In Zeiten globaler Märkte steigen der Wettbewerbs- und Preisdruck – und das bei zunehmender Produktvielfalt und abnehmenden Produktzyklen. Für viele Unternehmen sind in den letzten Jahren Automatisierungslösungen mit Thema Cobots" target="_blank">kollaborierenden Robotern zum Schlüssel geworden, diesen Veränderungen und Herausforderungen erfolgreich zu begegnen. Cobots wie die Roboterarme von Universal Robots können nach erfolgreich abgeschlossener Sicherheitsprüfung auf engstem Raum mit ihren menschlichen Kollegen zusammenarbeiten.

Aber schafft es ein Roboter auch, nur durch Beobachten von seinen menschlichen Kollegen zu lernen? Dieser Frage ging David Vogt, Roboterforscher an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg (TU Freiberg) nach. Cobots eignen sich sehr gut, um Menschen von ergonomisch ungünstigen oder sogar potenziell gefährlichen Aufgaben zu entlasten. Wie und in welchem Ausmaß das im Bergbau möglich ist, erforscht ein weiteres Projektteam der Universität.

Der lernende Roboter, der mit Lego spielt

In der industriellen Fertigung, und gerade in kleinen und mittelgroßen Unternehmen, übernehmen Cobots oft nicht nur eine einzige Aufgabe, sondern werden zur Automatisierung mehrerer, unterschiedlicher Arbeitsschritte eingesetzt. Die dafür notwendige Neuprogrammierung geht zwar schnell und unkompliziert. Was aber, wenn sie überhaupt nicht mehr nötig wäre? David Vogt von der TU Freiberg ging in einem Forschungsprojekt dieser Frage nach.

Vogt forscht an der Universität an und mit humanoiden Robotern. Die Idee für sein Projekt entstand, als er mit seinem Sohn Lego spielte: Die beiden bauten mit den bunten Klötzchen eine Spielzeugrakete und Vogt fragte sich, ob er das wohl auch einem Roboter beibringen könne. Beim Praxistest kam neben den heimischen Legobausteinen der universitätseigene Roboterarm, das Modell UR5 von Universal Robots, zum Einsatz, der mit einem Drei-Finger-Greifer und zwölf speziellen Kameras ausgestattet war. Mit diesen konnte er die Bewegungen der Wissenschaftler beobachten, die entsprechende Sensoren an Händen und Armen trugen.

Er sollte im Prinzip lernen, wie Kinder es tun: Durch einfaches Zuschauen und Nachahmen. Aufgabe des UR5 war es, genau die Rakete zu bauen, die Vogt bereits mit seinem Sohn zusammengesetzt hatte – eine filigrane Aufgabe, die eine gewisse Fingerfertigkeit erfordert. Der Roboter-Schüler erwies sich als gelehrig: Nachdem er ein einziges Mal David Vogt und seine Kollegen beim Bau der Lego-Rakete beobachtet hatte, konnte er diese schon nachbauen.

Dabei setzte er sie nicht nur für sich alleine zusammen, sondern war in der Lage, mit seinem menschlichen Spielgefährten zu interagieren: Er analysierte die gerade stattfindende Tätigkeit und wie er ihm im nächsten Schritt helfen konnte. Sah er beispielsweise, dass der Mensch den nächsten Legostein anbauen wollte, reichte er ihm das passende Klötzchen an. Vogt ist mit dem Ergebnis seines Projekts sehr zufrieden: Der von David Vogt programmierte UR5 ist bisher einer von sehr wenigen Robotern, die durch Zuschauen vom Menschen gelernt haben. Zukünftig könnte diese Technologie die Implementierung – quasi das Anlernen – sowie den Einsatz von Robotern beispielsweise in der industriellen Fertigung noch weiter vereinfachen und damit zu ihrer flächendeckenden Verbreitung, nicht nur in kleinen und mittelständischen Unternehmen beitragen.

Lernende Roboter, die Menschen bei ihrer täglichen Arbeit unterstützend zur Seite stehen, sind auch eine große Vision der Servicerobotik. Das gemeinsame Tragen des Einkaufs oder die Möglichkeit mit dem Roboter Möbelstücke aufzubauen, sind dabei nur der Anfang.

Julius, der Bergwerkroboter

Julius ist ein weiterer Roboter, der aus der Forschung der TU Freiberg hervorgegangen ist und im universitätseigenen Bergwerk zum Einsatz kommt. Allerdings steht für ihn nicht das Spielen mit Legoklötzchen auf dem Programm. Seine Aufgabe ist eine sehr viel härtere: Das Team des Mining-Rox-Projekts der TU Freiberg – der einzigen europäischen Universität mit einem Lehr- und Forschungsbergwerk – erforscht, auf welche Weise autonome Roboter wie Julius gefährliche und schwierige Aufgaben im Schacht vom Menschen übernehmen und zudem bei Rettungseinsätzen unterstützen können.

Die Arbeit im Bergbau war immer schon gefährlich und ist es bis heute. Mögliche Tunneleinbrüche oder Explosionen stellen eine permanente Gefahr dar. Zudem ist die Arbeit unter Tage durch die heiße, feuchte und sauerstoffarme Arbeitsumgebung besonders hart und anstrengend. Zukünftig werden sich diese Bedingungen noch weiter verschärfen, da die Mineralien nah an der Oberfläche bereits abgebaut sind und daher in immer größerer Tiefe geschürft werden muss. Die tiefsten Gruben reichen schon jetzt bis zu vier Kilometer in den Untergrund. Hier herrschen Bedingungen, die für Menschen fast unerträglich sind, für Roboter wie Julius aber kein Problem darstellen.

Roboter Julius, benannt nach dem deutschen Mathematiker und Ingenieur Julius Weisbach, der im 19. Jahrhundert als Professor für angewandte Mathematik, Mechanik, Bergmaschinenlehre und allgemeine Markscheidekunst an der Bergakademie Freiberg lehrte, ist einer von zwei Forschungsrobotern in dem Projekt. Julius´ Basis ist eine vierrädrige, besonders geländetaugliche Roboter-Plattform von Innok. Erweitert wurde dieser mit dem Leichtbau-Roboterarm UR5 von Universal Robots. Dieser ist mit einem Drei-Finger-Greifer von Robotiq als Endeffektor ausgestattet, der Dinge umschließend greifen kann. Damit ist es dem Roboter möglich, auch Handgeräte und Werkzeuge zu benutzen, die für Menschen gemacht wurden. Diese setzt er beispielsweise ein, um Proben zu nehmen oder mittels eines Röntgenfluoreszenzanalyse-Handscanners (RFA) Gesteinszusammensetzungen mittels Oberflächenmessungen zu bestimmen.

Der Roboter verfügt zudem für die Erstellung von 3D-Scans über Scheinwerfer und Laserscanner vorn und hinten, die durch Stoßstangen geschützt sind. Ein Stereokamerasystem wurde mittig auf einem Kameramast angebracht und auf einer Schwenk-Neigeeinheit montiert. Dies ermöglicht den Blick sowohl nach vorne als auch nach hinten und ermöglicht nicht nur eine einfachere und exaktere Navigation des Bergassessor-Roboters im Einsatz, sondern auch das akkurate Kartographieren der Schächte, in denen Julius unterwegs ist.

Bislang ist es eine von Julius´ Aufgaben, bei der Bergwerksvermessung zu assistieren. Dabei vermisst er autonom die Umgebung und sammelt Daten mit Hilfe eines für Menschen gemachten Handmessgerätes. Ein anderes mögliches Einsatzszenario für den Roboter ist die Erkundung von Bereichen des Schachts, die für Menschen gefährlich sind, beispielsweise im Katastrophenfall oder in verlassenen Bergwerken. Für diese Erkundungsaufgaben wird der Roboter üblicherweise ferngesteuert und platziert hierfür selbst WLAN-Relaisstationen auf seinem Weg durch den Schacht, um so einen Datenkommunikationslink zu seiner Basisstation herzustellen.

Mit Blick in die Zukunft sagt Professor Bernhard Jung von der TU Freiberg: „In den tiefen Bergwerken der Zukunft wird es sehr heiß und Belüftungs- und Kühlsysteme werden wirtschaftlich nicht tragbar sein. Tatsächlich ist der voll automatisierte Schacht ohne menschliche Arbeiter eine langfristige Vision in der Bergwerksforschung, die sich auf lange Sicht bewahrheiten wird.“ jl

Kurz zusammengefasst

Die Leichtbaurobotik und insbesondere die Mensch-Roboter-Kollaboration werden nicht nur die industrielle Produktion, sondern auch Bereiche wie Medizin, Pflege oder Dienstleistungen in Zukunft entscheidend mitbestimmen. Forscher arbeiten kontinuierlich daran, die Technologie weiter zu verbessern und neue Einsatzszenarien zu testen. Roboter, die durch Zuschauen lernen, und kollaborierende Roboter im Bergbau sind nur zwei Beispiele für das große Potenzial und die Chancen, welche die Technologie für Unternehmen jeder Branche bieten. Kollege Roboter, bitte übernehmen!

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