Erwin Schierle

Erwin Schierle


Herr Schierle, welche wichtigen Änderungen ergaben sich in Ihrem Unternehmen seit unserem Gespräch im Juli 2007?
E. Schierle: Ungeachtet der Wirtschaftskrise, die auch Auswirkungen auf unsere Geschäftsaktivitäten hatte, stockten wir unseren Maschinenpark auf. Mitte des vergangenen Jahres nahmen wir eine weitere Bandschleifmaschine sowie eine Steinschleifmaschine in Betrieb – beide spitzenlos.

Aus welchen Gründen?
E. Schierle: Die Kapazitäten der vorhandenen Maschinen reichten nicht mehr aus. Die neue Bandschleifmaschine von einem renommierten deutschen Hersteller versetzt uns in die Lage, Rohre bis zu einem Durchmesser von 325 Millimeter Durchmesser zu schleifen. Geblieben ist es bei der bisherigen Länge von 14 Meter.

Für das Steinschleifen wiederum können wir nunmehr neben der bereits zuvor vorhandenen Steinschleifmaschine von Lidköpping auf eine neue ebenfalls von diesem Hersteller stammende Einheit zurückgreifen. Das Besondere bei der Letztgenannten: Es lassen sich Werkstücke bis zu einem Durchmesser von 250 Millimeter unter Einhaltung engster Passungen schleifen.

J. Schierle: Beide Maschinen erlauben uns mithin Aufträge annehmen zu können, die wir zuvor nicht hätten abarbeiten können.

Gab es denn entsprechende Aufträge?
E. Schierle: Es gab zunächst Anfragen ob wir in der Lage seien, Rohre mit großem Durchmesser, die im Kraftwerksbau eingesetzt werden sollten, zu schleifen. Da ein entsprechender Auftrag über längere Zeiten laufen sollte, entschieden wir uns schließlich für die Neuinvestition. Jedenfalls war das der Hauptgrund die Bandschleifmaschine zu kaufen.

Warum wurde aus Ihrer Sicht die Anfrage an Schierle gestellt? Verfügt respektive verfügte der Wettbewerb ebenfalls nicht über entsprechende Maschinen?
E. Schierle: Zunächst: Mir ist zumindest in der hiesigen Region kein Unternehmen mit derartigen Maschinen bekannt. Sicherlich hätte sich unser Kunde mit seinen Vorgaben auch an den Wettbewerb wenden können, die hätten das gewiss geschliffen. Wenn ich das aber richtig verstanden habe, lagen die Qualitätsanforderungen so hoch, dass sich zwar andere sehr wohl daran versucht haben, diese aber nicht erfüllen konnten. Auch nicht im auswärtigen Europa. Und da lautete die Alternative eben Schierle.

Herr Schüler, Stichwort Qualität. Wie äußert sich diese beim Bandschleifen?
B. Schüler: Bandschleifen eines Rohres bedeutet allgemein: Entweder Entfernen des Zunders und Erreichen einer sauberen Oberfläche unter Einhaltung bestimmter Toleranzen, oder aber Polieren auf kleine Rauhigkeiten für die anschließende galvanische Behandlung. Ich möchte das an einem Beispiel verdeutlichen, einem Rohr mit 300 Millimeter Durchmesser und einer Wandstärke von 25 Millimeter. Zunächst also erfolgt das Entfernen des Zunders in einer Stärke von etwa einem halben Millimeter.

Der genaue Wert ergibt sich daraus, dass einerseits der Zunder entfernt werden muss, andererseits aber auch nicht viel tiefer geschliffen werden darf. Und dabei gilt es, über die Wandstärke gerechnet, eine Toleranz von durchaus unterhalb eines Millimeters einzuhalten. Das erweist sich bei warmgewalzten Rohren als sehr schwierig. Ein ganz schmaler Grat mithin. Es bereitet extreme Schwierigkeiten, diese Punktlandung zu erreichen. Wir können das, und das eben ist die Qualität, nach der Sie fragten.

Treten diese Probleme auch beim Steinschleifen auf?
E. Schierle: Ja, nur das noch engere Toleranzen einzuhalten sind. Hinzu kommt die exakte Geradheit, die wir garantieren können. Bei von der Druckindustrie eingesetzten Edelstahl-Rohren mit 38 Millimeter Durchmesser schleifen wir über eine Länge von zehn, zwölf Meter auf ein hundertstel Millimeter genau.

Herr Schierle, welche Neuprodukte kamen in jüngster Zeit hinzu?
E. Schierle: Wir legten das Hauptaugenmerk darauf, unsere Kapazitäten im spitzenlosen Schleifbereich sowohl bei Steinschleif- als auch Bandschleifmaschinen abmessungsmäßig zu erweitern. Beim Bandschleifen können wir 325-mm-Rohre – ob gewalzte oder gezogene Oberflächen – beim Steinschleifen enorme Geradheiten und engste Toleranzen bis zu 250 Millimeter Durchmesser schleifen.

Und die Längen?
E. Schierle: Unbegrenzt. Soweit der Markt entsprechendes Halbzeug bietet. Aber noch etwas zu Neuprodukten. Wir werden ab Mitte des Jahres Kolbenstangen aus Aluminium lagermäßig ins Programm aufnehmen, die dann innerhalb eines Tages geliefert werden können. Derzeit stehen Muster in Erprobung. Wir werden die Produkte aber bereits im April auf der Messe Tube vorstellen.  Zu den technischen Details sollte allerdings Herr Schüler Auskunft geben.

Herr Schüler, vorab, welche allgemeinen Vorteile bieten derartige Aluminiumstangen?
B. Schüler: Sie bringen je nach Größe um die 20 Prozent weniger Masse für den gesamten Zylinder. Sie lassen sich auch leichter bearbeiten. Und sie werden die in Pneumatikzylindern üblicherweise verwendeten Kolbenstangen aus Stahl ersetzen  Also nicht mehr Stahl plus Alu, sondern Alu plus Alu.

Und die technischen Eigenschaften?
B. Schüler: Die Festigkeit des an der Oberfläche verdichteten und harteloxierten Werkstoffs kommt der von Stahl gleich. Wir kommen auf Streckgrenzen von 485 N/mm2, entsprechend etwa St52.  Biege- und Knickverhalten sind aber deutlich besser als beispielsweise bei einer Kolbenstange aus 1.4021. Und das Korrosionsverhalten ist, abgesehen von teuren Stangen aus Edelstahl, günstiger als bei üblichen Stahlstangen.

Frau Schierle, führen Wettbewerber ebenfalls Aluminiumstangen im Programm und welche Ausführungen wird Schierle anbieten?
J. Schierle: Uns ist nicht bekannt, dass irgendein Wettbewerber derartige Produkte führt. Zu unserer Palette: Wir werden zunächst mit relativ bescheidenem Umfang starten und in der Folge sukzessiv aufstocken.

Wie steht Schierle zum Thema chrom-VI-frei bei Hydraulikleitungsrohren?
J. Schierle: Es gibt Kunden, die immer noch die gelbverzinkte Ausführung bevorzugen. Chrom-VI-freie Ausführung wird aber sicherlich die früher übliche verdrängen. Wir führen derzeit drei Ausführungen: chrom-VI-frei verzinkte, phosphatierte sowie gelbverzinkte. Im Verhältnis von etwa 60:30:10.

Herr Schüler, Schierle nimmt auch Sonderaufträge an. Könnten Sie bitte die Arbeitsabläufe eines derartigen Auftrages beschreiben.
B. Schüler: Als Beispiel möchte ich einen Bearbeitungsauftrag für Kolbenstangen aus ganz speziellem Werkstoff nennen. Die Kolbenstangen waren für den Einsatz in Bohrgeräten in Texas vorgesehen. Sie sollten die bislang verwendeten keramisch beschichteten Stangen ersetzen, bei denen immer wieder Probleme auftraten. Nun verhielt es sich so, dass die Amerikaner Schwierigkeiten damit hatten, die mit einer Beschichtung auf Chrom-Nickel-Basis versehenen Einheiten über die ganze Länge zu schleifen.

Daher wurde das Vormaterial an eine deutsche Firma geliefert, die in drei Schichten etwa zwei Millimeter per Laserschweißen auftrug. Zur weiteren Bearbeitung wurden die Kolbenstangen von diesem Schierle-Endkunden anschließend an uns weitergereicht.
Der weitere Ablauf: Bandschleifen zur Egalisierung der Oberfläche, Richtarbeit, steinschleifen auf das gewünschte Maß mit entsprechender Toleranz im Hundertstel-Bereich sowie Anarbeitung der Gewinde nach Zeichnungsangaben. Anschließend folgte nochmaliges Bandschleifen um auf die gewünschte Rauhigkeit zu polieren.

Von Zeit zu Zeit musste wegen Erwärmung des Materials mehrere Male nochmals gerichtet werden, um die geforderte Rundlaufgenauigkeit von 0,05 Millimeter 5/100 über die gesamte Länge von 7200 Millimeter einzuhalten.

Wieviel Maschinen wurden dafür eingesetzt und welche Zeit nahm die Bearbeitung für eine Stange in Anspruch?
B. Schüler: Wir setzten insgesamt vier Maschinen ein, Drehmaschine, Richtmaschine, Steinschleifmaschine und Bandschleifmaschine. Der gesamte Durchlauf für eine Stange – angeliefert mit 110 bis 111 Millimeter Durchmesser, Fertigmaß 107,98 Millimeter – dauerte etwa 25 Stunden.

Herr Schierle, worin sehen Sie die Stärken Ihres Unternehmens im Vergleich zu Wettbewerbern?
E. Schierle: In unserer Zweiseitigkeit. Die besteht zum Einen aus unserem Handelsgeschäft mit Zylinderrohren und Kolbenstangen, die in Fixlängen bezogen werden können. Wir sind darauf eingestellt große Stückzahlen sägen zu können. Zum Anderen ist da unsere Beabeitung.

Es gibt keinen anderen Wettbewerber, der so ausgerichtet ist wie wir. Der Rohre und Kolbenstangen lagermäßig liefern kann und der zudem auch bearbeiten kann. Drehen, Fräsen, Bohren, Schleifen, zwischen Spitzen schleifen, das alles in engsten Passungen, und so weiter, eben einbaufertig. Und dann noch die Flexibilität. Benötigt ein Kunde ein Ersatzteil, liefern wir das innerhalb von 24 Stunden.

Erwähnen möchte ich auch noch unser Lohnrichten, also Richtarbeiten an Rohren oder Vollmaterial. Wir installierten eigens dafür eine neue 125-Tonnen-Presse. Wir können damit beispielsweise Zylinderrohre, die von der Herstellung her etwa eine Geradheit von einem Millimeter auf einen Meter aufweisen, am Außenmantel richten auf 0,1 zu 1000. Eine zehnfache Verbesserung. Diese Genauigkeiten erreichen wir beispielsweise auch bei dünnwandigen Edelstahlrohren oder Kolbenstangen.

In welcher Zeit arbeiten Sie derartige Aufträge ab und wer sind die Auftraggeber?
J. Schierle: Das nimmt rund zwei bis drei Tage in Anspruch. Einzelstücke schaffen wir auch innerhalb eines Tages.

Zu den Auftraggebern: Dabei handelt es sich unter anderem auch um Händler. Aber auch um Unternehmen, die zum Beispiel nach dem Härten nicht in Eigenregie richten können, weil sie nicht über entsprechende Pressen verfügen oder die Längen mehr als sechs Meter betragen.

Und dann kommen auch Werke zu uns, deren Kapazitäten voll ausgelastet sind. Da helfen wir natürlich aus.

Herr Schierle, ein heikles Thema, Preise! Wie sieht sich Schierle im Umfeld des Wettbewerbs?
E. Schierle: Es gibt Wettbewerber, die kalkulieren nach wie vor für uns unbegreiflich. Aber wir stellen uns dem Markt und bieten zusätzlich sehr flexiblen und schnellen Service. Bei größeren Mengen sind wir aber auch durchaus in der Lage, bestimmte Werke zu unterbieten.

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