Mit Uni Split Gland bietet Pflitsch teilbare Kabelverschraubungssysteme, damit auch konfektionierte

Mit Uni Split Gland bietet Pflitsch teilbare Kabelverschraubungssysteme, damit auch konfektionierte Kabel einfach, sicher und montagefreundlich in Gehäuse eingeführt und abgedichtet werden können. (Bild: Pflitsch)

Vor 50 Jahren erfüllte Otto Pflitsch mit dem System Uni Dicht alle drei auf einmal, seine Idee wurde zur Blaupause für alle modernen Verschraubungen. ke NEXT hat nachgefragt, wie sich die Anforderungen an Kabelverschraubungen in 50 Jahren geändert haben.

Egal, ob das Netzkabel in das Innere einer Schreibtischlampe geführt werden soll, die Steuerleitung in einen Motor oder all die Kabel einer Maschine in das Innere eines Schaltschranks – die Probleme sind immer dieselben: Das Kabel soll sich an der Gehäusewand nicht kaputtscheuern, es sollten weder Feuchtigkeit noch Schmutz durch das Loch ins Innere der Maschine gelangen, und idealerweise bietet die Übergangsstelle auch noch eine Zugentlastung, damit sich nicht bei jedem Ruck am Kabel die Kontakte im Inneren lösen.

Die Idee mit dem gequetschten Gummi

Über viele Jahre wurden zur Abdichtung der Kabeleingänge so genannte Stopfbuchsen verwendet, die sehr aufwendig verkittet werden mussten, um halbwegs dicht zu sein. Zugentlastung boten sie gar nicht, sodass im Gehäuse bei Bedarf zusätzlich Klemmen eingebracht werden mussten, um das Kabel zu fixieren. Diese konnten den Mantel des Kabels bei unsachgemäßer Nutzung aber beschädigen – eine weitere Fehlerquelle.

Uni Dicht

Die klassische Uni Dicht wurde seit 1965 immer wieder verbessert, das Portfolio erweitert. Heute können aus mehreren tausend Einzelteilen rund 50.000 Katalogprodukte kombiniert werden. Bild: Pflitsch

Die Firma Pflitsch kannte all diese Probleme nur zu gut, war sie doch bereits seit ihrer Gründung 1919 in der damals noch neuen Elektrotechnik unterwegs. Ging es anfangs noch um elektrische Kleinteile, waren ab den 1930er-Jahren bereits Kabelverschraubungen im Programm.

In den 1950er-Jahren gab es erste Bauvorschriften auch für Kabeleinführungen, auf deren Basis Pflitsch die Kabelverschraubung „Opeco“ erfand, bei der ein Gummiring in der Messingstopfbuchse zwischen Unterlegscheiben so gequetscht wurde, dass sich der Spalt zum Kabel schloss. Das war schon besser, aber Pflitsch tüftelte weiter an seinem System.

Die zündende Idee war es, den Dichteinsatz aus dem damals neuartigen PVC-Kunststoff direkt in den Verschraubungskörper zu spritzen und so einen Gummistopfen zu erhalten, der das Kabel auf einer größeren Länge umschloss und beim Verschrauben quetschte, ohne den Kabelmantel dauerhaft zu verformen.

Das war 1965, „Uni Dicht“ war erfunden. Plötzlich waren die Verschraubungen dicht, kabelschonend und zugleich zugentlastend. Damals ein Quantensprung, den sich Pflitsch auch durch Patente sichern ließ. Dank unverlierbarer Dichtungen und einem flexiblen Baukastensystem verbreitete sich das System weltweit und wurde nach dem Wegfall der Patente natürlich auch fleißig kopiert.

Technologieführer statt Massenmarktführer

Gegen den Druck des Marktes und der Kopisten setzte Pflitsch über die Jahre konsequent auf Innovationen. Schon die Vorteile des ursprünglichen Systems konnten sich sehen lassen: Uni Dicht bietet eine Vollisolati- on in der Metall-Verschraubung ohne Verkitten, die saubere Abdichtung durch die Verwendung von kabelspezifischen Dichteinsätzen, zudem die Abdichtung der Verschraubungen gegenüber der Gehäusewand durch einen nutgeführten O-Ring aus Kautschuk, was zu einer über der Norm liegenden Schutzart (bis IP 68) führt. Hinzu kommt eine umfassende Zugentlastung.

Info

Kabekanäle

Bild: Pflitsch

Kabelkanäle von Pflitsch

Neben den Verschraubungen bietet Pflitsch auch Kabelkanäle an. Die Kanäle können auf der gesamten Strecke geöffnet werden, um Kabel einfach einzulegen oder Änderungen in der Kabelführung ohne großen Aufwand vornehmen zu können. Mit verschiedenen Formteilen, Teleskop- und variablen Winkelstücken sowie etwa 2000 Systemteilen ergeben sich für die Kabelführung sehr viele Einsatzmöglichkeiten.

Der stabile Automobil-Kanal dient mit hoher Trittlast, Antirutsch-Riffelblechabdeckung und Stützfüßen als begehbarer Bodenkanal für die Kabelführung zwischen Schaltschrank und Roboter. Mit dem Slimline-Kanal bietet der Hersteller ein kostengünstiges Kabelkanal-System, mit dem sich die Kabelführung in Standard-Anwendungen sicher realisieren lässt. Noch flexibler sind die offenen Gitter-Kanäle, die sich mit wenigen Verbindern und Werkzeugen einfach konfigurieren und montieren lassen. Rund um die Kabelkanäle bietet Pflitsch ein Dienstleistungspaket, das von der Planung bis zum Einbau der Baugruppen inklusive der Befestigungstechnik reicht.

Über die Jahre entwickelten die Ingenieure von Pflitsch eine Vielzahl von Produktlösungen, immer wieder angestoßen durch neue Kundenanforderungen. Spezielle Kabelquerschnitte und -formen, länderspezifische Gewinde und vor allem die Forderung nach elektromagnetischer Verträglichkeit (EMV) trieben die Entwicklung an. Heute erfüllen Uni Dicht sowie die besonders hochwertige Produktreihe Blueglobe mit ihrer Typenvielfalt alle Anforderungen der EN 50262 sowie der relevanten internationalen Richtlinien für Kabel- und Leitungseinführungen.

Auch die Dichteinsätze wurden kontinuierlich verbessert: Sie werden heute nicht mehr in den Schraubkörper gespritzt, sondern sind einzeln tauschbar. Sie bestehen aus hochwertigem, thermoplastischem Elastomer (TPE), das resistent gegen viele Chemikalien ist und eine verbesserte Zugentlastung bringt. Ein Farbcode erleichtert dem Anwender die Zuordnung des Dichteinsatzes zum Kabeldurchmesser: Dichteinsätze für 4 mm bis 6,5 mm Kabel sind gelb, für 7 mm bis 10,5 mm grün und für 20 mm bis 25 mm orange. Mit den transparenten Dichteinsätzen aus LSR-Silikon ist Uni Dicht darüber hinaus einsetzbar bei Umgebungstemperaturen von -60 °C bis 200 °C: vom Eisenbahnwagen in Sibirien bis zum Gehäuse eines Elektrogrills also.

Qualität auch für den Massenmarkt

kugelförmiger Dichteinsatz

Größere Dichtbereiche, höhere Dichtigkeit, bessere Zugentlastung und eine eindeutige Kennzeichnung – das sind die Hauptvorteile der Kabelverschraubung Blueglobe. Das Besondere dieser Verschraubung ist der kugelförmige Dichteinsatz aus einem spezialmodifizierten Kunststoff. Bild: Pflitsch

Die Flexibilität und Variabilität des Pflitsch-Systems bietet viele Vorteile, aber auch einen Nachteil: Sie ist etwas teurer als simple Massenlösungen. Für all jene Kunden, die die hohe Qualität des Uni-Dicht-Systems gerne hätten, die aber hohe Stückzahlen benötigen und zugleich weniger Variationsmöglichkeiten, bietet Pflitsch nun ganz neu das Modell Uni Dicht 2M mit metrischen Gewinden von M16 bis M40. Es nutzt die selbe radialsymmetrische, weiche Kabelpressung für hohe Schutzarten und Zugentlastungswerte.

Der Hauptfokus der Entwicklung lag auf sehr großen Dichtbereichen sowie auf geringen Bauhöhen und kleinen Schlüsselweiten. Bei der Installation sind somit eine hohe Packungsdichte und damit sehr geringe Lochabstände möglich. Da Doppelnippel und Druckschraube identische Schlüsselweiten haben, benötigt der Monteur bei der Installation nur einen Schraubenschlüssel.

Im montierten Zustand erreicht die 2M die Schutzart IP 68 bis 10 bar und ist einsetzbar im Temperaturbereich von -40 °C bis 130 °C. Sie ist geprüft nach der aktuellen EN 62444 und nach EN 60079 Atex. Eine Ausweitung des Programms wie beim Uni-Dicht-System mit EMV-, Mehrfach- und Schlauchvarianten ist aber ausdrücklich nicht geplant.

Bereit für Industrie 4.0

Datenleitungen

Heute werden immer mehr Datenleitungen verlegt, die oft bereits vorkonfektioniert geliefert werden. Dank teilbarer Systeme wie Uni Flansch und Uni Split Gland gibt es auch hierfür passende Lösungen. Bild: Pflitsch

Heute gibt es die Kabelverschraubungen in den Größen M4 für ganz dünne Kabel bis zur M120 für dicke Energieleitungen. Die Verschraubungskörper sind verfügbar in den Metallen Messing, Zink, Edelstahl, Aluminium und in den Kunststoffen PVDF und PA 6(3). Und auch für einen weiteren Trend sieht sich Pflitsch gerüstet: Industrie 4.0. Die Vernetzung erfordert zum Einen mehr Kabel für die zusätzliche Intelligenz. Zum Anderen werden immer häufiger vorkonfektionierte Kabel eingesetzt, die bereits mit schnell weiterzuverarbeitenden Steckverbindern ausgestattet sind.

Die lassen sich natürlich in vielen Fällen nicht mehr durch einen geschlossenen Dichtring führen. Daher hat der Hersteller aus Hückeswagen mit Uni Flansch und Uni Split Gland teilbare Kabelverschraubungssysteme entwickelt, sodass auch konfektionierte Kabel einfach, sicher und montagefreundlich in Gehäuse eingeführt und abgedichtet werden können. Denn bei all der Intelligenz und Vernetzung wäre es doch schade, wenn die vierte industrielle Revolution an durchgescheuerten Kabeln scheitern würde, oder?

Im Gespräch mit Carsten Wohlrath, Pflitsch

Carsten Wohlrath

Carsten Wohlrath ist seit 1995 bei Pflitsch. Heute ist er in der Geschäftsführung Prokurist und verantwortlich für den Bereich Vertrieb inklusive Produktmanagement und Marketing. Bild: Pflitsch

„Die Büroklammer des Elektrikers“

Herr Wohlrath, was ist das Besondere an Pflitsch?
Unser Uni-Dicht-System ist bei den Kabelverschraubungen das weltweit größte System an verkaufsfähigen Artikeln, die auch nach Katalog verfügbar sind. Das sind ungefähr 50.000 Varianten. Das ganze machen wir aus 8000 Einzelteilen, die wir lagermäßig in Hückeswagen führen und so weltweit zur Verfügung stellen können.

Aber ganz ehrlich: Eine Kabelverschraubung, das ist doch ein Stück Metall oder Kunststoff, ein normiertes Gewinde und etwas Gummi. Kann das nicht eigentlich jeder herstellen? Was können Sie da besser?
Grundsätzlich haben Sie Recht, die Gewinde gibt es in zehn Größen bei PG und 15 Größen bei metrisch. Das ist eine überschaubare Anzahl von 25 Anschluss-Stutzen, die man braucht. Aber davon gibt es jeweils mehrere Varianten von Material und Form. Dann gibt es auch noch 30 oder 40 verschiedene Gegenstücke für die Druckschraube, mit der der Dichteinsatz gequetscht wird. Die Dichteinsätze kann man in vier verschiedenen Werkstoffen kombinieren, und bei den Mehrfacheinsätzen haben wir um die 500 verschiedene davon. Außerdem: Wenn der Kunde bis Mittag bestellt, bekommt er das nachmittags noch in den Paketdienst gepackt und kann es am nächsten Morgen um acht Uhr bei sich haben. Das gilt für 99 Prozent unserer Produkte. Das können die meisten anderen Hersteller nicht.

Das heißt, Sie haben hauptsächlich Katalogware?
Ja, der Hauptteil, den wir haben, ist im Katalog. Aber die große Spezialität von uns ist, dass wir aus diesen vielen Einzelteilen Anfragen der Kunden relativ schnell und einfach mit einer Problemlösung aus dem Standardsystem beantworten können. Aber natürlich bieten wir bei Bedarf auch kundenspezifische Entwicklungen.

Ein Blick in die Zukunft: An welchen Neuheiten arbeiten Sie derzeit?
Nun, zum Einen haben wir gerade die neue Uni Dicht 2M herausgebracht, die bezogen auf das Anschlussgewinde maximale Durchmesser bietet und sehr materialsparend entwickelt ist. Damit wollen wir die bekannte Qualität auch für Massenbedarfsträger bieten. Was die teilbaren Kabeldurchführungen angeht, wollen wir das auf weitere Größen übertragen. Außerdem haben wir die teilbaren Modelle von der Verschraubungsseite her bislang nur in Kunststoff gemacht, das werden wir im nächsten Jahr in Metall vorstellen.
Denn auch in robusteren Umgebungen, ob es nun im Zug oder im Maschinenbau ist, wo Kunststoff nicht verwendet werden kann, weil die Schlagenergie oder die Temperatur zu hoch ist, werden die teilbaren Kabelverschraubungen nachgefragt. wk

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