Verschiedene Elektrotechnik-Komponenten

Ilme setzt auf ­Modularität: Unter 100 verschiedenen Modulen lässt sich der individuelle Steckverbinder zusammensetzen, weitere Variationsmöglichkeiten ergeben sich durch verschiedene Oberflächenbeschichtungen und Gehäusetypen. (Bild: Ilme)

Um die Spindel einer Fräsmaschine anzutreiben, die Daten eines Sensors auszulesen oder Teile auf einem Band zu befördern – ohne Kabel und die passende Anschlusstechnik bewegt sich in der Industrie nichts. Das ist seit gut 100 Jahren so; entsprechend ausgereift und vielfältig ist das Angebot der Hersteller im Bereich elektrische Verbindungstechnik. „Für fast jeden Anwendungsfall gibt es im Bereich Kabel Produkte, die DKE-genormt beziehungsweise UL-geprüft sind“, sagt Sebastian Glatz, Geschäftsführer Fachverband Kabel und isolierte Drähte, ZVEI.

Stark gestiegene Nachfrage

Sebastian Glatz, Geschäftsführer Fachverband Kabel und isolierte Drähte, ZVEI
Sebastian Glatz ist Geschäftsführer des Fachverbandes Kabel und isolierte Drähte im ZVEI. (Bild: ZVEI)

Kabel und Verbindungselemente werden in großer Menge hergestellt und verbaut, entsprechend hoch ist der Bedarf der Hersteller an Kunststoffen, Metallen und Chemikalien. So ist es nicht verwunderlich, dass sich die gestörten Lieferketten in diesem Sektor bereits früh und schmerzhaft bemerkbar machten. „Während der Pandemie haben viele auf die Kabelindustrie geschaut, denn dort hat man die Engpässe bei chemischen Vorprodukten als erstes gespürt“, berichtet Glatz. Das waren vor allem Kunststoffe, Silikone, Folien oder auch Verpackungsmaterialien. Doch mittlerweile habe sich die Situation eingependelt. Verschiedene Studien berichten bereits wieder von einem starken Anstieg der Nachfrage nach den pandemiebedingten Rückgängen im Jahr 2019.

Volker Kaiser, ein Kollege von Sebastian Glatz und Referent für elektromechanische Bauelemente im Fachverband Electronic Components and Systems, kann das bestätigen: „Wirtschaftlich geht es den Herstellern elektromechanischer Bauelemente recht gut – bis auf die temporäre Problematik der Lieferketten und Material­knappheit.“ Der damit verbundene Preisanstieg ist hoch. „Aktuell ist bei den Vorprodukten für Kommunika­tionskabel, hier vor allem Glasfaserkabel, die Beschaffung von Sauerstoff, Gallium und Helium durch Lieferkettenverwerfungen herausfordernd“, sagt Glatz. Die sensible Hochlaufphase der industriellen Produktion trifft auf gestörte oder abgerissene Wertschöpfungsketten, einen Krieg und den Lockdown in Shanghai. Das wirkt sich auf die Verfügbarkeit vieler Rohstoffe aus, allerdings nicht auf alle. „Kupfer ist im Gegensatz zu Aluminium momentan keine Mangelware, auch wenn das börsengehandelte Material heißbegehrt ist“, so Glatz.

Bandbreiten im Fokus

Manuela Gutmann, Division Managerin für Connector Solutions bei Yamaichi
Manuela Gutmann ist die Division Managerin für Connector Solutions bei Yamaichi. (Bild: Yamaichi)

In den Entwicklungsabteilungen befassen sich die Ingenieure und Ingenieurinnen mit den Themen Montagefreundlichkeit, Miniaturisierung, kombinierte Übertragungsmöglichkeiten und steigende Bandbreiten. Hersteller wie Yamaichi Electronics bedienen verschiedene Märkte. Manuela Gutmann, Division Managerin für Connector Solutions bei Yamaichi, beobachtet genau, welche Produkt-Eigenschaften derzeit besonders gefragt sind: „In allen Bereichen stehen zwei Themen im Fokus: Datenübertragungsraten und einfache Handhabung“, so Manuela Gutmann. Das japanische Unternehmen stellt sowohl Standard- als auch kundenspezifische elektromechanische Elektronikkomponenten für Automotive, Industrie, Medizintechnik und Data Networking her.

In der Industrie können die steigenden Bandbreiten noch mit dem klassischen Kupferkabeln abgedeckt werden. „Normalerweise ist die Übertragungskapazität von Standard-Kupferkabeln in der Fabrik nicht ausgeschöpft“, meint Glatz. Kupfer hat Eigenschaften, die besonders in industriellen Umgebungen gefragt sind: „Als Leitermaterial wird Kupfer bevorzugt, aufgrund der Flexibilität, Dehnbarkeit und Säureresistenz“, so Glatz.

Zwei Adern reichen in der Fabrik aus

Die steigende Intelligenz in der Fabrik bewirkt einen stetig wachsenden Bedarf an Leitungen. Häufig eingesetzt werden Single-Pair-Ethernet-Kabel, zweiädrige Leitungen, die leicht sind und einfach zu verarbeiten. Um kleinere Aktuatoren, Sensoren oder Steuerungen anzuschließen, reichen zwei Adern in den meisten Anwendungsfällen durchaus. Wird es datenintensiver, bevorzugen die Anwender allerdings Lichtwellenleiter. „In industriellen Rechenzentren zum Beispiel werden vermehrt Lichtwellenleiter eingesetzt, zumindest für sehr datenintensive Anwendungen“, so Glatz.

Hohe Anforderungen

Christiane Eckwerth, Produktmanagerin Verbindungstechnik bei ifm
Christiane Eckwerth arbeitet als Produktmanagerin Verbindungstechnik bei ifm. (Bild: ifm)

Als Übertragungsstandard hat sich IO-Link breitflächig durchgesetzt, zuerst in der diskreten Fertigung, danach in der Prozessfertigung. Immer mehr Komponenten werden direkt im Feld installiert. „Die Anforderungen an die Schutzart sind dadurch entsprechend hoch“, berichtet Christiane Eckwerth, Produktmanagerin Verbindungstechnik bei ifm. Bei Anwendungen in der Lebensmittelindustrie sind die Anforderungen besonders hoch. Um die Produkte an Umgebungsbedingungen anzupassen, in denen Hygiene eine große Rolle spielt, hat ifm Steckverbinder entwickelt, die über eine höhere Schutzart verfügen. „Für den Anschluss von Sensoren an IO-Link-Master in der Lebensmittelindustrie werden passende Leitungen mit der Schutzart IP69K benötigt. Hier bieten wir ein umfangreiches Sortiment an Leitungen mit gemäß IEC-61076-L-codierten Steckverbindern an. Die L-Codierung und der Leitungsquerschnitt von 2,5 mm2 ermöglichen eine Übertragung von Strömen bis zu 16 A“, erklärt Eckwerth.

Ein immer wiederkehrendes Thema ist die Montagefreundlichkeit. „Verbindungstechnik im Feld hat die besondere Anforderung, möglichst effizient und fehlerfrei konfektionierbar zu sein“, sagt Gutmann. Das liegt laut Jörg Scheer, Executive Vice President Division Device & Field Connectivity bei Weidmüller auch an dem steten Zuwachs an Industrie-4.0-Anforderungen: „Es wird immer relevanter, dass der Zeitaufwand von Installations- und Wartungsarbeiten auf ein Minimum reduzierbar wird. Eine schnelle, einfache und zuverlässige Verdrahtung ist daher eine zwingende Anforderung an die Verbindungstechnik der Zukunft.“ Yamaichi verzichtet aus ähnlichen Gründen auf Systeme, die Spezialwerkzeuge erfordern. „Die Komplexität zu reduzieren, es dem Anwender einfach zu machen und trotzdem eine sichere und zuverlässige Verbindung zu gewährleisten ist entscheidend“, so Gutmann.

Werkzeuglos montieren

Um bei Wartung oder Austausch fest verkabelte Verbindungen nicht zeitaufwendig mit einem Werkzeug lösen zu müssen, gibt es Schnellmonatgesysteme in Schneidklemm- oder Federklemmtechnik. Mit ihren Push-Pull-Rundsteckverbindern Y-Circ P für Single Pair Ethernet bietet Yamaichi eine Produktreihe, die sowohl hohe Datenübertragungsraten erlauben als auch einfach zu konfektionieren ist. „Y-Circ P haben eine einfache Push-Pull-Verriegelung und erlauben Datenraten von 10 Gbit/s.“ Ähnlich konzipiert sind Yamaichis RJ45-Industriesteckverbindern Y-Con und die M12-Rundsteckverbindern Y-Circ M. „Auch bei den internen Steckverbindern ist sichere und einfache Verriegelung entscheidend“, so Gutmann. Die FFC-Steckverbinder Y-Lock mit One-Push-Lock-Mechanismus zum Beispiel erfüllen diese Anforderung.

Bei ifm trägt die Verschlusstechnologie den Namen Ecolink. „Die patentierte Ecolink-Technologie sorgt für eine zuverlässige und dichte Verbindung durch sichere Montage auch ohne Werkzeug“, erklärt Eckwerth. Bei Weidmüller läuft werkzeuglose Anschlusstechnologie unter dem Namen Snap In. „Dank Snap In lässt sich die Klemmstelle zum ersten Mal wirklich werkzeuglos bedienen. Das neue Prinzip überzeugt durch seine intui­tive, zeitsparende und sichere Handhabung: Der abisolierte Leiter wird direkt in eine offene Klemmstelle eingesteckt und rastet dort mit einem deutlich hörbaren Klick ein. Über einen Hebelmechanismus lässt sich die Klemmstelle wieder lösen. All dies ermöglicht eine manuelle oder automatisierte Verdrahtung – Ready to Robot”, erklärt Jörg Scheer.

Verbindungstechnik im Feld muss robust gegenüber Vibration, Schmutz und hohen Temperaturen sein, gleichzeitig darf sie aber nicht zu viel Raum einnehmen. „Der Platz im Schaltschrank ist knapp bemessen“, berichtet Kaiser. So wird eifrig weiter und weiter miniaturisiert und modularisiert. „Miniaturisierung bedeutet auch die Möglichkeit, den Steckverbinder ohne Sichtkontakt zu stecken. Dies findet man zum Beispiel in unseren feldkonfektionierbaren Produkten Y-Circ M und Y-Con“, so Gutmann. Steckverbinder ist nicht gleich Steckverbinder. „Der Trend geht in Richtung individuell, kompakt und kostengünstig. Das bedeutet, dass Steckverbinder aus der Massenfertigung die individuellen Bedürfnisse jedes einzelnen Anwendungsfalls erfüllen müssen“, sagt Patrick Rieckhoff, technischer Leiter, Ilme. Während bei der italienischen Ilme unter dem Markennamen MIXO modulare Steckverbinder als Lösung für individuelle Ansprüche angeboten werden, erreicht gleichzeitig der 3D-Druck als Fertigungsverfahren, das diese Ansprüche erfüllen kann, einen Durchbruch.

Steckverbinder per 3D-Druck marktreif

Volker Kaiser, Referent für elektromechanische Bauelemente im Fachverband Electronic Components and Systems, ZVEI
Volker Kaiser ist Referent für elektromechanische Bauelemente im Fachverband Electronic Components and Systems, ZVEI. (Bild: ZVEI)

„Inzwischen gibt es eine Firma, die erstmalig ein Material für den 3D-Druck mit entsprechenden Eigenschaften entwickelt hat und den Gesamtprozess beherrscht“, berichtet Kaiser. Steckverbinder per 3D-Druck zu fertigen, war bislang unter anderem aufgrund der Anforderungen an Wandstärken und Flammschutz-Eigenschaften nur bedingt möglich. In Kooperation mit einem Unternehmen der elektrischen Verbindungstechnik, das smarte Funktionen in den Steckverbinder integriert hat, kann nun die Firma Cubicure Steckverbinder in größeren Stückzahlen bei gleichbleibender Qualität fertigen. „Ebenso eignet sich der 3D-Druck für kleinere Losgrößen, individuelle Designs und in der Vorentwicklung“, so Kaiser. Allerdings würden sich dadurch die Anforderungen an Entwickler verändern, denn die klassischen Designs können nicht eins-zu-eins übertragen werden. „Der 3D-Druck ist ein anderes Verfahren, das andere Geometrien und andere Materialeigenschaften mit sich bringt“, so Kaiser.

Kompakter und kostengünstiger

Patrick Rieckhoff, Technischer Leiter, Ilme
Patrick Rieckhoff ist technischer Leiter bei Ilme. (Bild: Ilme)

Ein Arbeitskreis des ZVEI hat sich schon länger mit der Frage beschäftigt, ob additive Fertigung ein adäquates Verfahren für die Herstellung von Steckverbindern ist. „Dazu untersuchen wir alles, was es derzeit auf dem Markt gibt, unter den Gesichtspunkten elektrische Eigenschaften wie etwa Durchschlag oder Kriechschutz, Materialeigenschaften wie Flammschutz und Prozessstabilität in der Serienfertigung“, berichtet Kaiser. Ab welcher Stückzahl 3D oder Spritzguss rentabler ist, muss von Fall zu Fall ermittelt werden. Und im Falle zu hoher Kosten kann jederzeit auf das Angebot von Ilme zurückgegriffen werden: „Dadurch, dass ich nur die Module verwende, die wirklich benötigt werden, diese dann in kompakte Gehäuse einsetze und aus verschiedene Oberflächenbeschichtungen der Kontakte auswählen kann, wird der Steckverbinder nicht nur individuell, sondern zusätzlich kompakter und kostengünstiger“, so Rieckhoff. aru

Sie möchten gerne weiterlesen?