Comau ist ein Line-Integrator und fertigt Roboter-Schweißstraßen für Automobilhersteller. Solche

Comau ist ein Line-Integrator und fertigt Roboter-Schweißstraßen für Automobilhersteller. Solche Linien umfassen bis zu 600 Roboter.

Genau das geschah vor sechzehn Jahren in Turin. Die Ereignisse von damals haben zu weitreichenden Verbesserungen im High-End-Bereich für Kabel geführt. Lapp Muller, als Unternehmen der Lapp Gruppe, hat damit ein Stück Kabelgeschichte geschrieben.

 

Im März 1998 hatte Comau, einer der bedeutendsten Roboter-Hersteller für die Automobilindustrie, technische Probleme: Fertigungsroboter von Comau waren mit Kabeln eines Zulieferers ausgestattet, die den hohen Belastungen in den Roboterarmen nicht länger standhielten. Die Folge: Produktionsausfall. Kurzerhand beauftragte Comau die Spezialisten von Muller, seit 2003 Lapp Muller, aus dem südfranzösischen Grimaud, das Problem zu lösen. Bereits am nächsten Tag reiste ein Team des zur Lapp-Gruppe gehörenden Unternehmens nach Turin und machte sich daran, den Fehler zu suchen.

Letzterer lag in den Kabeln und Steuerungen der Roboter. „Wir haben dann jeden einzelnen Roboter samt Motoren und Kabeln analysiert“, erklärt Emmanuel Palmas, Export Manager bei Lapp Muller. Nach der technischen Visite erkannten die Spezialisten, dass die bislang genutzten Kabel den hohen Belastungen in diesem Anwendungsfall nicht standgehalten hatten.

Auch für Lapp Muller wurde schnell ersichtlich, dass die erforderliche Belastbarkeit eine besondere Herausforderung war. „Wir haben auch gemerkt, dass es keine Standardlösung gab, die diesen Anforderungen gewachsen war“, so Palmas weiter.

„Deshalb mussten wir insgesamt neun verschiedene Kabel von Grund auf neu entwickeln. In nur vier Monaten hatten wir die Prototypen fertiggestellt.“ Dem Lapp-Muller-Team fiel außerdem auf, dass die alten Kabel nicht richtig montiert waren: Sie überkreuzten einander, was zu höheren mechanischen Belastungen führte. Deshalb übernahm der Kabelspezialist auch gleich die Montage der Kabel an den Robotern.

Individuell zugeschnittene Kabellösung

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Hochgeschwindigkeitsarbeit unter extremen Belastungen: Fällt ein Roboter aus, steht die Produktion still und es entstehen Millionen-Schäden. Bild: Lapp

Lange Zeit hatte Comau mit einem Anbieter vor Ort in Turin zusammengearbeitet. „Seitdem wir jedoch Comau beweisen konnten, dass wir ihre Probleme lösen und bei Bedarf auch in dreieinhalb Stunden vor Ort sein können, ist man dort überzeugt. Seitdem arbeiten wir bei jedem neu entwickelten Roboter direkt mit der Entwicklungsabteilung von Comau zusammen – das zeigt, wie eng inzwischen die Partnerschaft und wie groß das gegenseitige Vertrauen ist“, sagt Palmas stolz. Das Ergebnis dieser engen Zusammenarbeit ist eine individuell auf die Bedürfnisse des jeweiligen Roboters zugeschnittene Kabellösung.

Die derzeit modernste Fertigungslösung von Comau heißt Open Robo Gate. Diese wird zum Beispiel im Fiat-Werk in Melfi eingesetzt. In dem süditalienischen Werk bei Neapel werden das Jeep-Einsteigermodell Renegade und der Fiat 500X produziert. Damit können bis zu sechs verschiedene Fahrzeugkarosserien in einem willkürlichen Mix gefertigt werden.

Die Roboter produzieren in höchstem Tempo: Jede Karosserie in weniger als einer Minute. Allein schon durch die sehr kurzen Taktzeiten, die hohe Beschleunigungen und harte Bremsungen notwendig machen, sind die mechanischen Belastungen und die allgemeinen Anforderungen an die Kabel sehr hoch. Hinzu kommt, dass bei den Fertigungsrobotern alle Kabel im Inneren der Roboterarme liegen.

Consorzio Macchine Utensili

Comau erhielt seinen Namen ursprünglich aus der Abkürzung Consorzio Macchine Utensili und gehört heute, nach 40 Jahren Erfahrung im Bereich hoch entwickelter Fertigungssysteme, zu den Weltmarktführern für nachhaltige Automatisierungs- und Servicelösungen. Bild: Lapp

Das ist notwendig, weil in der Fertigungsstraße bis zu 18 Roboter gleichzeitig auf engstem Raum arbeiten – wären die Kabel außen am Roboter verlegt, würden sie sich unweigerlich ins Gehege kommen. Ein sicherer und zuverlässiger Betrieb wäre nicht möglich.

Für die Kabel bedeutet das aber, dass der Platz sehr begrenzt ist. Das wiederum macht geringe Biegeradien notwendig: Höchstens das Achtfache des Kabelaußendurchmessers darf der Biegeradius betragen. Je enger er ist, umso größer ist der Stress für das Kabel. „Robotik ist die Königsdisziplin für Kabel, etwas Anspruchsvolleres gibt es nicht“, betont Palmas.

Für die EMV-Abschirmung werden wegen der starken mechanischen Belastungen durch das ständige Biegen mit engen Radien hochwertige verzinnte Kupferbänder eingesetzt. Diese Abschirmung hält bis zu zehn Millionen Bewegungszyklen aus, bevor sie verschleißt. Bei herkömmlichen Abschirmungen geschieht dies oft schon nach 100.000 Zyklen. Der Kabelmantel besteht je nach Anwendung aus strapazierfestem Polyurethan oder Polypropylen.

Wechselnde Parameter

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In Arbeit: Einen Blitzstart hat der neue Fiat 500X in Italien hingelegt. In seinem Heimatland begeisterte der neue Crossover schon am ersten Tag mehr als 70.000 Besucher bei den Händlern. Bild: Lapp

Palmas kennt das Projekt wie kaum ein anderer. 1998, als die Zusammenarbeit zwischen Comau und Lapp Muller begann, war er noch Student und fing gerade erst an, in der Entwicklungsabteilung des Kabelspezialisten zu arbeiten. Sein erster Job war die Betreuung des bevorstehenden Projekts in Turin. „Als das Projekt startete, hatten wir keine Anforderungsbeschreibungen, was unsere Arbeit besonders schwierig machte“, so der Ingenieur. „Anfangs stand ich täglich in Kontakt mit dem technischen Manager für die Roboterverkabelung von Comau. Bis wir die Prototypen gefertigt hatten, vergingen vier Monate.

In der Zeit bekam das Projektteam zusätzlich wöchentlich Informationen von Comau und unseren eigenen Experten, um zu überprüfen, ob das Kabel alle technischen Anforderungen erfüllt. Anschließend haben wir bei Lapp Muller ein Team zusammengestellt, das diese Kabel produziert. Eine enge Zusammenarbeit und ständige Kommunikation sind im Automotivebereich sehr wichtig, weil hier nichts Standard ist“, erklärt Palmas. Zu Beginn der Kooperation lief eine neue Produktion an, und der Fahrzeughersteller änderte seine Parameter täglich.

„Die Aufgabe“, so Palmas, „war neu für Comau und neu für uns, deshalb hatten wir zu dieser Zeit täglichen Kontakt.“ Nachdem technische Änderungen vorgenommen worden seien, habe man bei Lapp Muller in der Produktion daraufhin oft alles stoppen und von neuem anfangen müssen. Die Definitionen für das Produkt änderten sich damals teilweise täglich. „Vor 15 Jahren war das alles für uns neu; deshalb mussten wir sehr viele Kabelprototypen produzieren. Inzwischen statten wir alle Comau-Roboterarme mit fünf verschiedenen Hybridkabeln für die bewegten Anwendungen aus“, sagt Palmas.

Kabel überstehen Modellzyklus

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Heute kann Comau seine Roboter mit acht Jahren Garantie verkaufen, was für die Stärke der Kabel – als eigentlich schwächste Glieder in der Kette – spricht. Bild: Lapp

Was damals als Noteinsatz begann, definiert bis heute die Anforderungen an Kabel im höchsten Belastungsbereich und führte zu einer hohen Langlebigkeit. Kabel von Lapp Muller werden jeweils auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden abgestimmt. Bei Comau hat das dazu geführt, dass der Hersteller auf seine Fertigungsroboter Hollow Wrist acht Jahre Garantie geben kann – statt einem Jahr, wie bei Robotern mit externer Verkabelung üblich. Das entspricht einem kompletten Modellzyklus. Comau nimmt regelmäßig Stichproben, verbaut die Kabel in die Roboter und testet sie täglich. Die Roboter werden so programmiert, dass sie die anspruchsvollsten Bewegungszyklen in höchstem Tempo absolvieren.

Nach sechs oder acht Monaten höchster Belastung kann Lapp Muller definieren, wie viele Millionen Zyklen der Roboter absolvieren kann, ohne dass ein Kabel bricht. Heute kann Comau seine Roboter mit acht Jahren Garantie verkaufen, was für die Stärke der Kabel – als eigentlich schwächste Glieder in der Kette – spricht. In der Praxis bedeutet das, dass die Roboter während ihrer Standzeit nicht gewechselt werden müssen.

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Dieser Comau-Roboter fertigt bis zu sechs verschiedene Fahrzeugkategorien im Mix. Bild: Lapp

Ein Beispiel dafür war die Fertigung des Fiat 500 im Jahr 2007. Das Fahrzeug wurde weltweit in einem einzigen Werk im polnischen Tychy produziert – mit so vielen Vorbestellungen, dass Fiat die Fahrzeuge so schnell wie möglich herstellen musste.

Die Wartezeit für Käufer betrug mindestens fünf Monate. Fiat konnte sich deshalb nicht die geringste Verzögerung bei der Fertigung leisten. Im Februar 2008 erhöhte Fiat die Produktion sogar von ursprünglich 120.000 auf 190.000 Exemplare jährlich. Die Comau-Roboter bestanden auch diese Prüfung.
Seit 1998 hat Lapp Muller insgesamt mehr als 15.000 Comau-Roboter mit mehr als 1000 Kilometer der hochspezialisierten High-End-Kabel ausgestattet. Im Vergleich zu Standardkabeln ist das zwar sehr wenig, aber für individuell entwickelte Kabel im absoluten High-End-Bereich ist die Menge enorm. 

 

Hintergrundinfos

Lapp Muller und die Robotik

Lapp Muller, ein Unternehmen der Lapp-Gruppe, ist einer der wenigen Spezialisten für die Produktion von Roboterleitungen und kennt alle Anforderungen in Bezug auf Kabelaufbau, Schirmung und Materialzusammenstellung. „Spezialleitungen sowie Sonderanfertigungen sind nahezu Standard im Bereich der Robotik“, verdeutlicht das Unternehmen Lapp.
Lapp Muller mit Sitz in Grimaud an der südfranzösischen Cote d‘Azur fertigt seit mehr als 30 Jahren spezielle Steuer- und Datenleitungen für die Robotik, Sonderleitungen sowie entsprechende Kabelkonfektionen. Auch entwickelt das Unternehmen hochkomplexe Hybridleitungen, die aufgrund von beengten Platzverhältnissen in Robotersystemen stärker als in anderen Applikationen nachgefragt sind.

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