Roboter mit Werkstück,

Das Werkstück wird von einem Gelenkarmroboter mit sechs Achsen geführt. ​ (Bild: Labor für Fertigungssysteme/TH Köln)

3D-Druck-Verfahren werden in der direkten Fertigung noch nicht entsprechend ihres Potenzials eingesetzt. Denn bislang müssen die Produkte aufwendig nachbearbeitet werden und haben schlechte mechanische Eigenschaften. In einem Forschungsprojekt zum mehrachsigen 3D-Druck haben die TH Köln und das Unternehmen Grip Handhabungstechnik diese Probleme durch ein neuartiges Verfahren behoben. Das Konzept ermöglicht eine Zeitersparnis von bis zu 80 Prozent sowie eine Festigkeitssteigerung des Bauteils um bis zu 28 Prozent.

Neue Fertigungsstrategien durch mehrachsigen Druck

„Additive Fertigungstechniken wie der Extrusions-3D-Druck könnten ein wesentlicher Bestandteil der digitalen industriellen Revolution sein, werden aber zurzeit vor allem für die Herstellung von Prototypen verwendet. In unserem Forschungsprojekt setzen wir auf einen mehrachsigen Druckvorgang statt der bislang verwendeten drei Achsen und haben ganz neue Fertigungsstrategien entwickelt“, erläutert Professor Dr. Ulf Müller, Leiter des Labors für Fertigungssysteme der TH Köln.

Beim drei-achsigen Druck ist das Werkstück fixiert und der Druckkopf trägt aufgeschmolzenen Kunststoff schichtweise von unten nach oben auf. Im neuen Verfahren wird das Werkstück von einem Gelenkarmroboter mit sechs Achsen geführt, der Druckkopf kann seine Position zudem auf einer weiteren Achse verändern. „Dadurch, dass wir das zu fertigende Objekt frei um den Druckkopf bewegen können, minimieren wir die Beschränkungen, denen 3D-Druck bislang unterliegt“, sagt Müller.

Der herkömmliche 3D-Druck benötigt sogenannte Stützstrukturen, um frei schwebende Elemente des Bauteils so lange zu stabilisieren, bis der geschmolzene Kunststoff ausgehärtet ist. Diese müssen anschließend aufwendig mechanisch oder chemisch entfernt und können nicht recycelt werden. So entstehen hohe Kosten durch zusätzliches Material, erhöhte Bearbeitungsdauer und zusätzliche Arbeitsschritte. Zudem wird im 3D-Druck ein Objekt bislang dadurch erzeugt, dass Kunststoffbahnen horizontal aufeinander gesetzt werden. Diese sind nicht entsprechend der Belastungen angelegt, denen das Objekt später ausgesetzt ist. Deshalb können im Einsatz die Strukturen im Extremfall versagen.

Material wird nach Fertigungsstrategie aufgebracht

Werkstückausrichtung,
Dank des Gelenkarmroboters kann das Werkstück auch tangential zur Oberfläche ausgerichtet werden. ​ (Bild: Labor für Fertigungssysteme/TH Köln)

„Der größte Vorteil unserer Vorgehensweise ist, dass wir nicht mehr darauf beschränkt sind, einen Körper ausschließlich von unten nach oben aufzubauen. Stattdessen fügen wir das Material immer dort hinzu, wo es entsprechend der Fertigungsstrategie am sinnvollsten ist“, sagt Müller. Das Objekt kann deshalb so gefertigt werden, dass überhängende Strukturen immer durch das Werkstück selbst gestützt werden. Stützstrukturen werden so weitgehend unnötig. In Tests erzielte die Methode eine Zeitersparnis von bis zu 80 Prozent.

Die neue Flexibilität ermöglicht es aber auch, die Kunststoffbahnen exakt nach den späteren Belastungsrichtungen und den daraus resultierenden bauteilinternen Spannungen auszurichten. So wird etwa zunächst der innere Kern komplett erstellt und anschließend eine Außenschicht beanspruchungsgerecht aufgebracht. Besonders belastete Bauteile können durch mehrere, um 90 Grad versetzte Schichten verstärkt werden und sind so robuster, wenn das Objekt im Gebrauch gebogen oder verdreht wird. In Laborexperimenten steigerte dies die Festigkeit um bis zu 28 Prozent.

Das Forschungsprojekt „Mehrachsiger 3D-Druck“ wurde über das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gefördert. hei

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