sorgt für den korrekten Abstand der Fahrzeuge. Dabei ist kein mechanischer Abstandsgeber erforderlich. Die Sicherheitssteuerung ermöglicht nun unter Einhaltung aller technischen Sicherheitsaspekte (sichere Kommunikation und positionsabhängige, sichere Geschwindigkeit / SLS u. SLP nach PL“d“) die Kabine per Fernbedienung auf dem Antriebsstrang abzusetzen. Dieser Arbeitsgang ist besonders heikel, weil sich die Werker mit ihrem Oberkörper zwischen Kabine und Antriebsstrang aufhalten. jl

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