Ulf Leonhard, Inhaber von Leonhard Ventures

Ulf Leonhard, Inhaber von Leonhard Ventures

Herr Leonhard, für welche Firmen kommt eine Kapitalbeschaffung durch externe Geldgeber überhaupt infrage?
Eigentlich für alle. Technologieunternehmen mit klaren Alleinstellungsmerkmalen (unter anderem durch Patente) haben hier sicherlich die besondere Aufmerksamkeit. Wichtig ist für viele Investoren die Skalierbarkeit des Geschäftes, das heißt die Wahrscheinlichkeit eines überdurchschnittlichen Wachstums durch eine Beteiligung sowie entsprechend der plausible Exit (Ausstieg) durch den Verkauf an ein (größeres) Unternehmen oder ein Börsengang. Schwierig sind reine Dienstleistungsunternehmen aufgrund der hohen Personenbezogenheit. Generell gilt, dass größere Unternehmen (ab 50 Mio. Euro Umsatz) bei Venture-Capital- und Private-Equity-Investoren einen einfacheren Zugang haben.

Was ist der Vorteil einer Finanzierung durch Kapitalgeber gegenüber einer Bankenfinanzierung ?
Zunächst existiert hier die vielbesprochene Hebelwirkung des Eigenkapitals auf Fremdkapital (-möglichkeiten): je höher das Eigenkapital – Empfehlung: eine Quote von etwa 30 % der Bilanzsumme – desto mehr Fremdkapital, also Darlehen und Kredite können zu günstigen Konditionen beschafft werden. Allgemein verbessert sich die Verhandlungsposition gegenüber Banken und Lieferanten. Intelligente Kapitalgeber investieren zudem nicht ihr Geld mit entsprechender Liquiditätswirkung, sondern unterstützen auch bei der geschäftlichen Entwicklung durch Ratschläge oder Hilfestellungen, zum Beispiel bei der Neukundenakquisition oder strategischen Entscheidungen.

Welche unterschiedlichen Finanzierungsmöglichkeiten gibt es generell?
In Sachen eigenkapitalbasierte Finanzierungen sind die typisch Stillen, atypisch Stillen und die echten Beteiligungen verbreitet. Hinzu kommen eigenkapitalähnliche Sonderformen, wie zum Beispiel partiarische Darlehen, Anleihen, Mezzaninefinanzierungen. Die klassische und gängigste Beteiligungsform ist die echte Beteiligung – Kapitalgeber teilen hier Freud und Leid mit den übrigen Stammgesellschaftern (Mitunternehmern). Zudem sind auch Mischformen denkbar – alles unternehmens- und situationsabhängig.

Was kann überhaupt finanziert werden?
Klassische Beteiligungsanlässe sind massive Wachstumsschritte durch Ausgaben im Marketing, Akquisitionen und Investitionen in Forschung & Entwicklung. Darüber hinaus gibt es zudem keine logischen Beschränkungen, sofern die Kapitalzuführung betriebwirtschaftlich sinnvoll ist. Ablösung von Bankverbindlichkeiten oder andere Arten von Verbindlichkeiten werden hingegen von Kapitalgebern nicht (unmittelbar) finanziert.

Gibt es Besonderheiten für die Branche Maschinen- und Anlagenbau?
Diese deutsche Erfolgsbranche hat sogar sehr gute Chancen, Kapitalgeber aus dem In- und  Ausland zu finden. Die Gründe: eine hohe Innovationsträchtigkeit und häufig auch Marktführerschaft in einer Nische. Branchenmodelle (Zusammenfassung mehrerer Unternehmen) in einer Gruppe machen hier besonders viel Sinn (zum Beispiel Gesco und Indus). Meistens handelt es sich um Familienunternehmen. Manchmal sind sie aber zu konservativ, nach der Devise: Mir redet keiner ins Geschäft.

Werden bei Investitionsfinanzierung oder F&E unterschiedliche Kriterien angelegt?
Investitionen können und sollten überwiegend durch klassische Bankkredite finanziert werden, das ist die Domäne der Banken!  Beteiligungskapital hat immer strategischen Charakter zur Verbesserung der Marktposition – eben auch durch F&E.

Worin liegen derzeit die größten Hürden für KMU bei der Innovationsfinanzierung?
In unseren Augen und nach unseren Erfahrungen sind das: mangelndes oder  lückenhaftes Wissen um die Möglichkeiten (Markt-/Anbietertransparenz schwierig), Vorurteile oder Vorbehalte gegenüber Beteiligungskapital, konservative Finanzierungseinstellung, hohe oder zu hohe Bindung an die Hausbank, kein Vertrauen in Experten und Unternehmensberater, Inhaber nehmen sich keine Zeit, sich mit der Materie zu befassen.

Welche Möglichkeiten einer Innovationsfinanzierung gibt es überhaupt?
Kurzum: mehr und bessere denn je! Auch hier gilt: Holen Sie einen guten Berater an Bord! Fördermittel und Zuschüsse auf Landes- und Bundesebene sind zahlreich.

Was können KMU tun, um eine Finanzierung zu erhalten?
Rechtzeitig kümmern! Erfahrungsgemäß dauert es mindestens sechs Monate, bis effektiv Geld fließt! Häufigste Fehler sind: zu hohe eigene Bewertung des Unternehmens oder der Patente, Unterschätzen des Zeitbedarfs, zu geringer Liquiditätsbedarf in der Planung.

Was wird alles vor der Kapitalvergabe geprüft?
Das ist natürlich unternehmensspezifisch. Die Suche nach Leichen im Keller steht im Vordergrund. Geprüft werden beispielsweise Auflagen, Verträge, Lieferverpflichtungen, laufende Gerichtsverfahren jeglicher Art, Versicherungen. Zudem wird die Plausibilität der Unternehmensplanung geprüft.

Wie lässt sich die Erfolgswahrscheinlichkeit der Finanzierung erhöhen?
Durch: offene Kommunikation, aktuelle Buchhaltung (FiBU, Lager…), perfektes, installiertes und gelebtes Controlling, gutes Cashmanagement (Verbindlichkeiten und Forderungen), realistische Unternehmensbewertung, gute Berater seitens Steuern und Recht.

Welchen Vorteil hat ein Unternehmen, das Ihre individuelle Beratung in Anspruch nimmt?
Es bekommt eine zeitnahe Prüfung der Beteiligungsfähigkeit (Checkliste als pdf) – also ist das Unternehmen überhaupt attraktiv für Beteiligungskapital? Gegebenenfalls kommt auch ein Privatevent infrage, mit dem sich das Unternehmen Investoren und Fachleuten vorstellt und auf dieser Basis über das weitere Verfahren entscheidet. Weitere Vorteile: Der Unternehmer muss sich nicht mit unbekannten Dingen befassen, es gibt einen zeitlich beschränkten Einsatz als Finanzierungsberater und eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit.

Wie finden Sie als Berater einen Investor?
Reine Netzwerkarbeit! Wir kennen persönlich mehr als 240 Investoren aus dem In- und Ausland, die für Maschinenbau und ähnliches in Frage kommen. Hinzu kommen etliche Fachleute und Experten.

Welche Rechte erhält der Kapitalgeber?
Im Normalfall alleinig die üblichen Kontrollrechte und Reportingforderungen. Bei echten Beteiligungen wird er wie im vorliegenden Gesellschaftsvertrag behandelt – daher die Empfehlung diesen mit Fachanwälten aufzusetzen!

Welche Sicherheiten hat der Kapitalgeber, etwa im Insolvenzfall?
Keine! Das ist ja das Wesentliche, was ihn von klassischer Banken- und Fremdkapitalfinanzierung unterscheidet!

Die Fragen stellte: Ingrid Fackler, Redaktion

Zur Person

Die Expertise von Ulf Leonhard, Inhaber von Leonhard Ventures, liegt in der der Zusammenführung von Unternehmen und Kapitalgebern (mit Schwerpunkt auf Eigenkapitalinvestoren). Dies kann in der Form individueller Beratung des Unternehmers oder von Veranstaltungen – im Auftrag eines oder mehrerer Unternehmer – geschehen.
Ulf Leonhard organisiert seit 1997 Foren, auf denen sich Unternehmen Investoren vorstellen. Aktuell das Mittelstandsforum „Nicht ohne meine Bank?!“; das Wassertechnologie-Forum „Watervent“ sowie ein Forum zu Ressourceneffizienz und Umwelttechnologien „World Resource Ventures“.

Sie möchten gerne weiterlesen?