Liegt die Zukunft im Meer? Offshore-Windenergie wächst bereits in Europa. In Deutschland sind

Liegt die Zukunft im Meer? Offshore-Windenergie wächst bereits in Europa. In Deutschland sind aktuell 30 Parks in der Nord- und Ostsee genehmigt. Zukünftig wird weiteres Wachstum aber auch in Asien und Amerika erwartet. (Bild: zentilia - Fotolia)

Marktstudien zeigen, dass internationale Unternehmen Deutschland als einen der gegenwärtig und – neben China und den USA – auch zukünftig wichtigsten Windenergiemärkte weltweit ansehen. Neben dem einträglichen Markt für Onshore-Windenergieanlagen weisen insbesondere die nordeuropäischen Offshore-Märkte sehr große Wachstumspotenziale für die in Deutschland ansässige Industrie auf. Dabei belegt die stetig steigende Zahl von Industrieansiedlungen im norddeutschen Küstenraum die einzigartigen Standortvorteile Deutschlands für den Marktzugang zum europäischen Offshore-Sektor.

Die Windindustrie ist 2011 um sechs Prozent gewachsen. So wurden global etwa 38 Milliarden Euro in Windenergieanlagen mit einer Leistung von über 41.000 Megawatt investiert, so der VDMA in seiner Windbroschüre „Komponenten, Systeme und Fertigungstechnik für die Windenergie 2012“. 2011 wuchs die Windindustrie überwiegend in Asien und Amerika. China mit etwa 18.000 MW und Indien mit knapp 3000 MW an neu installierter Windenergieleistung stellten zusammen über die Hälfte des Weltmarkts. Europa trug mit über 10.000 MW ein gutes Viertel dazu bei, Nordamerika stellte mit rund 8000 MW ein knappes Fünftel des Weltmarkts. Stärkste Wachstumsregion war Lateinamerika. Der Markt für Offshore-Windenergieanlagen blieb mit etwa 860 Megawatt neu installierter Leistung in Europa noch auf dem überschaubaren Niveau des Vorjahres.

Magnetostriktive Positionssensoren von MTS Sensors

Magnetostriktive Positionssensoren von MTS Sensors in den Fluidzylindern erhöhen die Verfügbarkeit von Windenergieanlagen. Bild: MTS Sensors

Offshore waren allein in Deutschland Ende 2012 etwa 2000 MW mit einem Investitionsvolumen von etwa sieben Milliarden Euro in Bau. Um diese Parks zu erfolgreichen Geschäftsmodellen und weitere Parks Realität werden zu lassen, ist Planungssicherheit bei der Netzanbindung eine wesentliche Voraussetzung. Ende 2011 waren in Deutschland Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 29.000 Megawatt installiert. Damit wurden über 48 Terawattstunden Strom erzeugt, fast acht Prozent des deutschen Strombedarfs gedeckt und 35 Millionen Tonnen Kohlendioxid eingespart.

Bis 2030 können nach der Strommixanalyse des VDMA-Fachverbands Power Systems für die EU 27 allein in Deutschland 40.000 Megawatt an Land und 25.000 Megawatt offshore installiert sein. Hinzu kommen über 30.000 Megawatt Ersatzanlagenbedarf. Zusammen entspricht dies einem Investitionsvolumen von etwa 120 Milliarden Euro.

Weltmarktentwicklung positiv

Auch 2012 blieben Asien und Europa die stärksten Regionen mit stabilen Märkten für Windenergieanlagen On- und Offshore. Lateinamerika blieb der stärkste Wachstumsmarkt mit schon weit über 1000 Megawatt allein in Brasilien. Auch in Afrika wurden wieder einige größere Projekte umgesetzt, sodass 2012 nicht nur das Volumen, sondern auch die Vielfalt der Märkte weiter zunahm. 2012 wurden rund 60 Milliarden Euro in Windanlagen investiert. Spitzenreiter beim Ausbau waren laut World Wind Energy Association (WWEA) China und die USA. Sie bauten 2012 jeweils eine Windkraftleistung von 13 GW hinzu und rangierten mit einer installierten Windkraftleistung von 75 GW (China) und 60 GW (USA) als führende Windstromproduzenten der Welt vor Deutschland auf dem dritten Platz mit 31 GW.

Trends in der Windkraft

Größer und höher
Zum einen werden die einzelnen Anlagen immer größer und leistungsstärker, zum anderen wächst der Markt von Kleinwindanlagen, die ein Haus oder kleines Dorf versorgen. In Deutschland gibt es zudem noch den Trend, Windanlagen im Binnenland auf immer höheren Türmen zu errichten, damit sie auch mit weniger Wind noch rentabel Strom produzieren. Hier liegt Bayern mit einer Nabenhöhe von 133,9 Metern an der Spitze der Bundesländer – im windreichen Bundesland Schleswig-Holstein erreichen die WEA nur eine Nabenhöhe von durchschnittlich 81,7 Metern. Im Einzelfall kann die Gesamthöhe der WEA jedoch bis zu 200 Meter erreichen.

VDMA Power Systems prognostizierte das Weltmarktvolumen in 2012 auf mindestens 44.000 Megawatt. Und sieht auch für 2013 durch den wieder wachsenden Energiebedarf und aufgrund globaler Ausbauziele und Maßnahmen ein zweistelliges Wachstum. Der Global Wind Energy Council (GWEC) etwa prognostiziert für die kommenden fünf Jahre ansteigende Wachstumsraten der Windindustrie im Neuanlagengeschäft von jährlich sechs bis 15 Prozent. GWEC erwartet, dass die Windenergie-Kapazität bereits im Jahr 2014 global 400.000 Megawatt erreicht und damit immerhin vier Prozent der globalen Stromversorgung gesichert werden kann. Neuinstallationen müssten danach auf über 60.000 Megawatt in 2014 wachsen. VDMA Power Systems rechnet mit einem etwas langsameren, aber stabilen Wachstum.

Offshore-Anlagen

In Offshore-Anlagen herrscht durch das Seewasserklima im Turm und Gondel eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit. Hierfür hat Mink Bürsten in enger Zusammenarbeit mit branchenführenden Unternehmen der Windkraftindustrie Abdichtkonzepte mit Bürsten entwickelt. Bild: Mink Bürsten

In Europa wurden 2012 Windkraftanlagen mit einer Kapazität von zwölf GW neu aufgestellt, davon jeweils rund ein GW in Italien, Spanien, Rumänien, Polen, Schweden und Frankreich und zwei GW in Großbritannien und Deutschland, so die WWEA. In Deutschland rechnet man mit einem Ausbau von drei GW in 2013 und 4,5 GW in 2014. Nach Analyse von VDMA Power Systems zum Strommix in der EU 27 bis 2020 wächst die Windenergie-Kapazität in Europa bei stabilen Rahmenbedingungen auf 195.000 MW und bis 2030 auf mindestens 280.000 MW. Damit können europaweit 25 Prozent des Strombedarfs gedeckt werden. Zudem müssen bis dahin Anlagen mit einer Leistung von 100.000 MW ersetzt werden. Die Offshore-Kapazität wächst dabei auf 40.000 MW in 2020 und 110.000 MW in 2030. Insgesamt werden in Europa in den kommenden 20 Jahren über 500 Milliarden Euro in Windenergieanlagen investiert werden, durchschnittlich etwa 25 Milliarden Euro pro Jahr. Diese Umsätze sichern direkt und indirekt weit über 200.000 Menschen Beschäftigung. Viele neue Arbeitsplätze entstehen bei Herstellern von Komponenten, Systemen und Fertigungstechnik für die Windindustrie in Deutschland.

Marktstudien zeigten, dass internationale Unternehmen Deutschland als einen der gegenwärtig und – neben China und den USA – auch zukünftig wichtigsten Windenergiemärkte weltweit ansehen, so Germany Trade & Invest (gtai). Neben dem einträglichen Markt für Onshore-Windenergieanlagen wiesen insbesondere die nordeuropäischen Offshore-Märkte sehr große Wachstumspotenziale für die in Deutschland ansässige Industrie auf. Die meisten internationalen Hersteller von Windenergieanlagen seien mit Produktionsstätten in Deutschland vertreten.

Globaler Wettbewerb nimmt zu

Der globale Wettbewerb verschärft sich. Der boomende chinesische Markt wird von heimischen Unternehmen dominiert. Windenergieanlagen chinesischer Hersteller machten dort 2011 über 90 Prozent des Marktes aus. Auch internationale Windenergieanlagen-Marken und Großkomponenten wie Getriebe und Lager, die in China Absatz finden, werden inzwischen überwiegend vor Ort produziert. Elektrotechnische Komponenten wie Steuerungstechnik sowie Fertigungsmaschinen und Präzisionswerkzeuge hingegen werden meist importiert. In Korea entsteht eine Windindustriebasis mit neuen Herstellern und Zulieferern. Auch mehr als die Hälfte der Wertschöpfung auf dem US-Markt wird inzwischen vor Ort realisiert. Unternehmen aus Deutschland bauen Fertigungsstätten etwa für Getriebe und Lager in Asien und Nordamerika aus, um die Märkte wettbewerbsfähig bedienen zu können. Ein großer Teil der technisch anspruchsvollen Komponenten und Produktionstechnik kommt aber weiterhin aus Deutschland.

Bild: WWEA

Der Welt-Wind-Report beziffert die global installierte Windkraftleistung Ende 2012 auf 282 GW. Mit diesen Windanlagen werden rund drei Prozent des weltweiten Strombedarfs gedeckt. Die führenden Windstromproduzenten der Welt mit installierter Windkraftleistung 2012 sind: auf Platz 1 mit 75 GW (China), Platz 2 60 GW (USA) und Deutschland auf Platz drei mit 31 GW. Bis zum Jahr 2020 prognostiziert die World Wind Energy Association (WWEA) eine weltweite Windkraftleistung von 1030 GW. Bild: WWEA

Offshore-Windenergie: Technologie für jungen Markt

Bei der Offshore-Windenergie handelt es sich – anders als bei der Onshore-Windenergie – um Großanlagenbau mit hohen Investitionsvolumen und Risiken. Im Energiemix sind beide Technologien sinnvoll und notwendig. Die Windverhältnisse auf See liefern in weiten Teilen Europas im Durchschnitt doppelt so viel Volllaststunden im Vergleich zu einem durchschnittlichen Standort an Land. Somit ist auch der Ertrag bei gleicher elektrischer Leistung um Faktor zwei höher. Zudem weht der Wind auf See steter, was für eine gleichmäßigere Stromeinspeisung sorgt. Derzeit liegen die Investitionskosten stark abhängig von Standort, Turmhöhe, Anlagentechnologie und Auftragsvolumen bei etwa 950 Euro/kW Onshore und 1500 Euro/kW Offshore für die Windenergieanlage sowie Investitionsnebenkosten von 30 Prozent bei Onshore und 100 Prozent bei Offshore mit entsprechendem Kostensenkungspotenzial. Das Ziel ist es, bei ähnlichen Vergütungen eine ähnlich lange Amortisationszeit Offshore wie Onshore zu erreichen.

feindrähtige Aluminiumkabel

Das feindrähtige Aluminiumkabel in Klasse 5 von Helukabel ist für alle Turm-Arten von Windkraftanlagen geeignet. Bild: Helikabel

Die Offshore-Windindustrie vereint viele Player der klassischen Onshore-Windenergie, wie die Hersteller der Windenergieanlagen oder die Zulieferer im Bereich des Antriebsstrangs. Allerdings ist die Offshore-Windindustrie ohne die tradierte maritime Wirtschaft wie Schiffbau und Hafenwirtschaft sowie ohne völlig neue Player wie Hersteller von Gründungsstrukturen nicht lebensfähig. Offshore-Windkraftwerksbau ist Großanlagenbau in Perfektion. Das bedeutet, dass bei Projektvolumina deutlich jenseits der Milliardengrenze die Finanzierungsfragen sowie das Claim Management die dominierende Rolle spielen. Die Offshore-Windindustrie ist eine Branche, die viele Player zusammenbringen muss, von denen sich einige erst im Aufbau befinden, andere die Chancen erst langsam erkennen. In einer Industrie, die Kraftwerke auf hoher See baut und bei der die maritime Infrastruktur mit weit mehr als der Hälfte der Investitionssumme zu Buche schlägt, spielt die maritime Wirtschaft eine ausschlaggebende Rolle. Deutschland bemüht sich im Offshore-Bereich: So wurde im August 2013 in der Nordsee der größte deutsche Meereswindpark Bard Offshore 1 eröffnet. Für das Projekt wurden rund 100 Kilometer nordwestlich der Insel Borkum 80 Anlagen installiert. Die Leistung von theoretisch 400 MW entspricht etwa dem Jahresstrombedarf von über 400.000 Haushalten. Die erste Anlage speist bereits seit Ende 2010 Strom ins Netz ein. Inzwischen liefert der Windpark 75 % des deutschen Offshore-Stroms. Der auch im August eröffnete Nordsee-Windpark „Riffgat“ ist zwar ebenfalls fertig, aber noch ohne Netzanschluss.

Der weitere Ausbau der Windenergie ist ohne den gleichzeitigen Umbau der Energieinfrastruktur wie Netze und Speicher nicht möglich. Der massive Zubau von Offshore-Kapazität erfordert auch einen Ausbau des Übertragungsnetzes an Land. Der Mix einer Vielzahl von Maßnahmen wie Hochtemperaturseile, Temperaturmonitoring oder der Ausbau von Netzkapazitäten wird die Lösung sein. Der Netzausbau ist gleichermaßen abhängig von der Flexibilität der Netztechnologien wie der Anlagentechnologien und lässt sich nicht einer einzelnen Technologie zurechnen. Der Ausbau des Netzes kann durch bedarfsgerechte Erzeugung und Speicheroptionen minimiert werden. In jedem Fall aber fordert der Wandel im Erzeugungsmix und Verbrauch Anpassungen bei der Infrastruktur. Windenergie an Land wie im Meer ist dabei nur eine wichtige Komponente.

Autor: Ingrid Fackler, Redaktion, nach Unterlagen des VDMA, der WWEA und gtai

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