Antriebsregler von Lenze aus den 80er-Jahren
Immer noch verlässlich in Betrieb: Antriebsregler von Lenze aus den 80er-Jahren. (Bild: Lenze)

Inwieweit beeinflusst Industrie 4.0 und die Digitalisierung der Industrie das Retrofit-Geschäft?

Ralf Güthoff, Lenze: Das ist ein ganz wesentlicher Trend, der sich insbesondere im Bereich Remote-Support niederschlägt. Für den Anlagenbetreiber kommt es bei einer Störung der Anlage auf jede Minute an. Der direkte Zugriff auf den Service-Techniker von Lenze ist bei der schnellen Fehlerbehebung wesentlich. Zur Unterstützung setzen wir ein Software-Tool ein, mit dem der Betreiber gezielt ein Service-Ticket absetzt. Über dieses bekommt der Lenze-Techniker auf direktem Weg alle nötigen Informationen über die Störung, kann sich kurzfristig auf die Anlage schalten und mit dem Instandhalter oder dem Maschinenbediener ein Lösungs-Szenario abarbeiten. Unterstützt wird dieser Prozess durch einen digitalen Zwilling, mit dem wir die Anlage schon im Vorfeld simuliert haben. Dies ermöglicht den sofortigen Zugriff auf alle relevanten Dokumentationen, Schaltpläne und Programme. Der Instandhalter kann so zukünftig Störungen auch selbständig lösen oder dem Maschinenbauer parallel Zugriff gewähren. Natürlich kann auch eine Dreiecks-Konferenz von Betreiber, Maschinenbauer und Lenze sichergestellt werden - ohne dass ein Servicetechniker vor Ort sein muss.

Hannes Leopoldseder, SKF: Retrofit und Modernisierung gehen ja im Grunde Hand in Hand. Also ist Industrie 4.0 auch in diesem Bereich ein wichtiges Thema: Wer ein Wälzlager ersetzt – gleichgültig, ob es sich um ein neues oder ein wiederaufgearbeitetes handelt –, sollte dessen Funktion überwachen (lassen), um ungeplante Stillstände zu vermeiden. Eine solche Überwachung verlangt nach Sensoren. Deren Messwerte können SKF Experten via Cloud analysieren – rund um den Globus, rund um die Uhr. Bei Abweichungen von definierten Grenzwerten können wir den Anwender dadurch extrem frühzeitig warnen und wirksame Gegenmaßnahmen empfehlen. Anders ausgedrückt: In Zeiten von „Industrie 4.0“ kann eine weitsichtige Retrofit-Maßnahme wie eine Art „Versicherung“ gegen teure Produktionsausfälle wirken.

Fassen Sie bitte kurz zusammen: Welche Retrofit-Leistungen bieten Sie an? Und an wen richten sich diese?

Ralf Güthoff, Lenze: Lenze bietet ein abgestuftes Servicemodell, welches aus skalierten Leistungsmodulen besteht. Es beginnt mit einer Bestandsaufnahme im Rahmen einer Inspektion. Dabei werden die Maschinenverfügbarkeit und die Lieferfähigkeit eventueller Auslaufartikel transparent gemacht. Im nächsten Schritt folgt die Maschinenanalyse. Sie setzt auf die Bestandsaufnahme auf und geht weiter ins Detail, um beispielsweise Energieeinsparpotenziale zu erkennen, Schwachstellen oder Risiken aufzudecken und wertvolle Leistungsreserven zu erschließen. Hierbei untersucht Lenze elektronische und elektromechanische Antriebs- und Steuerungselemente unter besonderer Berücksichtigung funktionskritischer Schlüsselkomponenten. Eine Modernisierung muss nicht automatisch den Einbau neuer Technik zur Folge haben. Ein mögliches Resultat der Analyse kann der 1:1-Austausch von Komponenten sein, die aufgrund langer Betriebszeiten das Ende ihrer Lebensdauer erreichen. Der Ersatz Alt gegen baugleich Neu – hat das Ziel, den Lebenszyklus einer Maschine zu verlängern, ohne dabei in das Engineering einzusteigen oder Schnittstellen anpassen zu müssen. Weil Lagerressourcen für Ersatzteile in der Regel begrenzt sind, übernimmt Lenze immer häufiger die auf ein Unternehmen abgestimmte Bevorratung der sofort abrufbaren, einbaufertigen Technik.

Sollen alte Antriebsregler durch eine aktuelle und damit modernere wie leistungsstärkere Gerätegeneration ersetzt werden, bietet Lenze Integrations- und Engineeringunterstützung an. Dazu gehören z.B. Schnittstellenprogrammierungen, konstruktive Anpassungen im Schaltschrank oder auch Feineinstellungen der eingesetzten Software.

Die höchste Servicestufe umfasst die komplette Modernisierung der Steuerung und Antriebstechnik, bis hin zu den Motoren und Getrieben. Hierbei zahlt sich eine langjährige partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Lenze aus. Denn je genauer das Service-Team die Funktion und Besonderheiten einer Anlage kennt, desto besser. Die entstehende Lösung ist dann genau auf die Anforderungen des Kunden zugeschnitten und das Engineering kann so möglichst einfach gestaltet werden.

Hannes Leopoldseder, SKF: Die Firma SKF beschäftigt sich bereits seit mehreren Jahrzehnten mit dem Thema Retrofit – und zwar in Form des Rekonditionierens von Wälzlagern, Werkzeugmaschinenspindeln oder auch Getrieben. Wiederaufgearbeitete Wälzlager bieten wir unter anderem für die Metall-, Papier-, Zement- oder auch Eisenbahn-Industrie an. Hinzu kommt der Energie-Bereich; also beispielsweise Windenergieanlagen. Für Werkzeugmaschinenspindeln haben wir eine regelrechte Life Cycle Management-Dienstleistung im Programm. Unsere Services für Getriebe nehmen diverse Industriezweige in Anspruch.

Hornschuch investiert am Standort Stolzenau kontinuierlich in die Modernisierung der Produktionsanlagen.
Hornschuch investiert am Standort Stolzenau kontinuierlich in die Modernisierung der Produktionsanlagen. (Bild: Lenze/Hornschuch)

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