Drahtziehmaschine,

Für die Konstruktion von Drahtziehmaschinen nutzen die Konstrukteure von Niehoff die Engineering Base von Aucotec. Mit ihr behalten die Entwickler die Übersicht über die komplette Anlage. (Bild: Niehoff)

"Wir haben sehr gründlich nach einem Engineeringsystem gesucht, das in der Lage ist, ganzheitliche Konstruktionsansätze zu verwirklichen“, sagt Markus Raab, Leiter der E-Konstruktion bei Niehoff. Denn eines der größten Hindernisse für effizientere Engineering-Prozesse und höchstmögliche Datenqualität sieht man in Systembrüchen und den daraus resultierenden manuellen Datenübertragungen. So muss es passé sein, Schaltpläne in der E-Konstruktion zu erstellen und parallel dazu Stücklisten händisch im ERP zu bearbeiten. „Das war aufwändig und fehlerbehaftet“, erklärt Raab. Ganzheitlich bedeutet darüber hinaus, dass nicht nur grafische Symbole, sondern die Anlagenobjekte selbst, wie Geräte, Anschlüsse und Leitungen, aber auch strukturierende Objekte, wie Orte und Funktionen, in einem zentralen Datenmodell hinterlegt sind. „Diese Veränderung, die wir mit unserer Entscheidung für Engineering Base (EB) von Aucotec erreichen konnten, ist für uns vergleichbar mit dem Schritt von der zwei- auf die dreidimensionale Konstruktionsplanung in der Mechanik“, sagt der Konstruktionsleiter. „Das ist schon eine Revolution.“

Die Erkenntnis, dass das lange Zeit eingesetzte CAD-Tool in die Jahre gekommen war, hatte 2008 dazu geführt, dass sich die Konstruktionsabteilung nach einer Alternative umsah. Die endgültige Entscheidung fiel Anfang 2009.

Durchgängiges Engineering-System

Stromlaufplan in Visio,
Stromlaufplan in Visio mit Ansicht zu Materialeigenschaften. (Bild: Niehoff)

„Wir sind sehr froh über unsere Entscheidung, die damals auch ein bisschen visionär war. Heute ist EB nicht nur zeitgemäß, sondern seine Mehrschichtarchitektur und Datenbankbasierung sind nach wie vor hochmodern. Sie schaffen eine besondere Durchgängigkeit und Konsistenz, auch in Verbindung mit unserem ERP-System. Damit fühlen wir uns auch für kommende Herausforderungen gerüstet“, sagt Markus Raab. 1951 gegründet, hat die Maschinenfabrik Niehoff die Entwicklung der Draht- und Kabelindustrie entscheidend mitgeprägt.

Die erste Mehrdraht-Ziehmaschine, Anlagen für die Inline-Kabelfertigung oder ein Mehrweg-Verpackungssystem sind nur einige der Meilensteine, die das Unternehmen in der Branche gesetzt hat. Kontinuierliche Forschung und Entwicklung in enger Partnerschaft mit der Kabelindustrie haben die Maschinenbauer zu einem führenden Hersteller mit über 700 Mitarbeitern gemacht. Investitionen, unter anderem in Technologie und Infrastruktur, sollen dies auch künftig sichern. Eine davon war die Investition in die neue Engineering-Plattform. „Von uns wird erwartet, dass wir technologisch auf dem neuesten Stand und unsere Anlagen robust und langlebig sind. Erst kürzlich bauten wir eine Anlage von 1967 um und erneuerten die komplette Elektrik. Dementsprechend flexibel und zukunftsoffen muss auch unser Engineeringsystem sein“, erklärt der Abteilungsleiter.

„Durchgängig“ und „konsistent“ sind wichtige Schlüsselwörter im Zusammenhang mit zeitgemäßem Engineering. Denn die massive Steigerung der Anlagenkomplexität, die in den letzten Jahren ihren Lauf nahm und mit der Entwicklung zu Industrie 4.0 zwangsläufig noch weiter Fahrt aufnehmen wird, erfordert ein Höchstmaß. Zu den Anforderungen, denen Anlagenbauer heute täglich gegenüberstehen, gehört es, stets die Übersicht über die gesamte Anlage zu behalten; dazu müssen auch Fremdsystemdaten integriert werden. Ebenso herausfordernd ist das Bereitstellen stets verlässlicher, konsistenter Daten bei Änderungen, trotz simultanem Arbeiten verschiedener Disziplinen an einem Projekt.

Konsistentes Arbeiten aller Disziplinen

System Änderungen,
Werden im System Änderungen vorgenommen, erscheint diese Information unmittelbar und automatisch in jeder weiteren Repräsentanz des bearbeitenden Objektes über die gesamte Dokumentation. (Bild: Niehoff)

Aus diesen Gründen schätzt Markus Raab an EB das konsistente Arbeiten aller Disziplinen auf einer gemeinsamen Datenbasis ganz besonders. Der zentrale Server spare Abspracheaufwände, doppelte Eingaben und Fehlerquellen. „Die Datenpflege erfolgt nur ein Mal in einem System.“ Denn die Sichtbarkeit eines Objektes in Explorer, Grafik oder Liste ist jeweils nur ein Abbild der Daten im zentralen Modell. Egal an welcher Stelle eine Information ergänzt oder geändert wird, sie erscheint unmittelbar und automatisch in jeder weiteren Repräsentanz des bearbeiteten Objektes über die gesamte Dokumentation. Ob komplette E-Konstruktion, Prüfstand, Maschineninstallation oder Service: Alle haben auf diese Weise immer die aktuellen Anlagendaten in Echtzeit vor Augen und – je nach Berechtigung – im Zugriff. Im Industrie-4.0-Jargon nennt man das „Single Source of Truth“.

Zurzeit werden gerade auch die Kollegen der spanischen Tochter an EB angekoppelt, sodass sie mit dem System ebenso auf Niehoffs Schwabacher Server arbeiten und zugreifen können wie das Allgäuer Werk Leuterschach. So verbessert das zentrale Datenmodell sowohl die Qualität als auch den Fluss aller Informationen. Es eliminiert nicht nur Übertragungsfehler, sondern grundsätzlich die Notwendigkeit zur Datenübertragung. „Unser Ziel war dabei nicht, Mitarbeiter einzusparen, sondern besser zu werden“, betont der Abteilungsleiter. Heute enthalte EB auch sehr viel mehr Informationen als mit dem alten System überhaupt möglich gewesen wäre, zum Beispiel zu Materialien der Verkabelungen.

Es werden weniger Fehler gemacht

Montagehalle,
Montagehalle bei Niehoff in Schwabach. Das Unternehmen stellt Maschinen und Anlagen zum Ziehen, Glühen, galvanischen Beschichten, Verlitzen, Aufspulen, Umspulen und Flechten von Draht aus Nichteisenmetallen her. Außerdem Maschinen zum Verseilen, Aufwickeln und Aufspulen von isolierten Daten- und Spezialkabeln. (Bild: Niehoff)

Eine erhebliche Fehlerminimierung und damit Zeitersparnis erreichte zudem EBs SAP-Kopplung, die der Konstruktionsleiter besonders hervorhebt. „In der Vergangenheit wurden in der E-Konstruktion Schaltpläne erstellt und parallel dazu Stücklisten für Schaltschrank, Maschineninstallation und Verkabelung händisch in SAP erarbeitet“, erklärt Raab. Stücklisten gibt das System nun auftragsbezogen direkt an SAP. „Damit ist die Datengleichheit in beiden Systemen sichergestellt.“ Neu in SAP angelegte Materialien werden automatisiert nach EB exportiert.

Die Flexibilität und Freiheit, die das System bietet, erlaubt nicht nur den simultanen, disziplinübergreifenden Zugriff aller Beteiligten auf sämtliche Projektinformationen. Alle haben Wahlfreiheit in ihrer Vorgehensweise beim Projektieren, sei es grafisch oder alphanumerisch. Darüber hinaus sorgt die Offenheit der Plattform für einfache, automatisierte Anbindungen an weitere externe Systeme, wie Niehoffs Content-Management-Tool. „Trotz anfänglicher Skepsis der Anwender sind sie nach nur einer Woche Schulung schnell in EB angekommen“, sagt Raab.

Ausbau geplant

Im nächsten Schritt strebt die Konstruktionsabteilung den Einsatz eines Konfigurations-Moduls von EB an, mit dem man aus qualitätsgeprüften Vorlagen und einem speziellen Varianten- und Optionen-Management quasi auf Knopfdruck ganze Anlagenmodelle erstellen kann. Raab: „Mit den Möglichkeiten, die die Plattform bietet, lassen sich Planungsprozesse wirklich nachhaltig optimieren.“ Auch die Fertigung profitiert von automatisierter Datenausgabe, beispielsweise Gerätebeschriftungen direkt aus EB an die Drucker. Prüfstands- wie Außendienstmitarbeiter haben zudem die gleiche Datenqualität zur Verfügung wie alle anderen, denn EBs Viewer zeigt die aktuellen Originaldaten an. hei

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