Die DCX-Motoren können mit weiteren X-Antriebskomponenten wie zum Beispiel Getrieben und Encodern

Die DCX-Motoren können mit weiteren X-Antriebskomponenten wie zum Beispiel Getrieben und Encodern kombiniert werden. (Bild: Maxon Motor)

Schon auf den ersten Blick erinnert das User Interface an die großen Online-Shop-Brüder aus dem Consumer-Bereich: Ohne Getriebe, mit Getriebe? Ohne Sensor, mit Sensor? Welche Wicklung oder welche Leistungsbereiche sind gewünscht? Die Anzahl an Häkchen und Auswahlmöglichkeiten im frei zugänglichen Online-Konfigurator von Maxon Motor lassen keine noch so spezielle Anforderung offen. Sogar einen Preis spuckt das System nach der Konfiguration aus. „Und nach elf Tagen haben Sie Ihren Antrieb in der Post“, ergänzt Eugen Elmiger, CEO von Maxon Motor, stolz. Die Geschwindigkeit des Bestellvorgangs ist aber nicht das eigentlich innovative des Konfigurators. Deutlich wegweisender ist da schon die Art und Weise, wie Maxon Motor den Kunden in die Entwicklung der gewünschten Technologie mit einbezieht. Und das nicht ohne Grund: „Kunden wissen heute über Antriebe oft genauso viel wie wir“, erklärt Elmiger. Die Zeit des klassischen Vertrieblers, der mit Bauchladen und exklusivem Fachwissen beim Kunden vor Ort auftaucht, scheint demnach vorbei. Kunden wollen heute selbst bestimmen, wann sie ihren Antrieb wie konfigurieren. Bei Maxon Motor kann sich der Kunde austoben: Bis zu 49 Antriebe können direkt online bestellt werden. Begrenzt wird die Vielfalt lediglich durch das Maxon-eigene Baukastensystem.

DCX-Motoren

Die DCX-Motoren können mit weiteren X-Antriebskomponenten wie zum Beispiel Getrieben und Encodern kombiniert werden. Bild: Maxon Motor

Mehr Varianten, mehr Power

Da trifft es sich gut, dass die nun schon zwei Jahre alte Maxon-X-Drives-Familie Zuwachs bekommt. Denn auf diesem Weg kann der Online-Konfigurator gleich einmal zeigen, was er kann. So kommen die neuen DCX-Motoren und GPX-Getriebe jetzt mit noch mehr Kombinationsmöglichkeiten, die im Konfigurator schnell und einfach umgesetzt werden können. Kombiniert werden können die DCX-Motoren mit weiteren X-Antriebskomponenten, wie zum Beispiel Getrieben und Encodern. Weitere Neuheit mit Spareffekt: Zur bestehenden Palette an bürstenbehafteten DC-Motoren kommen vier Motorengrößen hinzu. Die Durchmesser 14, 16, 22 und 26 Millimeter sind jetzt auch jeweils in der langen Version (L) erhältlich, was ein höheres Dauerdrehmoment und eine höhere Dauerabgabeleistung mit sich bringt. Noch größer wird der Spareffekt für Kunden, wenn die neuen Maxon-GPX-Planetengetriebe in der dreistufigen Ausführung mit dem jeweils kleineren Motor kombiniert werden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Das Antriebspaket wird dadurch kleiner, leichter und günstiger. „Die wichtigsten Anforderungen, mit denen Kunden auf uns zukommen, sind nicht umsonst immer noch Stromeffizienz, Gewicht und Performance“, erklärt Elmiger. Die Getriebe kommen neu mit den Größen 14, 19, 26 und 37 Millimeter und sind ausnahmslos mit skalierten Getriebestufen aufgebaut.

speziellen Wicklungstechnologie

Dank der speziellen Wicklungstechnologie und der vierpoligen Magneten sind die EC-4-Pole-Antriebe stark, wenn es um höchste Leistung pro Volumen- und Gewichtseinheit geht. Bild: Maxon Motor

Auch am Verschleiß hat Maxon wieder gefeilt: mit Keramik. So können die bestehenden GPX-16- und GPX-32-Planetengetriebe zum Beispiel bequem im Online-Konfigurator mit verschleißarmen Keramikachsen bestückt werden. Wer besonders ruhige Getriebe möchte, kann hingegen auf Kunststoff-Planetenräder von Maxon zurückgreifen. Die Qual der Wahl perfekt macht der neue ENX-16-Easy-Absolut-Encoder, der entweder als SSI oder BISS-C-Variante bestellt werden kann.

Langversionen von bürstenbehafteten DC-Motoren

Mehrere Langversionen von bürstenbehafteten DC-Motoren erweitern das Sortiment. Zudem präsentiert Maxon Motor vier neue GPX-Planetengetriebe. Bild: Maxon Motor

Integration zum Kunden

Integration wird zunehmend zum entscheidenden Effizienzhebel in der Antriebstechnik: Die intelligente Verbindung von Antriebstechnik, Sensorik und Automatisierung wird immer entscheidender. Das weiß auch Maxon Motor und setzt deshalb auf den Systemgedanken und eine intelligente Dimensionierung mit einer leistungsfähigen Auslegungssoftware sowie Applikations-Know-how in der Beratung: „Wir sehen unsere Kompetenzen immer stärker in allem, was zwischen der Steckdose und der Antriebswelle steht. Vor allem die Integration zum Kunden fördern wir stark. So möchten wir zum Beispiel in Zukunft noch viel mehr in Applikations-Software investieren oder Steuerungen von Kunden direkt in unsere Systeme integrieren“, betont Elmiger.

Mit der bereits am Markt etablierten Positioniersteuerung Epos 2 für DC- und BLDC-Motoren liefert Maxon einen wichtigen Baustein für integrierte Antriebssysteme. Hinter der Abkürzung Epos für Easy-to-Use-Positioning-System verbirgt sich eine modular aufgebaute digitale Positioniersteuerung, die vom Schweizer Antriebsspezialisten speziell für die Kommandierung und Steuerung in Canopen-Netzen entwickelt wurde. Eine Vielzahl von Betriebsmodi ermöglicht den flexiblen Einsatz in verschiedensten Antriebssystemen der Automatisierungstechnik und Mechatronik. Wegen der zunehmenden rechnerbasierten Kommandierung hat Maxon jetzt außerdem reagiert und Epos 2 um weitere Anwendungsmöglichkeiten ergänzt: So unterstützen die Canopen-Interfaces neben den bestehenden NI-, Ixxat- und Vector-Lösungen nun auch Kvaser- und NI-XNET-Geräte. Durch die frei verfügbaren Bibliotheken lässt sich die Integration von Epos-2-Slave-Antriebssteuerungen schnell realisieren, und eine aufwendige Schnittstellenprogrammierung entfällt komplett. Kunden können sich so voll auf das Applikations­engineering konzentrieren.

Epos-2-Antriebssteuerungen

Die Epos-2-Antriebssteuerungen für DC- und BLDC-Motoren von Maxon Motor wurden um weitere Anwendungsmöglichkeiten ergänzt. Bild: Maxon Motor

Wachsen an den Herausforderungen

Antriebssysteme von Maxon kommen überall dort zum Einsatz, wo Präzision und Zuverlässigkeit an erster Stelle stehen. „Sonst könnten wir auch Zahnbürsten-Motoren bauen“, schmunzelt Eugen Elmiger. Boomende Branchen sind für Elmiger vor allem „die Medizintechnik, die Luft- und Raumfahrt, die Servicerobotik und die E-Mobility“. Elmiger: „Unsere DC-Motoren sind zum Beispiel im Weltraum extremer Kälte, Hitze, Schlägen und Vibrationen ausgesetzt. Dank dieser Erfahrungen können wir unsere Produkte für den Einsatz auf der Erde verbessern.“ Wohl prominenteste Beispiele sind die Zwillingsroboter Spirit und Opportunity, wo je 35 Antriebe in den Rädern und elektromechanischen Gelenken verarbeitet waren.

Ein weiteres Beispiel ist das EU-Projekt Eccerobot. Hier arbeiten Forscher an einem neuartigen humanoiden Roboter. Dieser soll in Zukunft nicht nur wie ein Mensch aussehen, sondern sich auch wie einer bewegen und verhalten können. Die künstlichen Muskeln des heute noch etwas schaurig anmutenden Zeitgenossen werden durch präzise Gleichstromantriebe in Bewegung gesetzt. Alleine im linken Arm des sehnengesteuerten Roboters ECCE3 stecken 14 DCX-Antriebe und Epos-2-Positioniersteuerungen. Rob Knight, Entwickler von ECCE 3, setzt vor allem wegen ihrer enormen Leistung, ihrem geringen Gewicht und ihrer Laufruhe auf die neuen DCX-Antriebe.

Im Gespräch mit Eugen Elmiger, Maxon Motor

„Spannend wird es kundenindividuell“

Der Kleinstmotorenmarkt ist in Bewegung. Motoren sollen nicht nur immer kleiner und leistungsstärker, sondern auch und vor allem passgenauer werden. ke NEXT sprach mit Eugen Elmiger über aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen.

Herr Elmiger, wie schaut die Marktentwicklung aus?
Obwohl wieder eine positive Aufbruchsstimmung in unserem Kleinstmotoren-Markt herrscht, haben wir immer noch die ähnlichen kleinen Probleme. Magnete sind zwar ein bisschen günstiger geworden, aber das kann sich jederzeit ändern. Wir haben zwar die Produktivität gesteigert und sind in verschiedenen Bereichen besser geworden. Aber unsere Mitbewerber sind natürlich auch noch da und schlafen nicht. Für 2015/2016 sehen wir dennoch wieder ein deutlich stärkeres Wachstum: Vor allem mit neuen Projekten, die wir gewonnen haben.

Eugen Elmiger

Eugen Elmiger ist seit 1991 bei Maxon Motor tätig und seit 1. Januar 2011 Vorsitzender der Geschäftsleitung. Bild: ke NEXT / wk

Wie entwickeln sich die Anforderungen denn kundenseitig?
In der Regel kann man sagen, dass auf 1000 Anwendungen 1000 verschiedene Anforderungen kommen. Deshalb haben wir einen Online-Konfigurator entwickelt, mit dem wir möglichst viele Kunden bestmöglich bedienen wollen. Ob der Kunde jetzt ein Stück oder eine Million Stück bestellt – wir machen das. Das ist ja auch das eigentlich Faszinierende: Wenn wir immer wieder die gleichen drei Motoren produzieren würden, wäre das doch langweilig. Spannend wird es, wenn wir gemeinsam mit dem Kunden immer wieder etwas ändern, modifizieren und am Ende kundenspezifische Antriebe entwickeln können. Besonders spannend sind für uns die Systeme mit Elektronik, Software, Sensorik und anderen Systemkomponenten. Das ist dann absolut kundenspezifisch. Solche Antriebe machen wir gerne, das ist wirklich Ingenieur-Kunst.

Kundenspezifisch ist das eine, performant das andere. Welche Anwendungsfelder werden die kompakte Antriebstechnik Ihrer Meinung nach in Zukunft besonders fordern?
Da wäre zum Beispiel die Robotik. Wenn der Markt einmal in Fahrt kommt, wenn wir da 100.000 oder eine Million Motoren für solche kleinen Roboter bauen dürfen, dann wird es natürlich spannend für uns. Wir sind da in besonderem Maße gefordert, weil der Antrieb in so einem Roboter nebst den Batterien das schwächste Glied ist. Es geht um sehr kleine Antriebe mit enormer Performance. Ein Beispiel: 1981 haben wir das erste Elektrofahrrad hier bei Maxon gebaut. Mit dem konnten wir vom Werk nach Sachseln in das nächste Dorf fahren – das sind etwa zwei Kilometer – und dann war der Akku leer. Damals hatten wir gerade einmal sechs Antriebe in diesem Elektrofahrrad. Heute bauen Sie einen kleinen Roboter mit über 26 Antrieben, und der läuft dann Stunden lang. Soll heißen: Die Batterien sind besser geworden und die Effizienz des Systems, das heißt auch die Motoren, sind besser geworden. Immer wichtiger und anspruchsvoller wird auch der Prothesenbereich, quasi das Ersatzteillager für den Menschen: ob das jetzt externe Prothesen sind, implantierbare Insulinpumpen oder Blutförderungssysteme. Heute gibt es sogar schon vier- oder sechs-Millimeter-Motoren, die man in die Aorta einführt zur Blutfluss-Unterstützung. Die Medizintechnik macht nicht ohne Grund schon heute rund 50 Prozent unseres Umsatzes aus. Hinzu kommen natürlich die alten Bekannten wie die Automation, Luft- und Weltraumtechnik oder die Automobiltechnik, die genauso die Zukunft unserer Anwendungsfelder prägen werden.

Sind für Maxon neben den High-Performance-Applikationen auch noch andere, weniger spektakuläre Bereiche relevant?
Wir haben tatsächlich einmal Motoren für Zahnbürsten gemacht. Da waren wir schnell zu teuer. Heute bauen wir die nicht mehr – das sind dann die Ein-US-Dollar-Motoren. Im höherwertigen Modellbau zum Beispiel sind wir aber noch heute aktiv. Ich habe eine Modelleisenbahn bei mir auf dem Schreibtisch stehen – dort ist auch ein Maxon-Motor drin. Da kommt dann zusätzlich zum Ingenieur auch noch der kleine Bub in mir hervor. Auch solche Sachen machen wir. Dann bauen wir zum Beispiel auch Antriebe für Drohnen. Ich rede nicht von den günstigen Hobbydrohnen, sondern von solchen, die dann auch einen Kilometer weit fliegen können mit Traglast. Damit kann man ja nicht nur dem Nachbarn in den Garten schauen, für Logistik oder Landwirtschaft gibt es da ganz neue Anwendungsfelder. Ich denke, dass die Möglichkeiten für Kleinmotoren noch lange nicht ausgeschöpft sind. wk

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