Die Fähre Farge

Die Fähre Farge wird ausschließlich mit Baumüller-Elektromotoren angetrieben, nur zur Stromerzeugung sind noch Dieselaggregate an Bord. Ein bis dato absolutes Novum im deutschen Fährbetrieb. (Bild: Irene Neumann / Baumüller Group)

Der globale Schiffstransport verantwortet fast 2,5 Prozent der gesamten Emissionen von Treibhausgasen. Nicht nur die Naturschutzverbände auf dem blauen Planeten schlagen seit Jahren Alarm. Auch die Bewohner der Hafenstädte von Venedig, Hamburg oder Rotterdam haben die Nase vom Dieselgestank gestrichen voll. So verursachen Kreuzfahrt- und Containerschiffe jährlich eine Milliarde Tonnen CO2. Die Lösung der Maschinenbauindustrie ist jedoch bereit, die Brücke zu entern. Mit Elektro- oder Hybridantrieben sind Antriebssysteme verfügbar, die die Schifffahrt jetzt schon revolutionieren. KE-NEXT hat sich die elektrischen Motoren genauer angeschaut und berichtet von hybriden und vollelektrischen Antriebslösungen, die den Schiffsverkehr nachhaltig verändern.

Die erste vollelektrische Passagierfähre der Südhalbkugel
Die erste vollelektrische Passagierfähre der Südhalbkugel trägt den Namen Ika Rere. Sie wird mit dem Editron-Antriebsstrangssystem für Schiffe von Danfoss angetrieben. (Bild: Danfoss)

Warum elektrische Antriebssysteme in der Schifffahrt alternativlos sind

Die Bandbreite der Schiffe auf den Weltmeeren ist groß. Fähren, Containerschiffe, Forschungs- und Spezialschiffe, Supply-Vessels, Kreuzfahrtschiffe, Mega-Yachten, Tanker und die Marine tummeln sich auf den Ozeanen. Segelschiffe sind mittlerweile nur noch Nostalgikern ein Begriff ‒ denn es raucht über dem Meeresspiegel. Dabei vollzieht sich angesichts der Entwicklung moderner Antriebslösungen und klimaschonender Umweltpolitik ein revolutionärer Wandel. Antriebssysteme, die hybrid oder vollelektrisch für den notwendigen Fortschritt sorgen, machen dem starken Dieselmotor den Platz im Maschinenraum streitig. Die Rahmenbedingungen für den Verdrängungswettbewerb sind nämlich alternativlos: Alle Beteiligten wollen und brauchen den Wandel von fossilen Brennstoffen zu regenerativen Energien. Für den Schiffsantrieb gelten dabei die gleichen Gesichtspunkte wie für alle anderen Businessmodelle: Kosten senken, Emissionen reduzieren und strenge Umweltrichtlinien erfüllen. Dies soll mit vollelektrischen Lösungen oder dieselelektrischen Hybridantrieben passieren.

Experten von Antriebslösungen haben ihren Projektstatus längst auf Marktreife aktualisiert. Erfahrene und renommierte Konzerne wie Baumüller, Danfoss oder Siemens bieten hierzu ein umfassendes Leistungsspektrum. “Vom Motor, über den Umrichter und die Steuerung bis hin zu Ladesystemen zur Diagnosesoftware oder dem Batteriemanagement-System” hat das deutsche Traditionsunternehmen Baumüller im Angebot: energieeffiziente Bausteine für einen emissionsarmen Schiffsantrieb. Damit will Baumüller “den Weg für realistische Lösungen im Bereich Smart Shipping” ebnen. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Nürnberg ist einer der Wegbereiter moderner Antriebslösungen ‒ nicht nur für die Schifffahrtsindustrie.

Welche Vorteile hat die elektromechanische Motorentechnik für die Schifffahrt?

Schätzungen zufolge werden etwa 60 Prozent der gesamten elektrischen Energie letztendlich in elektrischen Antrieben genutzt. “Elektrische Antriebe werden gegenüber anderen Antriebsarten aufgrund ihrer hervorragenden Steuerbarkeit bevorzugt. Diese Steuerbarkeit von Drehmoment, Drehzahl oder Position kommt durch die Speisung eines Motors als elektromechanischer Energiewandler durch eine steuerbare Leistungselektronik zustande”, erklärt Prof. Dr.-Ing. Joachim Böcker von der Universität Paderborn.

Schiffsmotoren müssen durchgehend und zuverlässig laufen. Besonders wichtig sind dabei jedoch auch möglichst niedrige Emissionswerte und Betriebskosten. Physikalisch betrachtet erreicht jeder Motor dann seine effiziente Leistungsdichte, wenn er die entsprechende Drehzahl erreicht. “Bei jeder Abweichung von dieser Drehzahl sinkt der Wirkungsgrad, oft sogar im zweistelligen Prozentbereich”, erklärt das Unternehmen Baumüller. Es folgt daraus ein unnötig hoher Kraftstoffverbrauch. Im Gegensatz zu klassischen Verbrennermotoren ist die Energiewandlung bei Elektro- oder Hybridantrieben nicht so verschwenderisch. So lassen sich Drehmoment, Drehzahl oder Position eines Motors durch die regelbare Leistungselektronik steuern. Der Motor als elektromechanischer Energiewandler macht somit den Unterschied in der Energiebilanz eines Antriebssystems aus.

Das Arbeitsschiff Trischen: Hybride Marine-Power von Baumüller

Welche Schiffsantriebe werden in den Werften verbaut?

Die elektromechanischen Antrieben unterscheiden sich zwischen dieselelektrischen, hybriden und vollelektrischen Motoren. So listet u. a. Baumüller folgende Skills seiner Antriebstechnik für Schiffe auf…

  • Dieselelektrisch: Umrichtergespeiste Synchronmotoren treiben die Schiffsschrauben an. Diese Hybridtechnik reduziert den Kraftstoffverbrauch sowie Lärm und Vibrationen im Maschinenraum.
  • Hybrider Motor: Hier werden Diesel- oder Methanolgeneratoren mit Elektromotoren kombiniert. Diese Generatoren korrelieren nicht mit den Leistungsspitzen. So besitzen sie einen konstanten Wirkungsgrad. Aufgrund dessen nehmen sie auch nicht viel Bauraum in Anspruch. Betreiber sparen durch die Synergieeffekte wiederum Treibstoff und deckeln die Emissionen ihres Schiffs.
  • Vollelektrisch:  E-Schiffe laufen mit Batterie-elektrischem Antrieb leiser und sind 100 Prozent feinstaubfrei. Lithium-Ionen-Akkus sorgen für die Energieversorgung. Modernste Synchronmotoren erreichen sehr hohe Wirkungsgrade und lassen nicht nur die Herzen von Umweltschützern höher schlagen.

Bei allen Vorteilen von elektromechanischen Antriebssystemen sind die Ingenieure weiterhin darauf bedacht, die Leistungsdichte der Elektromotoren nicht nur zu erhöhen, sondern sie auch “auf Strecke” zu bringen. Gegenüber Antrieben mit Verbrennermotoren liegen die Batterielösungen bei längeren Schifffahrten noch im Hintertreffen. Sie müssen nicht nur kompakter und leichter werden ‒ auch ihre Ladezeiten sind noch zu lang. Christian Hoepfner, Experte des Kompetenzzentrum GreenShipping Niedersachsen und geschäftsführender Gesellschafter der Wessels Marine, ergänzt: „Auf kurzen Distanzen in Punkt-zu-Punkt-Verkehren bieten Batterien schon heute hervorragende Lösungen, insbesondere auch für Personen- und Fährverkehre.”

Powering Hybrid Crew Transfer Vessels - Danfoss Editron & Volvo Penta

Welche Schiffe fahren bereits teil- oder vollelektrisch?

Der Schiffsverkehr ist im Bereich der Fährschiffe bereits auf Elektro-Kurs. Viele Reedereien setzen weltweit auf hybride und zum Teil vollelektrische Fähren. Bei großen Containerschiffen sind dieselelektrische Antriebssysteme im Einsatz. Verlässt im Jahr 2022 ein neues Schiff den Trockendock, so liegt die Wahrscheinlichkeit von hybrider Antriebstechnik bei nahezu 100 Prozent. Kein Schiffseigner macht sich künftig abhängig von fossilen Brennstoffen. Ein Greenwashing, von dem Motoristen, Reeder und die Umwelt profitieren. "Der Zukunftsantrieb ist elektrisch", sagt auch Prof. Dr. Markus Bentin, Dekan des Fachbereichs Seefahrt und Maritime Wissenschaften an der Hochschule Emden/Leer. In diesem Sinne: Poseidon, erhöre uns!

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